3. Juli 2024, 9:55 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Die gesundheitlichen Vorteile von Sport sollten allen bekannt sein – und dennoch: Laut Auswertungen bewegen sich die Menschen in Deutschland zu wenig. Gibt es jedoch Bundesländer, die positiv oder negativ hervorstechen? FITBOOK hat analysiert, wie fit Deutschland ist.
Eine Studie der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2022 stellte heraus, dass etwa 52 Prozent der Menschen in Deutschland Sport treiben.1 Was zunächst einmal nach viel klingt, bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch: Fast jeder zweite Deutsche ist nicht aktiv. Immerhin gaben 66 Prozent der Befragten an, sich zumindest 30 Minuten am Tag, z. B. durch Fahrradfahren oder Spazierengehen, zu bewegen. Diese Zahlen beziehen sich allerdings auf ganz Deutschland – FITBOOK hat nun mithilfe verschiedener Datenquellen ermittelt, welche Bundesländer besonders sportlich bzw. unsportlich sind und ein Ranking erstellt.
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Übersicht
Ausgewählte Faktoren, Gewichtung und Berechnung
Die herangezogenen Faktoren
Woran lässt sich überhaupt ausmachen, welches der Bundesländer besonders fit ist? FITBOOK hat dafür aussagekräftige Faktoren ausgewählt, zu denen Daten existieren:
- Anzahl der Menschen pro Bundesland, die die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die tägliche Bewegung erreichen
- Anzahl der Mitglieder in Fitnessstudios
- durchschnittlicher BMI
- Anzahl der Sportstätten pro Bundesland
- Zeit am Tag, die im Sitzen verbracht wird
Gewichtung
Da nicht jeder dieser Faktoren unseres Erachtens gleich zu bewerten ist, haben wir eine Gewichtung festgelegt.
- Erreichen der WHO-Empfehlung für Bewegung: Diesen Faktor haben wir mit einer vierfachen und damit der höchsten Gewichtung gewertet. Grund: Das Erreichen der WHO-Empfehlung zeigt, wie viel sich eine Person bewegt bzw. sportlich aktiv ist.
- Mitglieder im Fitnessstudio: Zwar ist die Mitgliedschaft im Fitnessstudio nicht immer gleichzusetzen mit der tatsächlichen sportlichen Betätigung, aber sie ist ein guter Indikator dafür. Deshalb zählt dieser Faktor mit einer dreifachen Gewichtung in unserer Analyse.
- Durchschnittlicher BMI: Der Body-Mass-Index ist eine gängige Formel, um das Körpergewicht in die Kategorien Unter-, Normal- und Übergewicht bzw. Mehrgewicht einzuordnen. Auch wenn man den BMI kritisch betrachten muss, weil er in Ausnahmefällen – etwa bei muskulösen Menschen mit gleichzeitig niedrigem Fettanteil – hoch ausfallen kann, ohne mit Mehrgewicht einherzugehen, ist er bei Betrachtung der gesamten Bevölkerung ein dienlicher Messwert und gibt indirekt Hinweise über Lebensstil, Ernährung und Bewegung. Diesen Faktor werten wir aus diesem Grund ebenfalls dreifach.
- Anzahl der Sportstätten: Dieser Punkt beschreibt die Möglichkeit der Personen in einem Bundesland, sich sportlich betätigen zu können. Weil die Zahlen nicht gleich bedeuten, dass das Angebot auch tatsächlich genutzt wird, gewichten wir diesen Faktor zweifach.
- Zeit, die täglich im Sitzen verbracht wird: Hier beziehen wir uns auf Daten, die zeigen, wie viele Stunden die Menschen durchschnittlich in ihrem jeweiligen Bundesland aufgrund ihres Jobs etc. sitzend verbringen. Das schließt zwar nicht aus, dass man sich außerhalb dieser Zeiten ausreichend bewegt, dennoch zeigt der Wert eine Tendenz. Diesen Faktor werteten zweifach.
