7. September 2020, 9:58 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Fabian Hambüchen (32) hat alles erreicht, was man als Sportler erreichen kann: Bronze, Silber und Gold bei Olympischen Spielen, ein Weltmeistertitel. 2017 beendete er seine Karriere als Turner, verdient sein Geld inzwischen als Experte im TV und Markenbotschafter. Außerdem hält er Vorträge – bevorzugt zum Thema mentale Stärke. Mit dieser und seinem durchtrainierten Körper will er es jetzt in einer anderen Sportart nochmal wissen: Hambüchen brennt nun für Crossfit.
Einmal Wettkampftyp, immer Wettkampftyp – diese Aussage passt wie die Faust aufs Auge, wenn man sich mit Fabian Hambüchen (32) über sportliche Aktivitäten unterhält. Weckt etwas seine Begeisterung, hat er sofort ganz konkrete Ziele im Kopf und setzt alles an deren Realisierung. Klappt es dann nicht wie erwartet, will er auch nicht mehr darüber reden – zum Beispiel einen Zehn-Kilometer-Lauf, den er zwar geschafft hat – aber eben nicht in der gewünschten Zeit: „Kein Kommentar.“ Worüber er mit FITBOOK aber sehr gerne reden wollte: mentale Stärke, Muskeln und seine neue große Leidenschaft: Crossfit.
FITBOOK: Herr Hambüchen, wenn man nach den Fotos auf Ihrem Instagram-Account geht, sind Sie nicht mehr so oft in der Turnhalle, dafür umso häufiger in der Crossfit-Box!
Fabian Hambüchen: „Total! Nach dem Turnen war ich auf der Suche nach etwas, wofür ich wieder richtig brenne. Anfang des Jahres habe ich mich in Crossfit verliebt. Ich habe einfach gemerkt, dass es mir total Spaß macht, mich dort durchzufighten. Als Corona dann kam, konnte ich meinen gut ausgestatteten Kraftraum nutzen. Mein Trainer hat mir dann über die ganze Zeit Pläne geschrieben. Die Corona-Zeit hat mein Crossfit-Training maximal intensiviert. Seitdem bringe ich knapp vier Kilo mehr auf die Waage, fast alles Muskulatur. Und das sogar ohne Verzicht auf Kohlenhydrate.“
FITBOOK: Beeindruckend. Es scheint so, als seien Sie mit Ihrer Optik sehr zufrieden!
Fabian Hambüchen: „Wenn du seit dem fünften Lebensjahr ein Sixpack hast und dein Leben lang austrainiert warst, willst du das so schnell nicht verlieren. Das gehört dann zu dir. Sport ist wie eine Sucht für mich und die körperliche Form zu halten, ist ja auch ganz schön. Ich fühle mich sehr schlecht, wenn ich drei Tage keinen Sport machen kann.“
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FITBOOK: Haben Sie ein bestimmtes Ziel beim Crossfit?
Fabian Hambüchen: „Ich will mich für die Fitness-Bundesliga qualifizieren. Dafür muss ich allerdings zu den vier besten Männern meiner Box gehören. Das ist noch nicht der Fall, aber ich arbeite daran.“
FITBOOK: Ernsthaft?
Fabian Hambüchen: „Ja klar! Ich bin einfach ein Wettkampftyp und habe Blut geleckt. Zu den Crossfit Games will ich aber auf keinen Fall. Dafür muss man Profi sein und das ganze Leben dem Sport unterordnen. Das schaffe ich vom Kopf her nicht nochmal und meine Prioritäten liegen jetzt woanders. Ich muss ja Geld verdienen.“
FITBOOK: Und womit tun Sie das?
Fabian Hambüchen: „Ich halte Vorträge, coache Turner, bin Markenbotschafter und arbeite als TV-Experte. In dieser Funktion wäre ich dieses Jahr auch bei den Olympischen Spielen dabei gewesen, aber leider wurden die auf 2021 verschoben.“
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FITBOOK: Was begeistert Sie so an Crossfit?
Fabian Hambüchen: „Ich sehe beim Crossfit viele Sachen, die mir beim Turnen hätten helfen können. Damit meine ich nicht Kniebeugen mit über 100 Kilo oder Deadlifts mit 165 Kilo, das hätte ich damals nicht gebraucht. Aber die Kraftausdauer-Geschichten hätten mir bestimmt viel gebracht. Nur leider hatten wir die damals nicht auf dem Schirm.“
FITBOOK: Welche sind das?
Fabian Hambüchen: „Vor allem Zirkel, die die Kraftausdauer verbessern. Wir haben beim Turnen eine maximale Belastungsdauer von 1:10 Minuten, beim Crossfit gehen die Zirkel bis etwa 20 Minuten. Das ist auch förderlich fürs Turnen. So Sachen wie Burpees mit schnellkräftigen Sprüngen auf eine Box, das ergänze ich dann mit einem Salto vorwärts beim Runterspringen. Auch das Workout „Murph“ finde ich total cool. Wenn ich heute Turner coache, versuche ich, Crossfit-Elemente reinzubringen.“
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FITBOOK: Bei Ihnen war Ihr Vater der Coach. Was zeichnet einen guten Trainer aus?
Fabian Hambüchen: „Obwohl beide das gleiche Ziel haben, redet man schnell aneinander vorbei. Das liegt daran, dass der Sportler es subjektiv fühlt und der Coach die objektive Perspektive hat. Was mein Vater immer gut gemacht hat, war, meine Meinung mit einzubinden. Er hat mich nach meinem Gefühl gefragt, bevor er seine Meinung abgegeben hat. Wenn man als Sportler umsetzt, was man fühlt, kommt oft das raus, was der Trainer wollte. Bei uns sind aber auch ganz oft die Fetzen geflogen. Wenn der Vater coacht, nimmt man Korrekturen schnell als Kritik auf.“
FITBOOK: Sie halten Vorträge über Mentaltraining. Das Thema begleitet Sie, seitdem Sie 15 sind. Wie kann denn jeder mental stärker werden?
Fabian Hambüchen: „Mentaltraining ist etwas sehr Individuelles. Aber generell kann man schon ein paar Tipps geben: Zum Beispiel, dass man sich über seine Energieverteilung Gedanken machen soll! Wir sind gut darin, uns in etwas reinzusteigern – aber davor sollte man überlegen, ob man selbst an dieser konkreten Situation überhaupt etwas ändern kann. Wenn ja, machen. Wenn nicht, abhaken und weitermachen.
Außerdem sollte man sich klarmachen, dass Tiefpunkte, egal ob im Sport, Job oder Privat, oft nur abhängig von der Tagesform sind. Entsprechend ist es nicht zielführend, sich übertrieben viel zu vergleichen. Es zählt immer nur die Leistung im Hier und Jetzt. Und als letzten Tipp: Große Ziele im Leben sind wichtig, aber der Gedanke an sie frustriert eher, weil sie meistens noch weit weg sind, und man ihnen in der Regel nicht so schnell näher kommt, wie man möchte. Man sollte sich daher viele kleine Zwischenziele setzen. Belohnungen sind dabei ganz wichtig, die halten mental auf der Spur!“