16. August 2023, 10:27 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Von Brottrunk hört man selten, wenn es um Superfoods geht. Völlig zu Unrecht findet Ernährungsexperte Sven-David Müller. Im FITBOOK-Interview erklärt er, was Brottrunk überhaupt ist und warum Sie Ihrer Gesundheit damit etwas Gutes tun.
Wenn es um Superfoods geht, bekommt man schnell das Gefühl, die gesündesten Lebensmittel wachsen auf der anderen Seite des Globus. Dabei gibt es auch echte Nährstoff-Bomben, die hierzulande produziert werden können. Dazu gehört der Brottrunk, welcher sich zwar langer Tradition, aber keiner großen Bekanntheit erfreut. Was den Trunk aus Brot so wertvoll macht und wie Sie ihn auch ganz einfach selbst herstellen können, erfahren Sie in diesem Artikel.
Übersicht
Was ist Brottrunk und wie schmeckt er?
Brot zum Trinken – klingt komisch, aber ja, das funktioniert. Brottrunk wird aus speziell dafür gebackenem Brot aus Bio-Getreide (Weizen, Roggen, Hafer), Wasser, Salz und Natursauerteig hergestellt. Das Gemisch wird etwa sechs Monate lang zum Gären gebracht. Anschließend wird die Flüssigkeit abgefiltert und das Brotgetränk ist fertig.
Geruch und Geschmack sind recht sauer und deshalb zugegebenermaßen etwas gewöhnungsbedürftig. „Man könnte das wohl am besten mit Sauerkrautsaft vergleichen“, beschreibt es Sven-David Müller, Ernährungsexperte, Medizinjournalist und Autor diverser Ernährungsratgeber.
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Hersteller hat Monopol-Stellung
Erfunden hat das Ganze der Bäckermeister Wilhelm Kanne aus Lünen in Nordrhein-Westfalen in den 1980er-Jahren. Angelehnt ist das Getränk an das sogenannte „Kwass“ aus Russland, einem Trank aus Brot, Salz, Gewürzen, Wasser und Sauermilch mit ordentlichem Alkoholgehalt, den schon deutsche Soldaten während der Kriegsgefangenschaft als Mittel gegen die verschiedensten körperlichen Beschwerden tranken.
Nach langem Experimentieren gelang es Wilhelm Kanne, ein ähnliches, alkoholfreies Getränk herzustellen. Bis heute ist die Firma Kanne übrigens einziger Hersteller des Original Kanne Brottrunks und hat ein Monopol inne. Zu kaufen gibt es das Getränk in Reformhäusern, Drogerien und Bio-Läden.
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Was macht das Getränk so gesund?
Aber wo liegt denn nun der Sinn dahinter, flüssiges Brot zu trinken? Das Geheimnis sind die vielen guten Inhaltsstoffe. „Brottrunk ist vielleicht eines der natürlichsten Superfoods überhaupt“, findet Sven-David Müller. Denn während des Gärprozesses entwickeln sich Milchsäurebakterien und aus dem Brot werden viele Nährstoffe herausgelöst.
Stärkung von Darmgesundheit und Immunsystem
Neben Spurenelementen und Aminosäuren enthält Brottrunk die Vitamine A, B, C, D und K sowie die Mineralstoffe Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium, Eisen und Zink. Außerdem punktet das Getränk mit wichtigen Enzymen und einer speziellen Art lebender Milchsäurebakterien, den sogenannten Brotsäurebakterien. Dadurch hat das Brot-Wasser-Gemisch eine probiotische Wirkung und unterstützt eine gesunde Darmflora. Diese sei laut Müller ein ganz besonders wichtiger Faktor für das allgemeine Wohlbefinden.
Probiotika
Unter Probiotika versteht man lebendige Mikroorganismen, welche natürlicherweise in fermentierten Lebensmitteln vorkommen. Sie gehören zu den „guten“ Darmbakterien und tragen zu einer gesunden Darmflora bei.
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„Der Darm ist sozusagen unser zweites Gehirn. Wir haben mehr genetische Informationen in unserer Darmflora als im Rest unseres Körpers. Der Darm und das Gehirn sind unmittelbar voneinander abhängig, deshalb beeinflusst ein gesunder Darm unser körperliches Wohlbefinden ganz entscheidend“, erklärt der Experte.
Darm-Hirn-Achse
Tatsächlich sind Darm und Hirn eng miteinander verknüpft und im regen Austausch. Das spüren Sie vielleicht, wenn Sie eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus“ treffen oder Ihnen Kummer „auf den Magen schlägt“. Hauptsächlich gibt der Darm Informationen über den Vagusnerv an das Gehirn, andersherum werden wenige Informationen übertragen. Was die Darm-Hirn-Achse für Folgen für Ihre Gesundheit hat, können Sie in diesem Artikel nachlesen.
