7. Januar 2022, 11:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Süß, sauer, salzig – aber bitte nicht bitter! In der alltäglichen Ernährung hat der bittere Geschmack bei vielen keinen guten Stand. Er gilt als Indikator für ungenießbares Essen, aus vielen Obst- und Gemüsesorten wurde er deshalb sogar herausgezüchtet. Dabei sind Bitterstoffe nicht nur gesund, sondern können sogar beim Abnehmen helfen.
Bitterstoffe kommen in natürlichen Lebensmitteln vor, können aber auch künstlich hergestellt werden. In der Natur bieten Bitterstoffe der Pflanze einen natürlichen Schutz gegen Fressfeinde. Auch beim Menschen löst der bittere Geschmack meistens Abneigung aus. Grund dafür: In der Steinzeit mutierten die sensiblen Geschmacksrezeptoren für Bitteres. So konnten giftige Inhaltsstoffe in Pflanzen als bitter wahrgenommen werden.1 Heutzutage ist diese Geschmacksprägung eher von Nachteil. Denn Bitterstoffe sind gesund, wirken sich positiv auf das Verdauungssystem aus und können als natürliche Appetitzügler das Abnehmen erleichtern.
Übersicht
Wo sind Bitterstoffe enthalten?
Bestimmte Gemüsesorten sind reich an natürlichen Bitterstoffen. Dazu zählen z. B.:
- Artischocken
- Brokkoli
- Aubergine
- Rosenkohl
- Spargel
- Fenchel
- Sellerie
- Spinat
- Radieschen
Zu den bitteren Salatsorten zählen Radiccio, Rucola, Endivie und Chicorée. Auch einige Obstsorten enthalten die gesunden Bitterstoffe in unterschiedlichem Maße, z. B. Grapefruits, Pomelos und Zitronen.
Zu den klassischen Bitterkräutern gehören u.a.
Diese werden in geringen Mengen zum Kochen verwendet oder können als Tee verzehrt werden.
Je natürlicher eine Pflanze wachsen durfte, desto mehr Bitterstoffe enthält sie. Es ist daher sinnvoll, Obst und Gemüse in Bio-Qualität direkt beim Erzeuger zu kaufen oder selbst anzubauen. Nicht empfehlenswert sind Fertigprodukte aus bitter schmeckenden Lebensmitteln. Ihnen werden bei der Herstellung häufig Zusatzstoffe hinzugefügt, um den bitteren Geschmack zu verdecken.3 Der gesundheitliche Nutzen der Bitterstoffe geht dabei verloren.
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Gefährliche Bitterstoffe
Vorsicht ist geboten bei bitter schmeckendem Gemüse aus der Familie der Kürbisse. Zucchini, Gurke und Co. können durch eine Mutation oder Kreuzung mit Wildsorten Bitterstoffe aus der Gruppe der Cucurbitacine bilden. In hoher Konzentration sind diese Bitterstoffe giftig, können zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und schlimmstenfalls zum Tod führen. Wer sein Gemüse selbst anbaut, sollte darauf achten, keine bitter schmeckenden Pflanzen zu verzehren.4
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Gesundheitliche Vorteile von Bitterstoffen
Ob im Ayurveda, in der Traditionellen Chinesischen Medizin oder in der mittelalterlichen Naturheilkunde nach Hildegard von Bingen (1098-1178): Bitterstoffe werden seit jeher für ihren gesundheitlichen Nutzen geschätzt. Längst haben Studien die positiven Eigenschaften von Bitterstoffen belegt.5
So ist es wissenschaftlich erwiesen, dass Bitterstoffe die Verdauungssäfte im Körper anregen. Dies geschieht bereits im Mund: Die Bitterstoffe im Essen reizen die Rezeptoren der Zunge. Der Speichelfluss wird gesteigert, die darin enthaltenen Enzyme beginnen mit der Vorverdauung. Der Magen produziert vermehrt Salzsäure, die Magenschleimhaut wird besser durchblutet. Auch in Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und Darm wird die Ausschüttung von Verdauungssäften und -enzymen gefördert. Die Bitterstoffe halten den Magen-Darm-Trakt gesund, wirken sich positiv auf den Cholesterinspiegel aus und unterstützen die Leber bei der Entgiftung. Die Folge: Häufige Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, Völlegefühl und Verstopfung bleiben aus.6 Wie eine Studie mit Morbus Crohn-Patienten ergab, können sich Bitterstoffe sogar positiv auf den Verlauf chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen auswirken.7
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Bitterstoffe wirken positiv auf die Stimmung
Doch Bitterstoffe sind nicht nur gesund für den Darm: In der Pflanzenheilkunde werden sie auch für ihre antidepressive und konstitutionsfördernde Wirkung geschätzt. Daher kommen sie auch bei chronischer Müdigkeit, Stress und Erschöpfung zum Einsatz. Auch bei Hauterkrankungen, die mit der Leber in Verbindung gebracht werden, z. B. Akne und Rosacea, können Bitterstoffe von Nutzen sein.8
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Gesund abnehmen mit Bitterstoffen
Wer ein paar Pfunde verlieren will, sollte vermehrt bitterstoffreiche Lebensmittel zu sich nehmen. Denn die gesunden Bitterstoffe eignen sich aus gleich zwei Gründen perfekt zum Abnehmen: Einerseits sind bitterstoffreiche Obst- und Gemüsesorten sehr kalorienarm. Eine Gewichtsabnahme durch ein Kaloriendefizit kann so leichter erreicht werden.
Zum anderen können Bitterstoffe Heißhungerattacken vorbeugen. Wie eine Studie ergab, regen Bitterstoffe die Freisetzung des Hormons Cholecystokinin im Magen-Darm-Trakt an. Dieses Hormon hemmt nachweislich den Appetit.9 Wer beim nächsten Heißhunger auf süß oder salzig stattdessen zu bitter greift, kann somit nicht nur einige Kalorien sparen, sondern ist auch seine Gelüste schnell wieder los.
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Forschung zeigt Bitterstoffe können vor Übergewicht und Diabetes schützen
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Quellen
- 1. Peterseil, M., Gunzer, W. & Fuchs-Neuhold, B. (2016). Einflussfaktoren auf die Geschmacksentwicklung von Säuglingen. Pädiatrie Pädologe.
- 2. Lebensmittel mit Bitterstoffen: Auflistung, Einteilung, und Wirkung (aufgerufen am 5. Januar 2022)
- 3. VerbraucherFenster Hessen. Bitterstoffe in Lebensmitteln: Gut für die Verdauung und die Abwehrkräfte (aufgerufen am 5. Januar 2022)
- 4. Stiftung Warentest. Giftige Bitterstoffe in Kürbis und Zucchini. (aufgerufen am 5. Januar 2022)
- 5. Valussi M. (2011). Functional foods with digestion-enhancing properties. Int J Food Sci Nutr.
- 6. Gutmann, P. (2008). Die Heilkraft des Bitteren. Gesundheits-Nachrichten 1/08.
- 7. Omer, B., Krebs, S., Omer, H., Noor, T.O. (2007). Steroid-sparing effect of wormwood (Artemisia absinthium) in Crohn’s disease: a double-blind placebo-controlled study. Phytomedicine.
- 8. Wölfle, U. et al. (2018). Bitterstoffe – von der traditionellen Verwendung bis zum Einsatz an der Haut. Zeitschrift für Phytotherapie.
- 9. Jeon, T.I., Zhu, B., Larson, J.L., Osborne, T.F. (2008). SREBP-2 regulates gut peptide secretion through intestinal bitter taste receptor signaling in mice. J Clin Invest.