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Alltagsfrage

Darf man Spinat aufwärmen?

Darf man Spinat aufwärmen?
Spinat enthält viel Nitrat. Unter Umständen kann daraus gesundheitsschädliches Nitrit werden. Foto: Getty Images

28. März 2024, 14:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

„Spinat darf man auf keinen Fall aufwärmen, weil sich dabei giftige Stoffe bilden“ – diesen Satz hat vermutlich schon jeder irgendwann mal gehört oder gelesen und wirft Spinat-Reste deshalb konsequent in den Müll. Aber hat der Ratschlag seine Berechtigung bzw. die Empfehlung einen medizinischen Hintergrund?

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Als Kind häufig verschmäht, als Erwachsener oft geliebt: Jeder Deutsche isst pro Jahr rund 1,3 Kilogramm Spinat. Das Blattgemüse ist reich an Kalium, Kalzium, Magnesium und B-Vitaminen – und wenn er direkt nach der Ernte schockgefrostet wird, ist sein Nährstoffgehalt auch als Tiefkühl-Produkt unschlagbar. Spinat enthält viel Nitrat – eine harmlose Stickstoffverbindung, die nachweislich zu mehr Muskelkraft verhilft. Doch bei unsachgemäßer Lagerung kann sich daraus gesundheitsschädliches Nitrit bzw. Nitrosamin entwickeln. Darf man Spinat also wirklich nicht aufwärmen?

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Spinat enthält unbedenkliches Nitrat

Einige Gemüsesorten – vor allem Wurzelgemüse wie Rote Bete, Radieschen oder Kohlrabi und Blattgemüse wie Kopfsalat, Feldsalat, Rucola oder eben auch Spinat– reichern beim Wachsen viel Nitrat an. Das ist ein natürlicher Bodenbestandteil, den Pflanzen als Nährstoff benötigen, um daraus Eiweiß zu bilden. Nitrat selbst ist nicht nur unbedenklich für den Menschen: Forscher der Uniklinik Essen fanden 2018 in einer klinischen Studie Hinweise darauf, dass in der Aufnahme von Nitrat aus der Nahrung möglicherweise vor Herz- und Gefäßerkrankungen schützt und den systolischen Blutdruckwert senkt.1

2012 bestätigten schwedische Forscher das, was Popeye schon immer wusste: Spinat stärkt die Muskelkraft (zumindest bei Mäusen) – und zwar wenn sie so viel mit Nitrat angereichertes Trinkwasser bekamen, wie es dem Verzehr von 200 bis 250 Gramm Spinat pro Tag entsprach.2 Und inzwischen bestätigen Sport-Studien die natürliche Doping-Wirkung von (nitrathaltigem) Rote-Bete-Saft.

Wie ein Tippfehler Spinat zum Superfood machte

Spinat macht stark, das haben wir eben erfahren. Doch in der Vergangenheit führte man das nicht etwa auf das enthaltende Nitrat zurück, sondern auf das Eisen. Denn anders, als ein Physiologe im 19. Jahrhundert den Eisengehalt von Spinat auf unglaubliche 35 Milligramm pro 100 Gramm berechnete, zeigten Nachforschungen in den 1930er Jahren, dass hier ein entscheidender Tippfehler begangen wurde – und zwar um eine ganze Dezimalstelle! Aufgeklärt wurde dieser Irrtum letztlich erst in einer Veröffentlichung im British Medical Journal 1981.3 Autor Terence Hamlin schreibt wortwörtlich: „Spinat ist nicht besser für Sie als Kohl, Rosenkohl oder Brokkoli. Als Eisenquelle wäre Popeye besser dran gewesen, wenn er die Dosen gekaut hätte.“

Spinatmuffel können also aufatmen. Wer noch auf der Suche nach einer geeigneten pflanzlichen Eisenquelle ist, dem empfehle in den Griff zu Haferflocken, Leinsamen, Linsen Sesamöl oder Tofu.

