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Maximale Bewegungsfreiheit

Warum Barfußschuhe so gut für die Gesundheit sind

Vibram Five Fingers Shoes
Sogenannte Zehenschuhe bieten eine minimale Sohle, dafür aber mit maximaler Bewegungsfreiheit. Und sie umschließen die Zehen wie ein Handschuh. Doch auch schon weniger auffällige Barfußschuhe bieten einen ähnlichen Effekt. Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

27. November 2019, 17:00 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Optisch sind sie immer noch gewöhnungsbedürftig: sogenannte Zehenschuhe. Sie umschließen den Fuß wie ein Handschuh. Damit fällt man garantiert auf. Weniger auffällig sind dagegen Barfußschuhe, die mit ihrer dünnen Sohle – aber konventionellen Erscheinung – die gleichen Vorteile bieten sollen. Doch sind sie tatsächlich besser als gute Trainingsschuhe? FITBOOK hat bei Experten nachgefragt.

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Natural Running ist angesagt. Während früher die Devise galt „je mehr Dämpfung und Stabilität, desto besser“, ist jetzt genau das Gegenteil der Fall. Zwischen Fußsohle und Boden soll möglichst wenig Material vorhanden sein, propagieren zumindest einige Experten.

Denn egal ob mit Gel-, Luft oder Schaumstoff, die Hightech-Sohlen in Sportschuhen üben starken Einfluss auf den Laufstil und somit den gesamten Bewegungsapparat aus. In einigen Studien haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass Barfußlaufen sogar gesünder sein soll als mit gedämpften Schuhen.

Forscher der University of Virginia (USA) konnten beispielsweise zeigen, dass Jogger mit Schuhen auf dem Laufband höhere Belastungen an Hüft-, Knie- und Fußgelenken hatten, als die Barfuß-Probanden. Die wichtigste Erkenntnis der Studie: Ohne Schuhe setzt man den Fuß „natürlicher“ auf. Dabei werde intuitiv eher mit dem Mittel- und Vorderfuß aufgesetzt. Das führt zu einer geringeren Belastung der Gelenke, als wenn man mit der Ferse aufkommt.

Der Laufexperte Dr. Steffen Willwacher vom Institut für Biomechanik und Orthopädie an der Deutschen Sporthochschule Köln relativiert ein wenig den Hype um das Barfußlaufen: „Lediglich das Knie wird weniger stark belastet, Fuß und Sprunggelenke mehr! Das zeigt eine Vielzahl von Studien“, sagt der Wissenschaftler. Außerdem solle man bedenken, dass Langzeitstudien zum Einfluss auf die Gesundheit – insbesondere nach Laufverletzungen – noch fehlten.

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Zurück zur natürlichen Fußbewegung

Dr. Steffen Willwacher
Laufexperte Dr. Steffen Willwacher vom Institut für Biomechanik und Orthopädie an der Deutschen Sporthochschule Köln Foto: Steffen Willwacher Privat

Laut dem Experten können somit Barfußschuhe die positiven Aspekte des Barfußlaufens teilweise simulieren. „Auch, wenn es nicht das Gleiche wie Barfußlaufen ist, ermöglichen Barfußschuhe eine sichere Fortbewegung bei kaltem und nassem Wetter und Schützen vor spitzen Steinen oder anderen gefährlichen Untergrundeigenschaften“, sagt Dr. Willwacher.

Einen weiteren Aspekt des Barfußlaufens verdeutlicht uns Personal Trainerin Sandra Hoiting, die auf Neuroathletik und natürliche Bewegung spezialisiert ist. Ihrer Meinung nach sei der Fußbereich mit seinen Gelenken zum Bewegen und Wahrnehmen gemacht – und nicht, um gedämpft und „stillgelegt“ zu werden. „Die 33 Gelenke in unserem Fuß sind zum Bewegen da. In der Umgebung von Gelenken befinden sich immer besonders viele Nervenenden. Diese schicken Signale ans Gehirn. Stellen Sie sich ein Navi vor, das von möglichst vielen Satelliten Informationen erhält. Je mehr und genauer die Signale, umso besser kann das Navi (Gehirn) meine Position einschätzen, die Geschwindigkeit oder die Ankunftszeit berechnen. Fällt ein Satellit aus, wir die Berechnung ungenauer und ich fühle mich unsicherer, werde wahrscheinlich langsamer“, erklärt Hoiting.

Langsam umsteigen auf Barfußschuhe

„Wenn der Schuh keine Energieabsorptions- und Stützfunktion mit übernehmen kann, muss dies in verstärktem Ausmaß von den Strukturen des Fußes, Sprunggelenks und der Wadenmuskulatur übernommen werden. Sind diese Strukturen stark genug, können auch anspruchsvollere Bewegungen mit Barfußschuhen durchgeführt werden“, sagt Dr. Willwacher. Allerdings rät er zu einem vorsichtigen Umstieg, denn bei Otto-Normal-Sportlern sind diese Strukturen oft schlecht trainiert.

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Auch Personal Trainerin Hoiting findet es nicht sinnvoll, zu schnell auf Barfußschuhe umzusteigen: „Ich muss damit rechnen, dass ich mich längere Zeit umstellen sollte, wenn ich mein ganzes Leben vorher in anderen Schuhen zugebracht habe. Woher soll mein Fuß denn plötzlich die Kraft und Beweglichkeit haben, um beispielsweise ein Tennismatch darin zu überstehen?“. Am Anfang reichten schon einige Minuten pro Tag für einen Trainingseffekt. Wer viel sitze, könne die Schuhe aber auch über einen längeren Zeitraum tragen.

