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Fitnessprof erklärt's

Die Auswirkung von Standweite und Hantelposition bei der Kniebeuge

Fitnessprofessor Stephan Geisler
Sportwissenschaftler

11. August 2023, 4:56 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Die Kniebeuge – Mutter aller Kraftübungen. Doch was macht es für einen Unterschied, wenn man bei der Kniebeuge eher breit oder eher eng steht? Wenn man die Hantel vorne oder hinten auf den Schultern hat? Die Antworten liefert Fitnessprofessor Dr. Stephan Geisler bei FITBOOK.

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Die Kniebeuge ist eine der effektivsten Übungen für die unteren Extremitäten. Je nach Zielsetzung kann die Kniebeuge jedoch in ihrer Ausführung variiert werden: Die Langhantel kann in verschiedenen Positionen platziert (hohe Ablage, niedrige Ablage, vordere Ablage) und die Übung selbst in verschiedenen Standbreiten (von eng bis weit) ausgeführt werden. Da sowohl die Platzierung der Langhantel als auch die Standbreite die kinematischen (die Bewegung betreffenden) Anforderungen beeinflussen, liegt es auf der Hand, dass sich diese Anforderungen gleichermaßen auf die Muskelaktivität auswirken.  

Die Auswirkung der Standweite bei der Kniebeuge

Grundsätzlich kann die Standweite einer Kniebeuge in einen weiten, engen und moderaten Stand unterschieden werden. Diese sind jedoch in der Literatur nicht eindeutig einheitlich definiert. Studien beschreiben die Standweite oft anhand des Abstandes zwischen den beiden Knochenhöckern an der Hüfte, der Schulterbreite (Füße stehen schulterbreit, enger als schulterbreit oder weiter als schulterbreit) oder geben keine klare Definition. Die Autoren beobachteten, dass ein breiter Stand zu größeren Hüftextensoren- und Abduktionsmomenten beitrug, das heißt, die Muskulatur der Hüftstrecker und Abduktoren wird im breiten Stand stärker involviert. Dagegen führte der enge Stand tendenziell zu höheren Kniebeugemomenten, also einer stärkeren Beanspruchung der Kniestrecker aufgrund eines größeren Kniewinkels.

Eine andere Studie beobachtete bei einer Kniebeuge mit weitem Stand (140 Prozent Schulterbreite) im Vergleich zu einem engen Stand (75 Prozent Schulterbreite) bei 60 Prozent und 75 Prozent des maximalen Gewichts (1RM; d.h., das Gewicht, mit dem nur eine Wiederholung möglich ist) eine höhere Aktivität des M. Adductor longus (Schenkelinnenseite) und des M. Gluteus maximus (großer Gesäßmuskel).

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Insgesamt lässt sich daraus schließen, dass bei einer Kniebeuge mit weitem Stand die Beteiligung der Hüftstrecker (Po und Beinrückseite) und der Außenrotation tendenziell zunimmt, während ein engerer Stand die Kniestrecker begünstigt.  

Larsen und Kollegen kombinierten beide Ansätze und dokumentierten sowohl kinematische als auch elektromyografische Veränderungen bei unterschiedlichen Standbreiten während Kniebeugen mit dem 3RM (Gewicht, das nur dreimal bewegt werden kann).1 Eine Kniebeuge mit tiefer Ablage der Langhantel (Low Bar) und weitem Stand (selbst definiert) führte zu höheren Hüftmomenten (mehr Spannung in Gesäß und Oberschenkelrückseite) als ein enger Stand. Ebenso wurde beobachtet, dass ein enger Stand bei der konventionellen Kniebeuge (hohe Stange bzw. High Bar) zu höheren Kniemomenten führte (mehr Spannung im Beinstrecker). Diese Ergebnisse wurden durch eine ebenfalls höhere Aktivität des M. vastus lateralis (Beinstrecker) sowie eine geringere Aktivität des M. Gluteus maximus (Gesäßmuskel) als bei der weiten Version unterstützt.

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Auswirkung der Ablage bzw. Hantelposition bei der Kniebeuge

Bei der Ablage der Langhantel unterscheidet man grundsätzlich zwischen der hohen Ablage (High Bar), der niedrigen Ablage (Low Bar) und der vorderen Ablage (Frontkniebeuge). Bei der traditionellen Kniebeuge mit hoher Ablage wird die Langhantel auf dem M. Trapezius (Trapezmuskel oder Kapuzenmuskel) unter dem 7. Wirbel der Halswirbelsäule positioniert. Dies ist eine häufig verwendete Übung im olympischen Gewichtheben. Bei der Low-Bar-Kniebeuge wird die Hantel dagegen auf dem unteren Teil des Trapezius direkt über der hinteren Schulter entlang der Wirbelsäule des Schulterblatts abgelegt. Diese Übung wird häufig im Kraftdreikampf eingesetzt, da bei dieser Variante oft schwerere Gewichte verwendet werden können.  

Abbildung: Kniebeugen mit unterschiedlicher Hantelablage

Abbildung zur Auswirkung der Hantelposition (tief, hoch, vorne) auf Hüft-, Knie- und Oberkörperwinkel bei der Kniebeuge
Die Auswirkung der Hantelposition (tief, hoch, vorne) auf Hüft-, Knie- und Oberkörperwinkel bei der Kniebeuge Foto: Illustration FITBOOK

Ein Vergleich zwischen der Low-Bar-Kniebeuge und der High-Bar-Kniebeuge (beide 70 Prozent des Maximums) zeigt sich bei fortgeschrittenen Kraftsportlern eine höhere Aktivität des M. Gluteus maximus (Gesäßmuskel) und des M. Biceps femoris (Oberschenkelrückseite) bei der Low-Bar-Kniebeuge.2 Die Autoren beobachteten ebenfalls eine höhere Aktivität im lumbalen Teil des M. Erector spinae (unterer Rücken) bei der Low-Bar-Kniebeuge. Dementsprechend werden bei der Low-Bar-Kniebeuge  eher die Hüftstrecker und bei der High-Bar-Kniebeuge eher die Kniestrecker beansprucht. 

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Vergleicht man bei trainierten Bodybuildern die High-Bar-Kniebeuge mit der Frontkniebeuge, so zeigt sich bei der Frontkniebeuge eine höhere Aktivität des M. Vastus medialis und des M. Rectus femoris (bei beiden handelt es sich um Beinstreckmuskeln), während bei der High-Bar-Kniebeuge der M. Semitendinosus (Hüftstrecker bzw. die Beinrückseite) stärker beteiligt ist.3 Dies könnte auf die stärkere Körpervorlage bei der High-Bar Kniebeuge zurückzuführen sein. 

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Fazit

Es gibt einige Varianten der Kniebeuge, die eine unterschiedliche Muskelaktivierung auslösen. Je weiter oben die Stange abliegt, desto mehr Kraft holt man aus seinen Beinstreckern und je weiter unten sie liegt, desto mehr Kraft nimmt man aus seinen Hüftstreckern. Man könnte dies auch als „hüftdominante“ oder „kniedominante“ Variationen bezeichnen. Je weiter die Beine bei der Kniebeuge stehen, desto mehr werden die Schenkelinnenseiten und das Gesäß aktiviert.

Probieren Sie doch einfach mal den Unterschied aus und genießen Sie den Muskelkater!

Illustration Kniebeugen
Die Erkenntisse zu Hantelposition und Standweite in einer Grafik Foto: Prof. Dr. Stephan Geisler
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Quellen 

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