15. April 2020, 4:36 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mehr und mehr Hobbysportlerinnen, darunter die berühmten Kardashian-Jenner-Frauen, tragen beim Workout einen „Waist Trainer“. Wie der Name verspricht („Waist“ bedeutet übersetzt Taille) zielen diese Art Mieder auf die Körpermitte ab. Nutzerinnen versprechen sich davon gemäß der Herstelleraussage eine schmalere Taille. Wie – und ob überhaupt – Waist Trainer diesem Ziel näher bringen können, hat FITBOOK Experten gefragt.
Zugegeben: Dass sich Kim Kardashian auf Instagram im knallengen Waist Trainer zeigt, überrascht kaum – es handelt sich dabei um ein Teil ihres eigenen Shapewear-Labels Skims.
Somit muss es auch nicht allzu viel heißen, wenn ihre reichweitenstarken (Halb-)Schwestern Kylie, Kourtney und Co. mit eingeschnürter Taille trainierend die Werbetrommel rühren.
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US-Star Amber Rose ist nicht gerade die beste Busenfreundin des Jenner-Kardashian-Clans – und somit womöglich objektiv?! Sie schwärmt jedenfalls schon seit Jahren via Social Media von der vermeintlichen Body-Wunderwaffe. Am liebsten trage sie den Waist Trainer der Konkurrenzmarke Little Tiny Waist (z.dt.: winzig kleine Taille), und zwar täglich sechs bis acht Stunden lang. 2019 wollte sie auf diese Weise 7,5 Zentimeter Taillenumfang verloren haben, die zwischenzeitlich wieder drauf sein dürften –Rose wurde im vergangenen November Mutter.
Damals jedoch sehr werbewirksam für die genannte Firma. Bloß kann das, was sie da auf Facebook erzählte, wirklich stimmen?
Wie funktionieren Waist Trainer?
Die Waist Trainer (oder „Waist Cincher“, also Taillen-Mieder, wie sie im Little-Tiny-Waist-Webshop heißen) bestehen aus Latex und sollen den Taillenumfang innerhalb von 30 Tagen um bis zu zehn Zentimeter reduzieren können. Durch die Kompression des Rumpfes würden Wasser und Fettzellen mobilisiert, genauer gesagt: von der Taille wegbewegt. Damit er seinen Zweck erfüllen kann, müsse der Mieder etwa acht Stunden am Tag getragen werden – nicht zuletzt beim Workout.
Was sagen Experten?
Wie Sport- und Präventivmediziner Dr. med. Axel Preßler im Gespräch mit FITBOOK erklärt, ist das Prinzip der trendy Waist Trainer gar nicht mal neu. Dabei handele es sich um „nichts anderes als ein Korsett, mit dem man schon immer die Figur betont, aber auch die Atmung mitunter stark eingeschränkt hat. Es ist also bereits unabhängig von einer Anwendung im Sport in Frage zu stellen, ob es sich dabei um eine wirklich verträgliche Maßnahme handelt“.
Von diesem Hinweis ausgeschlossen seien Patienten mit Haltungsbeschwerden. Wenngleich es bei Skims, Little Tiny Waist und Co. nicht darum geht, könne eine gewisse Unterstützung gegen Rückenbeschwerden unter Umständen wirksam sein.
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»Gezielt am Bauch Fett verbrennen? Unmöglich!
„Das Fett zu mobilisieren oder zu reduzieren, ist durch stundenlanges Tragen eines solchen Mieders NICHT möglich“, versichert uns Dr. Preßler, „auch dann nicht, wenn man den Effekt durch begleitendes Training zu unterstützen versucht.“ Um Fett zu verbrennen, sei sportliche Aktivität zwar in jedem Fall gut. Dass ein Korsett aber dabei helfen könne, gezielt an einer bestimmten Stelle abzunehmen, hält er für undenkbar.
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Gleiches sagt uns Andre Scholz, Inhaber der Frankfurter Physiotherapie-Praxis Physion. Er erinnert daran, dass schon vor Jahren gewiefte Sportler mit Bauchweggürteln oder gar Frischhaltefolie versucht haben wollen, durch Kompression und vermehrtes Schwitzen an der Körpermitte das Fett buchstäblich schmelzen zu lassen. Sein Urteil: vergebene Liebesmühe.
„Es ist höchstens denkbar, dass dort kurzfristig vermehrt Wasser verloren wird“, räumt der Physiotherapeut ein. „Sobald man danach aber wieder einen Liter Wasser getrunken hat, ist der vermeintliche Effekt dahin.“
Es sprechen Gründe gegen den Waist Trainer
Beide Experten würden vom Tragen eines Waist Trainers also definitiv abraten – insbesondere beim Sport. Dr. Preßler warnt vor einer erschwerten Atmung, was gerade unter Belastung hinderlich sein könne. Und. „Das Schwitzen unter dem Mieder kann zu Ausschlägen führen, außerdem kann es zu starken Druckstellen und Blutungen in die Unterhaut kommen.“ Im schlimmsten Fall könnten durch eine zu enge Schnürung das Korsetts innere Organe verschoben werden bzw. andere Verletzungen auftreten.
Ein hoher Preis für die Schönheit, würde man wohl sagen. Doch nicht einmal das – laut Einschätzung des Sportmediziners werde der gewünschte Trainingseffekt gar nicht einmal erzielt. Vielmehr könnten durch die Beengtheit die unter dem Mieder liegenden Bauchmuskulatur nicht adäquat bewegt und durchblutet werden. Das Ganze bringe also höchstens – nichts.
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Fazit
Man kann NICHT gezielt im Bauchbereich abnehmen, nur weil man sich dort einschnürt oder besonders schwitzt – darüber sind sich die befragten Experten einig. Bevor man mit einem Waist Trainer die Fettverbrennung im Taillenbereich steigern kann, hat man sich wohl eher eine Verletzung zugezogen.
Zusammengefasst mag so ein Trainings-Mieder vermeintlich schick aussehen, bringt ansonsten (außer Risiken) aber nicht viel. Besser nicht ausprobieren!