Wird Nitrat zu Nitrit, kann es der Gesundheit schaden

Die Empfehlung, Spinat nicht aufzuwärmen, stammt aus einer Zeit, als es keine Kühlschränke gab. Denn steht das Blattgemüse längere Zeit bei Raumtemperatur herum, kann das unbedenkliche Nitrat zu gesundheitsschädlichem Nitrit umgewandelt werden. Aus Nitrit, das übrigens auch in gepökelten Fleischwaren vorkommt, können wiederum Nitrosamine entstehen. Da Tierversuche gezeigt haben, dass diese Stickstoffverbindungen schon in kleinen Mengen Krebs auslösen können, geht man auch davon aus, dass sie auch beim Menschen eine krebserregende Wirkung haben.4 Auch wenn man hier noch einwerfen muss, dass Gemüse sekundäre Pflanzenstoffe (Polyphenole) enthalten, die die Nitrosaminbildung hemmen. Übrigens: Nitrosamine bilden sich auch, wenn eiweißhaltige Lebensmittel wie Fleisch oder Wurst gebraten werden.

Auch interessant: Wie ungesund sind Wurst und Schinken?

Nitrosamine können Krebs auslösen

Aus Nitrit, das übrigens auch in gepökelten Fleischwaren vorkommt, können wiederum Nitrosamine entstehen. Da Tierversuche gezeigt haben, dass diese Stickstoffverbindungen schon in kleinen Mengen Krebs auslösen können, geht man auch davon aus, dass sie auch beim Menschen eine krebserregende Wirkung haben. Auch wenn man hier noch einwerfen muss, dass Gemüse sekundäre Pflanzenstoffe (Polyphenole) enthalten, die die Nitrosaminbildung hemmen. Übrigens: Nitrosamine bilden sich auch, wenn eiweißhaltige Lebensmittel wie Fleisch oder Wurst gebraten werden.

Man darf Spinat aufwärmen – wenn man es richtig macht

Klar ist nun: Um die Bildung von gesundheitsschädlichem Nitrit und Nitrosaminen zu vermeiden, sollte man zubereiteten Spinat nicht bei Zimmertemperatur herumstehen lassen. „Halten Sie nitratreiches Gemüse nicht warm“, schreibt die baden-württembergische Landeszentrale für Ernährung.5 Reste sollte man schnell abkühlen und im Kühlschrank aufbewahren; als Faustregel gilt: nicht länger als zwei Tage. Und, jetzt kommt der entscheidende Punkt: „nur dann (und das gilt dann auch für Spinat; A.d.R.) erneut aufwärmen“.

Lediglich für Babys unter sechs Monaten sei Spinat nicht empfehlenswert, da sie auf Nitrit empfindlich reagieren können. Aus diesem Grund muss Säuglingsnahrung strenge Nitrat- und Nitrit-Richtwerte einhalten.

Wie lange ist Tiefkühl-Spinat haltbar?

Tiefgefrorener Spinat ist bis zu 24 Monaten haltbar, verliert aber nach fünf Monaten an Geschmack, Vitaminen und auch Farbe. Am besten portionsweise aufbewahren und aufwärmen, so verhindert man eine Nitrosamin-Bildung durch mehrfaches Aufwärmen.

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Wie kann die Nitrat-Aufnahme zusätzlich verringert werden?

Nitrat wird durch Sonnenlicht und hohe Temperaturen besser abgebaut. Das bedeutet: Der Nitratgehalt kann je nach Saison stark schwanken. Sommergemüse enthält meistens geringere Konzentrationen als Wintergemüse und Freilandgemüse weniger als im Gewächshaus angebautes Gemüse. Die Empfehlung lautet also: Gemüse möglichst saisonal kaufen. Da im ökologischen Landbau üblicherweise weniger gedüngt wird, ist Bio-Gemüse nitratärmer.

Quellen

Quellen

  1. Deutsches Ärzteblatt. (2018). Nitratsupplementierung. Die ganz andere Kardioprotektion. (aufgerufen am 28.3.2024) ↩︎
  2. Hernández, A., Schiffer, T. A., Ivarsson, N., et al. (2012). Dietary nitrate increases tetanic [Ca2+]i and contractile force in mouse fast-twitch muscle. The Journal of physiology. ↩︎
  3. Hamlin, T. J. (1981). Fake! British Medical Journal. ↩︎
  4. IARC Working Group on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans. (2010.) Ingested Nitrate and Nitrite, and Cyanobacterial Peptide Toxins. Lyon (FR): International Agency for Research on Cancer. ↩︎
  5. Landeszentrum für Ernährung. Nitrat im Gemüse – Wirklich so bedenklich? (aufgerufen am 28.3.2024) ↩︎
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