Berechnung
Zur Ermittlung einer Punktzahl verrechneten wir die Gewichtung mit der Platzierung des Bundeslandes pro Faktor. Da es in Deutschland 16 Bundesländer gibt, erhielt der erste Platz die vollen 16 Punkte, der zweite 15 Punkte usw. Diese Platzierung multiplizierten wir mit der Gewichtung. Somit bedeutet eine hohe Punktzahl eine gute Wertung.
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Erreichung der WHO-Empfehlung für Bewegung
Wie in jedem Jahr startete die Krankenkasse DKV 2023 eine telefonische Umfrage mit Personen über 18 Jahren, um herauszufinden, wie viel sie sich im Alltag bewegen.2 Dabei orientierten sie sich an der Empfehlung der WHO: Als aktive Personen zählte man diejenigen, die 150 bis 300 Minuten aerobe Aktivitäten von moderater bis hoher Intensität oder 75 bis 150 Minuten aerobe Aktivität von hoher Intensität absolvierten. Die Ergebnisse der Befragung wurden in einer Datenanalyse als Benchmark verwendet, um zu beurteilen, ob sich die Menschen in Deutschland genug bewegen, also die empfohlenen Zeiten erreichen. Das Ergebnis: Das Schlusslicht der Bundesländer bildete Berlin. 65,4 Prozent der Einwohner erreichten dort die von der WHO empfohlene wöchentliche Menge an Bewegung. An der Spitze platzierte sich Hamburg mit 76,3 Prozent, während Bayern es mit 76,2 Prozent auf Platz zwei schaffte.
Bundesland | Körperliche Aktivität in Prozent |
---|---|
Hamburg | 76,3 |
Bayern | 76,2 |
Baden-Württemberg | 74,8 |
Thüringen | 74,4 |
Mecklenburg-Vorpommern | 73,7 |
Sachsen | 72,5 |
Hessen | 72,3 |
Niedersachsen/Bremen | 72,2 |
Sachsen-Anhalt | 70,8 |
Brandenburg | 70,3 |
Nordrhein-Westfalen | 70,2 |
Rheinland-Pfalz/Saarland | 69,8 |
Schleswig-Holstein | 67,6 |
Berlin | 65,4 |
Mitglieder in Fitnessstudios
Deutschland verfügt über ein umfangreiches und differenziertes Sportstättenangebot. Dazu zählen u. a. Sportplätze, Turnhallen, Tennisanlagen, aber auch Wassersport- oder Reitanlagen, Kletterhallen, Bäder – und natürlich Fitnessstudios, die inzwischen bundesweit mehr Mitglieder auf sich vereinen als Fußballklubs. FITBOOK hat sich bei der Frage hinsichtlich des sportlichsten Bundeslandes deshalb auf Sportstätten mit Fokus Fitnesstraining beschränkt. Dazu zählen die großen Fitnessketten genauso wie kleine Fitnessunternehmen und Boutique-Studios. Entsprechende Zahlen erhebt der Deutsche Arbeitgeberverband für Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV) in seinen „Eckdaten der Deutschen Fitnesswirtschaft“, die FITBOOK vorliegen.
