25. Juli 2024, 21:03 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Die deutschen Volleyballer haben sich erstmals seit 2012 wieder für die Olympischen Spiele qualifiziert. Einer, der nicht nur wegen seiner Größe – 2,13 Meter! – aus der Mannschaft heraussticht, ist Tobias Krick (25): Der Mittelblocker generiert in den Sozialen Medien Aufmerksamkeit, von der viele Spitzensportler nur träumen können. Im echten Leben ist er aber eher introvertiert, wie FITBOOK im Interview erfuhr. Wie er mit Konkurrenz im Team umgeht, wie er regeneriert, trainiert und isst – und warum er neidvoll auf Fußballer blickt, verrät er hier.
Tobias Krick wirkt zunächst noch etwas müde bei unserem Videointerview. Er kommt gerade von der Hochzeit eines Teamkollegen aus der Volleyballnationalmannschaft. Nimmt man solche Einladungen für private Feiern als Gradmesser für die Verbindung der Spieler untereinander, könnte die Stimmung im Team wohl nicht besser sein. Keine schlechten Voraussetzungen also, um bei den Olympischen Spielen in Paris, für die sich die deutschen Hallen-Volleyballer erstmals seit 2012 wieder qualifiziert haben, erfolgreich zu sein. Mittelblocker Krick, der mit 16 sein erstes Bundesligaspiel gemacht hat und mit den BR Volleys Berlin zuletzt deutscher Meister wurde, zählt mit seinen 25 Jahren zu den erfahrenen Spielern der Nationalmannschaft. Er ist ihr wortwörtlich „größter“ Star, zwei Zahlen belegen das: Seine Körpergröße von 2,13 Meter und die fünf Millionen Follower auf der Video-Plattform TikTok. FITBOOK fragte nach, was ihn antreibt, launige Kurzvideos zu produzieren, wie er mit Konkurrenz auf dem Feld umgeht – und was ihm persönlich die Olympia-Teilnahme bedeutet.
Tobias Kricks Stellung in der Nationalmannschaft
FITBOOK: Welche Emotionen hat denn die Olympia-Qualifikation bei Ihnen ausgelöst? Vor vier Jahren haben Sie und ihr Team es ja nicht geschafft. Und wie schätzen Sie Ihre Chancen auf den Olympiasieg ein?
Tobias Krick: „Das war ein unbeschreiblicher Moment. Ein Traum, den ich schon mit acht oder neun hatte, als ich mit Volleyball angefangen habe und der jetzt in Erfüllung geht. Olympia ist schließlich nur ein-, zweimal im Leben! Jetzt, da es so kurz davor ist, hab ich schon richtig Bock. Zurzeit ist alles sehr eng im Volleyball, jeder kann gegen jeden gewinnen. Wenn wir so wie letztes Jahr spielen werden, ist alles möglich.“
Sie haben einen direkten Konkurrenten auf Ihrer Position in der Nationalmannschaft und wissen nicht, ob und wann Sie eingesetzt werden. Wie gehen Sie damit um?
„Mir ist egal, wer spielt, solange wir gewinnen. Wenn der Trainer denkt, dass wir ohne mich besser spielen würden, dann ist es so. Ich versuche dann, die Jungs von der Seitenlinie anzufeuern.“
Und das kratzt Sie dann gar nicht, wenn Sie nicht spielen können?
„Ich finde, Leute versteifen sich oft auf Sachen, die gar nicht so wichtig sind. Mein Motto ist immer: Locker bleiben, auch wenn’s im Moment stressig ist. Und ich versuche generell, mein Bestes zu geben und aus Fehlern zu lernen.“
„Im echten Leben bin ich eher verträumt“
Sie wirken wie jemand, den absolut nichts aus der Ruhe bringt. Täuscht dieser Eindruck?
Tobias Krick: „Nein! Ich bin eher ein ruhiger Mensch. Beim Volleyball bin ich fokussiert, kommuniziere viel. Im echten Leben bin ich eher verträumt. Wobei mir das manchmal auf dem Feld auch vorgeworfen wird (lacht).“
Machen Sie Mentaltraining?
„Das muss jeder wissen, ob er das für sich braucht. Bei uns klappt’s zurzeit auch ganz gut ohne.“
Gibt es irgendwelche Rituale, denen Sie vor einem Spiel nachgehen?
„Zähneputzen, immer das gleiche Aufwärmprogramm vor dem Spiel und ich schreibe nochmal in die Familien-Whatsapp-Gruppe, dass es jetzt losgeht. Und ich habe den Tick, mit dem Fuß nicht auf die Spielfeldlinie zu treten, wenn ich rausgehe.“
So trainiert und ernährt sich Tobias Krick
Halten Sie sich an bestimmte Ernährungsregeln?
„Wir haben keinen strikten Ernährungsplan. Sowas gibts bei uns nicht. Aber ich weiß, es ist schlecht, wenn ich mir vor dem Spiel ein halbes Kilo Gummibärchen reinziehe. Ich finde, ein Cheat Day pro Woche ist okay. Vor einem Spiel gibts häufiger mal Reis mit Hähnchen und an einem freien Tag gerne mal ’nen Döner.“
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Können Sie uns ein bisschen was über Ihr Training erzählen?