Sandra Hoiting
Sandra Hoiting ist Personal Trainerin mit dem Schwerpunkt Neuroathletik und Natürliche Bewegung Foto: Sandra Hoting Privat

Doch selbst als geübte Barfußläuferin würde sie keine langen Joggingstrecken auf Asphalt in Barfußschuhen laufen. Asphalt sei ein unnatürlicher, gleichbleibender Untergrund. Durch die hohen Kräfte, die immer auf bestimmte Fußbereiche wirken, droht eine Überbelastung. „Das gilt übrigens aber auch für lange Läufe auf Asphalt mit normalen Laufschuhen“, ergänzt Personal Trainerin Hoiting.

Bei ihren Klienten nimmt Hoiting deshalb eine individuelle Beratung vor: „Oft erfolgt ein Wechsel nicht direkt auf die Barfußschuhe, sondern erst mal auf etwas flachere Schuhe mit weniger Dämpfung. Korrigierende Übungen kommen dazu und Umstellungen im Alltag.“ Außerdem empfiehlt sie, dass man sich verschiedene Untergründe zum Gehen sucht. Auch in der Stadt sei das möglich. Denn unterschiedliche Reize und Kräfte seien die beste „Nahrung“ für den Körper. 

Auch interessant: Das macht barfuß laufen mit Ihren Füßen

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Barfußschuhe nicht für jeden geeignet

Wer jedoch orthopädische Erkrankungen der Füße aufweise, die stabile und gedämpfte Schuhe erfordern, der sollte auf Barfußschuhe verzichten, rät Willwacher. „Oder, wenn man einfach nur Laufen gehen möchte und nicht extra Zeit in die Verbesserung der Fußkraft und die Stärkung von Fußknochen, Sehnen und Bändern stecken möchte“, könne auf sie verzichten.

Groundies
Barfußschuhe bieten eine sehr dünne und flexible Sohle mit einem breiten Fußbett, um eine natürliche Fußbewegung zu ermöglichen. Foto: Groundies

Welche Barfußschuhe gibt es?

Schuhhersteller haben den Trend zu natürlichem Laufgefühl erkannt und vermarkten Schuhe mit wenig Materialeinsatz unter dem Begriff „Natural Running“. Noch einen Schritt weiter geht man mit sogenannten Barfußschuhen. Hier wird nur eine millimeterdünne Sohle verwendet, um ein natürliches Abrollen des Fußes zu gewährleisten. Zudem ist das Fußbett großzügig, damit die Zehen viel Bewegungsfreiheit haben.

Zehenschuhe bieten keine Vorteile

Die extremste Form nehmen schließlich die Zehenschuhe ein. Sie umschließen den Fuß wie ein Handschuh und bieten Schutz vor Verletzungen, ohne die natürlichen Bewegungsabläufe der Füße einzuschränken. Zudem haben sie meistens eine nur sehr dünne Sohle, sodass man selbst die Beschaffenheit des Bodens wahrnehmen kann.

Allerdings fallen Zehenschuhe durch ihre außergewöhnliche Form auf und wirken optisch im Alltag befremdlich. Deswegen sieht man sie eher im Fitnessstudio. Zudem ist das Tragegefühl speziell: Da jeder Zeh extra umschlossen wird, werden die Zehen insgesamt etwas gespreizt. Das erfordert Gewöhnung. Auch kann es anfangs zu aufgescheuerten Stellen an den Zehen führen, da die Passform nicht für jeden Fuß ideal ist. Und weil das Tragen von Socken in den Zehenschuhen nicht vorgesehen ist, können sie schnell müffeln.

Einen richtigen Vorteil gegenüber normalen Barfußschuhen bringen sie aber nicht: „Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es meines Wissens nach keine zusätzlichen Vorteile, die Zehenschuhen gegenüber normalen Minimalschuhen bieten“, sagt Laufexperte Dr. Willwacher.

Auch interessant: Die wichtigsten Tipps für gesunde Füße

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Einkaufsratgeber

Natural Running: Bezeichnet flexible Laufschuhe mit natürlichem Laufgefühl. Besonders bekannt ist hier das Modell Nike Free Run.

Barfußschuhe: Schuhe mit millimeterdünner Sohle ohne Dämpfung und einem großzügigen Fußbett mit viel Bewegungsfreiheit für die Zehen. Zu den bekannten Herstellern zählen Vivobarefoot, Sole Runner und Zaqq.

Zehenschuhe: Sie umschließen wie ein Handschuh alle Zehen einzeln und sollen so ein Maximum an natürlichem Bewegungsfreiraum bieten. Der bekannte Vertreter ist die italienische Marke Vibram Five Fingers. Eine günstige Alternative ist die Marke Saguaro, sie bietet eine Mischung aus Barfuß- und Zehenschuhen an.

Darauf müssen Sie achten: „Die Passform ist sehr wichtig. Es sollte an keiner Stelle zu unangenehmer Reibung oder zu Druckstellen mit der Haut kommen“, rät Experte Dr. Willwacher von der Deutschen Sporthochschule Köln. Am besten man lässt sich in einem Fachgeschäft für Barfußschuhe beraten und probiert einige Modelle vor Ort aus.

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