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Sportmediziner erklärt’s

Kann Natron die Leistung beim Sport verbessern?

Steigert Natron vor dem Sport die Leistungsfähigkeit?
Vor dem Sport trinken einige Athleten in Wasser gelöstes Natron, um ihre Leistung zu verbessern. Funktioniert das wirklich? Foto: Getty Images
Lisa Neumann

31. Oktober 2020, 18:45 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Natron-Drinks sollen die anaerobe Leistung bei hochintensiven Belastungen verbessern. Ob und wem die Einnahme möglicherweise etwas bringt – und welche Nebenwirkungen drohen, hat FITBOOK bei einem Sportmediziner in Erfahrung gebracht.

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Als Bestandteil von Backpulver lässt es Kuchen schön luftig werden, als Zusatz im Shampoo sorgt es für geschmeidiges Haar – Natron (Natriumhydrogencarbonat) ist vielfältig einsetzbar – und auch im Sport ist das ein Thema. Ob und wie sich das weiße Pulver auf die sportliche Leistung auswirken kann, darüber hat FITBOOK mit Dr. Paul Schmidt-Hellinger gesprochen, Sportmediziner der Berliner Charité und erfolgreicher Langstreckenläufer.

Natron vor dem Sport erhöht den pH-Wert im Blut

Beim Sport bildet sich im Muskel Laktat. Durch intensive Ausdauerbelastung wird immer mehr Laktat gebildet, als der Körper abbauen kann: Der pH-Wert sinkt, die Muskulatur übersäuert – und wird müde. Läufer spüren das beispielsweise, wenn sie schwere Beine bekommen. Durch die Einnahme von Natron lässt sich der pH-Wert im Blut erhöhen – und somit ist, zumindest theoretisch, eine kurzzeitige, längere Belastung der Muskulatur möglich.

Studie: Natron-Drinks und HIIT-Training

Wie sich Natron auf die Leistungsfähigkeit beim Training auswirkt, hat 2019 eine Studie der Universität Peking gezeigt: Die Forscher gaben Studenten über einen Zeitraum von sechs Wochen vor jeder intensiven HIIT-Trainingseinheit einen Natron-Drink (0,2 Gramm Natron pro Kilogramm Körpergewicht). Die Probanden trainierten dreimal pro Woche, die letzten drei Wochen besonders intensiv. Eine Kontrollgruppe trainierte gleich, bekam aber kein Natron.

Wie zu erwarten war, ließ sich der erhöhte Hydrogencarbonat-Spiegel im Blut der Natron-Gruppe ablesen (die Blutproben wurden je fünf Minuten vor, nach und 30 Minuten nach dem Training genommen). Außerdem wurde festgestellt, dass die Ermüdung der Muskeln später einsetzte als bei der Gruppe, die kein Natron im Blut hatte. Das stützte die Annahme der Forscher, dass Natron bei HIIT-Training die Säurepuffer-Kapazität im Blut erhöht.

Intensiveres Training auf hohem Niveau

Hinsichtlich der anaeroben Leistung – das sind Stoffwechselprozesse, die ohne Sauerstoff ablaufen und letztlich zum Übersäuern des Muskels führen – zeigten beide Gruppen Verbesserungen; allerdings fiel die der Natron-Gruppe deutlicher aus. „Die Studie sagt, dass man mit Natron intensiver trainieren kann, weil sich im Muskel später Laktat bildet“, erläutert Schmidt-Hellinger. Somit könne man sich auf einem insgesamt höheren Trainingsniveau bewegen. Die Leistungssteigerung befinde sich allerdings „im geringen Bereich“, so Hellinger.

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Experte sagt, was Natron bei Läufern bringt

Einen leistungssteigernden Effekt durch die Einnahme von Natron sieht Schmidt-Hellinger nur auf den kurzen Distanzen: Läufe mit einer Dauer zwischen einer und sechs Minuten. „Ein 400-, 1500- oder auch ein 3000-Meter-Hindernislauf – da passt das rein“, so der Mediziner. Ein Profi, der die 1500 Meter in dreieinhalb bis viereinhalb Minuten laufe, könne sich durch die Einnahme von Natron um 0,5 bis zwei Sekunden verbessern, schätzt Schmidt-Hellinger.

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Unangenehme Nebenwirkungen

Allerdings gibt es Nebenwirkungen, die den Trainingsvorteil zunichtemachen können. „Das Natron-Gemisch ist eine hoch konzentrierte Lösung. Durchfall, Bauchschmerzen und gegebenenfalls auch Erbrechen können die Folgen sein“, erklärt Schmidt-Hellinger. Werde die Lösung zu früh eingenommen, könnten Nebenwirkungen wie Erbrechen oder Durchfall die Wettkampfleistung mindern.

Experte rät Amateuren von Natron-Einnahme ab

Im Amateurbereich, so Schmidt-Hellinger, sollte der Natron-Drink eher keine Anwendung finden. „Mit funktionellem Training erreicht man da mehr. Man muss generell schauen, ob sich für das bisschen Leistungsgewinn die Nebenwirkungen lohnen“, zieht er ein Fazit.

Vor einem Sport-Einstellungstest, wie es ihn zum Beispiel bei der Polizei gibt, sollte man die Methode individuell getestet haben, damit es vor der Prüfung nicht zu Überraschungen kommt. Um Magen-Darm-Problemen vorzubeugen, empfiehlt Schmidt-Hellinger, das Getränk in kleinen Schlucken, am besten etwa 90 Minuten vor der Sporteinheit, zu trinken.

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Ist Natron vor dem Sport ein Dopingmittel?

Natron läuft nicht unter Doping – es sei denn, es wurde intravenös verabreicht, erklärt Schmidt-Hellinger. Das werde jedoch nur auf Intensivstationen und nicht aus Gründen der Leistungssteigerung gemacht. Der Deutsche Olympische Sportbund schreibt in einer Broschüre über Nahrungsergänzungsmittel, dass Natron bereits in den 1930er-Jahren vor ein- bis sieben Minuten dauernden, hochintensiven Belastungen eingenommen wurde. Aber auch sie verweisen auf die Nebenwirkungen von Natron-Drinks.

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Fazit

Natron kann in gewissen Anwendungsbereichen zu Leistungssteigerungen führen. Jedoch sollten sich Athletinnen und Athleten überlegen, ob sie dafür die potenziellen Nebenwirkungen in Kauf nehmen wollen. Falsch zugeführt, kann Natron die Leistung in einem Wettkampf sogar mindern.

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