14. Juli 2024, 8:02 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Seit mehr als zehn Jahren bietet „Urban Sports Club“ Sportbegeisterten oder solchen, die sich an Sport herantasten wollen, flexible Möglichkeiten und ein wachsendes Angebot. Im Umkehrschluss erfahren die Gründer Moritz Kreppel und Benjamin Roth Interessantes über die Fitnessgewohnheiten ihrer App-Nutzer. Im Interview mit FITBOOK-Redaktionsleiterin Melanie Hoffmann und -Fitnessexpertin Janine Riedle sprachen sie über Veränderungen im Sportverhalten sowie aktuelle und zukünftige Trends der Fitnessbranche.
Wie jung oder alt sind die Sporttreibenden? Welche Sportarten und Fitnesskurse sind besonders beliebt? Wo gibt es noch Nischen, bei denen man als Sportanbieter Vorreiter sein kann? Auf all diese Fragen hatten die „Urban Sports Club“-CEOs Benjamin Roth und Moritz Kreppel im FITBOOK-Interview spannende Antworten – den von ihnen über mehr als ein Jahrzehnt gesammelten App-Daten sei Dank. Seit der Gründung von „Urban Sports“ haben die beiden ein gutes Gespür für den sportlichen Zeitgeist entwickelt und uns auf dieser Basis z. B. verraten, welcher Sport sich ihrer Meinung nach vom Trend zum Standardangebot entwickelt hat, welcher in Deutschland dagegen noch ein Geheimtipp ist und wie die Zukunft von Fitness, Wellness und Gesundheit aussehen könnte.
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»Früher waren ‚Urban Sports Club‘-Nutzer jung, heute sind auch 70-Jährige dabei
FITBOOK: Wie haben sich die Nutzer in den zwölf Jahren, in denen es „Urban Sports Club“ gibt, verändert?
Moritz Kreppel: „Am Anfang haben unser Angebot vor allem jüngere Personen genutzt. Wir haben zwar von Anfang an sowohl B2B, also Firmen als auch B2C, also Privatpersonen, als Zielgruppen definiert. Aber zu Beginn haben vor allem Privatpersonen ‚Urban Sports‘ genutzt und vor allem jüngere Menschen so um die 20 Jahre, die Jobeinsteiger. Das hat sich stark geändert und ist viel mehr in die Breite gegangen. Die Nutzer reichen jetzt von den jungen Leuten bis hin zu Menschen im Alter von 70 Jahren. Da hat uns tatsächlich der Fokus auf Firmen geholfen. Indem Firmen die Kosten unserer Mitgliedschaft für ihre Angestellten teilweise übernehmen und Arbeitgeber z. B. nur fünf Euro hinzuzahlen müssen, erreichen wir noch andere Zielgruppen.“
Was meinen Sie mit „andere Zielgruppen“?
Kreppel: „Das umfasst dann auch Leute, die zunächst einmal gar nicht sportbegeistert oder zumindest nicht aktiv auf der Suche nach Sportangeboten sind. Wir hatten jetzt ein paar Mal den Fall, dass jemand, der vorher nullmal pro Woche Sport gemacht hat, mithilfe der App regelmäßig einmal pro Woche Sport in seinen Alltag integrieren konnte. Einfach, weil es günstig war und man ohne große Hürde mal etwas probieren konnte. Natürlich ist es toll, wenn sportliche Menschen von uns dazu bewegt werden, statt dreimal viermal pro Woche zu trainieren. Aber der Impact auf die Gesundheit ist bei Menschen, die vorher nullmal und durch uns jetzt einmal wöchentlich Sport machen, noch größer.“
Haben mehr Frauen oder mehr Männer eine „Urban Sports Club“-Mitgliedschaft?
Moritz Kreppel: „Das Geschlechterverhältnis war von Beginn an recht ausgeglichen. Es sind ein Ticken mehr Frauen, aber der Unterschied ist minimal.“
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»Ein aktueller Trend ist Reformer-Pilates, während Padel-Tennis noch ein Geheimtipp ist
Was hat sich in Sachen Fitness- bzw. Sport-Trends in den vergangenen zwölf Jahren getan?