Die im Brottrunk enthaltenen Probiotika wirken vorbeugend gegen Durchfall, Verstopfung, Völlegefühl und sind verdauungsfördernd. Auch soll er damit zu einem gesunden Immunsystem beitragen. Denn ein gut funktionierender Darm kann schädliche Keime abwehren und Giftstoffe ausscheiden. Dadurch werden andere Entgiftungsorgane, wie zum Beispiel die Leber, entlastet. Brottrunk eignet sich deshalb auch für den Einsatz in einer Detox-, Fasten- oder Entschlackungskur.
Wirkung auf den Cholesterinspiegel
Auch auf den Cholesterinspiegel soll das Getränk eine positive Wirkung haben. Die enthaltenen Brotsäurebaktieren sind laut dem Experten in der Lage, Cholesterol im Darm zu binden – so wird indirekt der Cholesterinwert gesenkt.
Gute Alternative bei Laktoseintoleranz
Einen großen Vorteil sieht Sven-David Müller beim Brottrunk vor allem darin, dass er gegenüber Joghurt und anderen probiotischen Milchprodukten keinen Milchzucker enthält. „Für Menschen, die laktoseintolerant sind, ist Brottrunk das ideale Lebensmittel, um sich dennoch probiotisch zu ernähren“, findet der Experte.
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Badezusatz für die Haut
Brottrunk soll auch gut für die Haut sein. Müller rät dazu, einfach ein Trinkglas voll mit ins Badewasser zu geben oder alternativ nach dem Duschen einen Waschlappen mit Brottrunk anzufeuchten und den Körper damit einzureiben. Die Brotsäurebakterien stabilisiert das gesunde Hautmilieu.
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Kein Heilmittel, aber gut für das Wohlbefinden
Vorsichtig müsse man laut Müller aber mit der Aussage sein, Brottrunk könne gegen konkrete Beschwerden helfen. „Das Getränk ist natürlich kein Arzneimittel. Mit Brottrunk kann man die Gesundheit und das Wohlbefinden fördern und erhalten. Wer aber tatsächlich eine Krankheit hat, muss natürlich dennoch zum Arzt oder in die Apotheke gehen“, stellt er klar.
Brottrunk am besten täglich zu sich nehmen
Brottrunk kann man zum einen einfach pur zu sich nehmen. Am besten schmeckt er definitiv aus dem Kühlschrank. Sven-David Müller empfiehlt, dreimal am Tag ein kleines Glas (0,1 – 0,2 Liter) zu jeder Mahlzeit zu trinken. „So wie Sie täglich zum Frühstück einen Kaffee trinken oder abends zwei Scheiben Brot essen, sollte auch Brottrunk Teil Ihrer alltäglichen Ernährung sein.“
Die Möglichkeit einer Überdosierung gebe es grundsätzlich nicht. Sie können aber zunächst zur Gewöhnung mit einem halben Glas am Tag anfangen und sich dann langsam steigern. Gerade morgens und abends ist der Verzehr empfehlenswert. Am Morgen regt der Trank die Verdauung an. Trinken Sie ihn abends vor dem Zubettgehen, können die Milchsäurebakterien nachts ihre Wirkung besonders gut entfalten. Wem es schwerfällt, sich mit dem Geschmack anzufreunden, kann das Ganze mit Wasser, Apfel- oder einem anderen Fruchtsaft verdünnen. Außerdem kann man das Getränk auch anderweitig in der Küche verwenden, beispielsweise als Essigersatz in Salatsoßen.
Brottrunk wirkt laut Sven-David Müller also äußerlich wie innerlich positiv auf unseren Körper. Sein Fazit: „Wenn Sie mich fragen, wer Brottrunk zu sich nehmen sollte: Ab morgen, jeder!“
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Brottrunk selber machen – so geht’s!
Das Brotgetränk müssen Sie übrigens nicht unbedingt fertig kaufen. Wer Lust und ein wenig Geduld hat, kann sich auch seinen eigenen Brottrunk selbst herstellen.
Zutaten
- 200 Gramm altes, trockenes Roggen-Sauerteigbrot
- 1 EL Sauerteig
- 1 Liter heißes Wasser
- 1 EL Zitronensaft
- 1 EL Honig
Zubereitung
- Kruste vom Sauerteigbrot entfernen und den Rest in kleine Stücke zerteilen.
- In ein verschließbares Glas füllen, mit heißem Wasser übergießen und dann einen Tag lang ruhen lassen.
- Am nächsten Tag das Wasser abseihen und ohne das Brot wieder zurück ins Glas geben.
- Sauerteig, Honig und Zitrone dazu geben und das Glas gut verschließen.
- Das Gemisch etwa 4 bis 6 Wochen gären lassen. Dabei immer wieder schütteln, umrühren und kurz öffnen, um die Kohlensäure entweichen zu lassen.
- Nach Ende der Gärzeit das Gemisch nochmals durchsieben und in eine Flasche umfüllen. Fertig ist der Brottrunk!
- Haltbar ist der Brottrunk etwa zwei Wochen – zum Wohl!