3. Juni 2020, 17:01 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nach Wochen des Wartens und Hoffens haben die Muckibuden in den meisten Bundesländern wieder geöffnet – seit dem 2. Juni nun auch in Berlin. FITBOOK-Autor Flavio Treppner konnte endlich seine Gym-Tasche packen und in heimische Gefilde zurückkehren. Leider wurde er jedoch auch wenig enttäuscht.
Die letzten Tage waren von Vorfreude geprägt, nachdem bekannt wurde, dass die Fitnessstudios in Berlin wiedereröffnen. Ein Wochenende auf heißen Kohlen lag hinter mir. Schließlich kam der Tag und ich bin um kurz vor 22 Uhr zum Studio gedüst. Jedoch wurde meine Laune schnell getrübt, weil ich mit gewissen Erwartungen ins Gym gefahren bin.
Meine Vorstellung vom ersten Training
Am Anfang stand der Gedanke, dass mein Fitness-Alltag endlich wieder ein bisschen so sein könnte wie vor dem Corona-Lockdown. Meine Ansprüche waren nach der Gym-losen Zeit aber nicht besonders groß. Natürlich war mir auch bewusst, dass das Fitnessstudio-Erlebnis aufgrund der Hygiene-Regeln und sonstiger Einschränkungen anders ausfallen würde. Und ich hatte mich darauf eingestellt, dass ich erstmal wieder bei Null anfangen würde. Aber: Auch ein nicht perfektes Training im Gym ist immer noch besser als gar kein Training. Nach schier endlosen Wochen ohne Eisen in der Hand habe ich mich auf das Gefühl gefreut, mich wieder körperlich zu betätigen.
Ich wusste, dass es viele Fitnessfreaks gibt, die gleich in die Muckibude stürmen würden, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Ich bin schließlich einer davon. Um den Ansturm zu umgehen, wollte ich so spät wie möglich das Haus verlassen. Zumal durch die Coronamaßnahmen Änderungen im Studio angekündigt waren und weniger Menschen gleichzeitig trainieren dürfen. Doch es kam alles anders.
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So war das erste Training
Schon aus der Straßenbahn konnte ich erkennen, dass gegen 22:45 Uhr kaum jemand in meinem FitX am Berliner Alexanderplatz war – Jackpot! Schnell über die Straße geflitzt und schon war ich im Studio. Auf den ersten Blick fielen mir die vielen Schilder an den Geräten auf, die eine Benutzung untersagten. Jedes zweite war blockiert. Damit möchte FitX für genug Abstand zwischen den Trainierenden sorgen. Richtiger Ansatz, aber leider hat sich offenbar keiner so richtig Gedanken darüber gemacht, welche Maschinen man außer Betrieb setzt. Ich wollte zum Beispiel den Rücken trainieren, doch fast alle Maschinen für diese Muskelgruppe durfte man nicht nutzen. Sinnvoller gewesen wäre ein Schild mit der Aufschrift: „Nutzung nur bei freier Nachbarmaschine.“
Für mein komplettes Rückenworkout blieben mir gerade mal zwei Geräte. Kein guter Start. Aber mit verschiedenen Griffen lassen sich Übungen variieren. Dummerweise wurden aus hygienischen Gründen aber auch alle Griffe entfernt.
Ein weiterer Kritikpunkt: Paradoxerweise wurden Maschinen gesperrt, Getränkespender, bei denen jeder seine vollgesabberte Flasche ranhalten kann, sind aber weiter nutzbar – das verstehe, wer will.
Wenn ich schon bei der Hygiene bin: Es gab zwar mehr Desinfektionsspender, aber nicht genug Papierspender. Die Säuberung der Geräte ist also mit einem kleinen Fußmarsch verbunden. Eigentlich verkraftbar, schließlich ist man im Fitnessstudio, um sich körperlich zu betätigen. Doch für die anderen Trainierenden an diesem Abend war das offenbar zu viel – entsprechend wurden die Geräte nach der Nutzung meist nicht desinfiziert. Und da, wo Papier zur Desinfektion benutzt wurde, ließen es die Trainierenden einfach liegen. An der Brustpresse stapelten sich die Fetzen.
Statt sich an die Regeln zu halten und mit ihrem Verhalten dazu beizutragen, dass die Fitnessstudios weiter offen bleiben dürfen, tun die Besucher so, als sei nichts gewesen. Das ist nicht nur egoistisch, sondern vor allem eins: dämlich!
Das sagt FitX
FitX-Sprecher Alexander Morel erklärt auf FITBOOK-Nachfrage: „Coronalockerungen hin oder her: Die Gesundheit steht für uns an erster Stelle. Wir als Unternehmen haben Auflagen und Richtlinien, die wir auch durchsetzen wollen, um einen risikofreien Betriebsablauf zu gewährleisten. Unglücklicherweise kämpfen wir, wie alle öffentlichen Einrichtungen, gegen Automatismen an. Es dauert etwas, bis sich die Kunden auf die neuen Umstände eingestellt haben. Man darf nicht vergessen, dass es der erste Tag der Wiedereröffnung war. Nichtsdestotrotz sind wir gewillt, den höchsten Hygeniestandard zu vermitteln. Dafür sind unsere Mitarbeiter geschult und achten, noch mehr als sonst, auf die Einhaltung der Auflagen.“
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Positiv: Auch zu später Stunde mehr Personal als üblich
Ohnehin möchte ich nicht alles schlecht reden, sondern auch ich eine Lanze für FitX und das Personal brechen. Trotz der späten Stunde war nämlich mehr Personal als üblich am Start. Die schlechte Kinderstube der Kunden kann ich dem Studio nicht vorwerfen.
Und was mich angeht: Das abgespeckte Training lief super. Meine anfängliche niedrige Erwartungshaltung hat sich nicht bestätigt. Kurz gesagt: Ich konnte gut lospumpen und fast an das Niveau vor Corona anknüpfen. Insofern bin ich sehr glücklich, dass die Wochen ohne Training und mit veganer Ernährung der Muskulatur nicht geschadet hat. Ich kann also nicht allzu viel Muckis verloren haben. Das macht den Gewichtsverlust von mehr als 16 Kilo für mich noch erfreulicher.