Benjamin Roth: „Als wir gestartet sind, war Yoga noch ein großer Hype. Mittlerweile ist Yoga eher etwas Normales. Es ist nach wie vor sehr beliebt und zählt zu unseren wichtigsten Aktivitäten, aber Yoga ist kein Geheimtipp mehr. Als aktuellen Trend könnte man Reformer-Pilates nennen, ein Angebot, das bei uns viel genutzt wird. Das ist zwar eher ein Luxusangebot, also relativ teuer, aber immer mehr im Kommen. Ähnlich sieht es in Deutschland mit Padel-Tennis aus. Eine Sportart, die hier noch in den Anfängen steckt und quasi noch ein Geheimtipp ist, sich aber schon gut entwickelt.“
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»Kontaktlose Konzepte, die wenig Platz brauchen, werden sich verbreiten
Gibt es auch Veränderungen bei der Art von Studios?
Roth: „Da wären z. B. die ‚Smart Gyms‘ zu nennen, also personallose Konzepte, die extrem wachsen und den Markt an vielen Stellen erschließen, wo die großen ‚Big Box Gyms‘ keinen Platz hätten. Diese können in Wohngebiete oder auf kleineren Flächen Angebote machen. Die neue Generation fitnessbegeisterter Personen geht auch heute viel gebildeter in die Studios und weiß bereits, was man dort mit den Geräten machen kann und was nicht. Deswegen können sich solche Konzepte mehr verbreiten.“
Haben Sie auch schon Erfahrungen mit Boutique-Fitness gemacht?
Roth: „Boutique-Fitness ist hier noch relativ unterentwickelt, wenn man Deutschland mit England oder den USA vergleicht. Da wird es noch wesentlich mehr geben in der Zukunft.
Kreppel: „Interessant an dem Thema Boutique-Studios ist, dass diese Deutschland günstiger sind als in den USA oder in England. Dort zahlt man 30 Euro oder mehr pro Kurs, in Deutschland ist es günstiger, sodass es sich mehr Leute leisten können. Das finden wir gut und unterstützen wir.“
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»Personal Coaching und Holismus werden die Zukunft bestimmen – und KI wird da noch viel möglich machen
Wenn Sie jetzt statt zurück fünf Jahre in die Zukunft blicken, was wäre Ihre Prognose: Wo gehen die Trends noch hin, was verschwindet wahrscheinlich wieder und was bleibt?
Kreppel: „Ich glaube, die bestehenden Trends werden bleiben und noch größer werden. Was für uns ein großes Thema werden wird, ist Personal Coaching. Damit beschäftigen wir uns schon sehr lange, aber es ist komplex und sehr teuer. Wir haben sehr viele Daten, das heißt, wir wissen über die sportlichen Interessen unserer Mitglieder Bescheid. Personal Coaching mit menschlichen Trainern zu machen, verursacht hohe Kosten. Hier glauben wir, dass KI ein Weg sein könnte, es erschwinglich zu machen.“
Wie könnten wir uns solch ein KI-generiertes Personal Coaching vorstellen?
Kreppel: „Auf der Basis der Nutzerdaten könnten wir unsere Angebote persönlicher auf Einzelne abstimmen. Damit wollen wir noch mehr Anreiz für die Menschen schaffen, in Bewegung zu kommen und gesünder zu leben, sowie einen weiteren Hebel finden, schon bestehende Mitglieder zu halten. Anhand persönlicher Vorlieben, die unsere Daten aufzeigen, können wir etwa übergreifende Trainingspläne anbieten – heute ins Fitnessstudio, morgen ins Schwimmbad usw. – und das zudem sehr holistisch denken. Die Entwicklung wird nämlich unserer Meinung nach auf die Weise fortschreiten, dass es nicht nur um Sport, sondern auch um die allgemeine Gesundheit gehen wird. Auch das haben wir bei der Weiterentwicklung der Aktivitäten, die wir anbieten, im Blick. Dafür haben wir z. B. auch schon die Option in unser Konzept aufgenommen, dass unsere Mitglieder eine mentale Meditations-App mitnutzen können. Der holistische Gedanke einerseits und die Personalisierung mithilfe von KI andererseits sind also große Themen für uns.“
»Megatrend Gesundheit wird Druck auf Arbeitgeber ausüben
Sie haben neben Privatkunden ja auch Firmen für „Urban Sports“ erschlossen – wie wird da die Zukunft aussehen?