„Im Volleyball geht es viel um Schnellkraft. Krafttraining machen wir normalerweise zweimal pro Woche, in der Olympia-Vorbereitung dreimal. Wir sitzen wenig an Maschinen und trainieren mit freien Gewichten. Der Trainer hat z. B. gesagt, ich soll Squats mit Langhanteln machen. Dann mache ich das.“
Bei Volleyballturnieren ist es üblich, vier Spiele in fünf Tagen zu haben. In der Olympia-Quali hatten Sie und ihr Team in neun Tagen sieben Spiele. Da ist der Körper doch komplett kaputt, oder? Wie regenerieren Sie in den kurzen Spielpausen?
„Das Wichtigste nach dem Spiel ist das Ausdehnen. Dazu gibts Physiobehandlungen und Eisbaden. Und natürlich viel essen, damit der Körper Energie bekommt für den nächsten Tag, meistens gibt es Nudeln oder Reis mit Chicken. Ehrlich gesagt, muss ich meinen Körper in diesen Phasen hinten anstellen und durchziehen.“
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»Es ist schon ein bisschen Neid auf den Fußball vorhanden
Außerhalb von Olympia liegt auf Hallen-Volleyball kein großer Fokus in Deutschland, beim Beachvolleyball ist das Interesse in den letzten Jahren enorm gestiegen. Immer noch Peanuts, gemessen an der Aufmerksamkeit, die Fußball bekommt. Sind Sie darauf neidisch?
„Es ist schon ein bisschen Neid vorhanden. Aber was willst du machen? Die Leute wollen Fußball schauen und es wird super vermarktet. Dass Hallen-Volleyball hinten ansteht, ist übrigens ein rein deutsches Problem. In Asien oder anderen europäischen Ländern wie Polen oder Italien sind wir Thema. Und bei Olympia wird es jetzt auch so sein, das finde ich natürlich schon gut.“
Wie wichtig ist die Chemie in der Nationalmannschaft? Sind Sie auch privat befreundet?
„Die Chemie ist superwichtig. Wir spielen besser, wenn sich alle verstehen. Im Training zankt man sich mal, wenn jemand einen Aufschlagfehler macht oder ein Ball herunterfällt. Mit vier, fünf Leuten ist man immer etwas enger als mit dem Rest. Dennoch ist die Mannschaft für mich wie eine zweite Familie. Wir waren gerade alle zusammen auf der Hochzeit von meinem Kollegen Georg Grozer.“
So kam Tobias Krick zum Volleyball
Haben Sie sportliche Vorbilder?
„Ich fand immer krass, wie Usain Bolt und Michael Phelps ihre Sportarten jeweils dominiert haben. Mein Vorbild ist Dirk Nowitzki. Ein deutscher Riese, der es in Amerika geschafft hat und bester Basketballspieler der Welt wurde. Leider gibt’s in den USA keine Volleyball-Profiliga … sonst wäre ich dabei!“
Wie sind Sie überhaupt zum Volleyball gekommen?
„Nur durch Zufall! Mein Nachbar hat mich hingeschleppt, weil er fand, dass ich mit meiner Größe gut geeignet bin. Da war ich acht Jahre alt. Ich fand, es war super einfach. Ich war jung und hab frei Schnauze gespielt. Es war wie fliegen.“
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Sie haben bis vor Kurzem in Italien gespielt bei Pallavolo Modena, davor bei Volley Cisterna. Italien hat eine der besten Volleyball-Ligen der Welt – warum der Wechsel nach Berlin zu den BR Volleys?
„Italien war an sich ganz cool und auch ein Traum von mir, das zu erleben. Aber mir hat das familiäre gefehlt. In Berlin habe ich jetzt viele Teamkollegen aus der Nationalmannschaft, die ist auch wie Familie.“
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5 Mio. Follower auf Social Media
Sie sind in den Sozialen Medien unglaublich erfolgreich mit Kurzvideos. Meistens sieht man da, wie Sie in Zeitlupe hochsteigen und dann kraftvoll einen Ball ins gegnerische Feld schmettern. Solche Sequenzen betten Sie dann in verschiedene Szenarien ein. Was bedeutet Ihnen der Erfolg auf TikTok?
„Ich liebe es, kreativ zu sein und meinen Sport zu zeigen. TikTok gibt mir die Möglichkeit, meine Leidenschaft mit anderen zu teilen und die Leute zu inspirieren. Ich genieße es, Inhalte zu erstellen und zu sehen, wie sie bei anderen ankommen. Und es motiviert mich, dass ich durch meine Videos Menschen erreichen und begeistern kann.“
Warum sollte man sich Hallen-Volleyball bei Olympia dieses Jahr unbedingt anschauen?
„Weil es ein superschnelles Spiel ist. Das Coole an Volleyball ist, dass man sofort sieht, wenn ein Team harmoniert.“