Roth: „Wir glauben, dass es tatsächlich ein Standard-Benefit bei Arbeitgebern werden wird, Sport und Gesundheit zu fördern. Wir sehen, dass die Nachfrage in diesem Bereich enorm ist, wirklich vom DAX-Konzern bis zur Bäckerei. Der Fachkräftemangel und der Megatrend Gesundheit führen dazu, dass immer mehr Arbeitgeber diese Unterstützung anbieten. Heute wird diese Art von Benefit oft noch gehighlightet in der Stellenanzeige, aber wir sind sicher, es wird andersherum kommen: Wenn man das nicht hat, wird man die junge Generation verlieren. Es wird daher zum Standard werden.“
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„Wir wollen klassische Fitnessstudios nicht ablösen“
Sie bauen Ihr Angebot immer weiter aus – kann es sein, dass Ihr Konzept in der Zukunft mal klassische (Fitness-)Studios ablösen könnte?
Roth: „Ablösen ist nicht unser Ziel. Man muss sehen, dass der Preis unserer ‚Urban Sports‘ -Mitgliedschaft höher ist als die Mitgliedschaft direkt in einem Studio. Es geht uns darum, Leute zu inspirieren und zu motivieren, die Vielfalt wollen, und solche, die sich nicht auf ein Studio festlegen wollen, weil sie vielleicht nicht die Routine haben, immer morgens um sieben Uhr zum Training ins Studio zu gehen. Dennoch gibt es auch unter diesen Personen viele, die weiterhin ihre Mitgliedschaften direkt bei den Studios haben und nicht bei uns landen werden. Das finden wir auch gut so und Teil der Dynamik zwischen uns, unseren Studiopartnern und Mitgliedern. Lange Zeit war der zweitwichtigste Kündigungsgrund bei uns, dass jemand sich für ein Studio entschieden und dort eine Mitgliedschaft gemacht hat.“
Es ist also Platz da für beides – „Urban Sports Club“ und klassische Studios mit festen Mitgliedschaften?
Roth: „Genau. Wir brauchen die Studios auch, um mit ihnen zusammenzuarbeiten und mit ihrer Hilfe unser Angebot zu gestalten. Nach zwölf Jahren am Markt haben wir jetzt ein ausgereiftes Produkt, eine Plattform, über die man eine Meta-Mitgliedschaft abschließen und Sport machen kann, ohne an ein Studio gebunden zu sein. Um uns auf dem Gebiet bekanntzumachen und zu etablieren, war sehr viel harte Arbeit nötig. Wir haben jetzt 40-prozentige Brand Awareness mit ‚Urban Sports‘ in Deutschland und glauben, dass es zunehmend Normalität werden wird, über eine Plattform Sport zu machen und seinen Freizeitsport auf diese Weise zu gestalten. Dementsprechend sehen wir ein großes Wachstumspotenzial.“
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»Das machen wir anders als die Konkurrenz
Wie grenzen Sie sich ab von Konkurrenz, wie z. B. Gympass – inwiefern unterscheidet sich Ihr USP bzw. was machen Sie anders?
Kreppel: „Ein wichtiger Punkt ist, dass wir Marktführer sind und beides machen – sowohl B2B, also Firmen, als auch B2C, also Privatpersonen. Der Erfolg in einem Bereich fördert den Erfolg im anderen. Häufig sind einige Mitarbeitende in Firmen schon Mitglieder bei uns, wenn sie gefragt werden, was sie wollen. Sie kennen ‚Urban Sports‘ – und empfehlen ihren Arbeitgebern dann, mit uns eine Partnerschaft einzugehen. Umgekehrt lernen Privatpersonen über ihre Firmen ‚Urban Sports‘ überhaupt erst kennen. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist unser großes Netzwerk, die Studios, die mit uns zusammenarbeiten und das daraus resultierende umfangreiche und vielfältige Angebot, aus dem Mitglieder wählen können.“