Insgesamt erfreuen sich Fitnessstudios wachsender Mitgliederzahlen. Zwar gab es in den Coronajahren einen kurzfristigen Einbruch, der Trend ist jedoch positiv. Im Jahr 2023 waren 10,7 Millionen Menschen in einem Gym angemeldet. Zwanzig Jahre zuvor waren es noch 4,4 Millionen, was einem Anstieg von 43 Prozent entspricht. Zum Vergleich: Fußballvereine in Deutschland haben 7,2 Mio. Mitglieder, Turnvereine 4,6 Mio.3
Entgegen den Zahlen zur körperlichen Aktivität melden sich in Hamburg am häufigsten Menschen im Fitnessstudio an, hier sind 18,1 Prozent der Bevölkerung Mitglied in einem Studio. Platz zwei belegt Bremen, dicht gefolgt vom Saarland. Dagegen verzeichnen Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern die wenigsten Mitglieder im Fitnessstudio. Die vollständigen Angaben können Sie der Tabelle entnehmen.4
Bundesland | Mitgliederzahlen Fitnessstudios in Prozent |
---|---|
Hamburg | 18,1 |
Bremen | 15,5 |
Saarland | 14,6 |
Berlin/ Baden-Württemberg | 14,1 |
Hessen/Nordrhein-Westfalen | 13,3 |
Niedersachsen | 13,2 |
Bayern | 13 |
Schleswig-Holstein | 12,9 |
Rheinland-Pfalz | 12,8 |
Sachsen | 10,4 |
Brandenburg | 10,1 |
Thüringen | 9,6 |
Sachsen-Anhalt | 8,9 |
Mecklenburg-Vorpommern | 7,7 |
Durchschnittlicher BMI
Trotz der Einschränkungen in Bezug auf die Aussagekraft ist der BMI (Body-Mass-Index) in vielen Fällen ein Indikator für Mehrgewicht.5 Die Klassifizierung des BMI sieht wie folgt aus:6
- BMI < 18,5 Untergewicht
- BMI 18,5 – 24,9 Normalgewicht
- BMI 25 – 29,9 kg/m2 Übergewicht bzw. Mehrgewicht
- BMI 30 – 34,9 kg/m2 Adipositas Grad I
- BMI 35 – 39,9 kg/m2 Adipositas Grad II
- BMI ≥ 40 kg/m2 Adipositas Grad III
Aber wie sieht es nun mit dem BMI in den deutschen Bundesländern aus? Diesbezüglich bietet eine Auswertung von Daten aus dem Jahr 2017 vom Statistischen Bundesamt und den Statistischen Landesämtern die Antwort.7
Während in Hamburg 45,9 Prozent einen Body-Mass-Index von mehr als 25 hatten, der sie als mindestens übergewichtig einstuft, sind es in Sachsen-Anhalt 60,7 Prozent. Generell haben Übergewicht und Adipositas in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren zugenommen. Hatten im Jahr 1999 noch 45 Prozent einen BMI von mehr als 25, waren es 2017 bereits 52,7 Prozent, was einen Anstieg von fast 8 Prozent ausmacht.
Bundesland | BMI über 25 in Prozent |
---|---|
Hamburg | 45,9 |
Berlin | 46,1 |
Baden-Württemberg | 50,4 |
Bayern | 50,9 |
Bremen | 51,9 |
Hessen | 52,1 |
Saarland/Schleswig-Holstein | 52,6 |
Nordrhein-Westfalen | 52,9 |
Niedersachsen | 53,6 |
Rheinland-Pfalz | 54,5 |
Sachsen | 55,7 |
Brandenburg | 56,8 |
Thüringen | 59,6 |
Mecklenburg-Vorpommern | 59,9 |
Sachsen-Anhalt | 60,7 |
Anzahl der Sportstätten
Bundesweit zählt der DSSV für das Jahr 2022 insgesamt 9149 Fitness- und Gesundheitsanlagen, 520 weniger als vor Corona (2019 zählte der DSSV noch 9669 Anlagen). Zu diesen zählen, neben den großen Ketten wie FitX, Kieser Training und clever fit, auch kleine Fitnessunternehmen mit ein bis vier Anlagen sowie sogenannte „Mikroanlagen“. Letztere sind Anlagen, die weniger als 200 Quadratmeter Gesamtfläche aufweisen und sich an eine spezifische Zielgruppe wenden – etwa Boutique-Studios, in denen man ausschließlich Yoga oder Pilates trainieren kann, aber auch EMS-Studios.
Im Ranking der Bundesländer mit den meisten Sportstätten hat Hamburg die Nase vorn: Dort kommen auf 100.000 Einwohner 15,4 Fitnessanlagen. Auf Platz zwei, drei und vier liegen das Saarland, Bremen und Baden-Württemberg. Die wenigsten Fitnessanlagen haben die ostdeutschen Länder.
Bundesland | Anzahl der Fitness- und Gesundheitsanlagen je 100.000 Einwohner |
---|---|
Hamburg | 15,4 |
Saarland | 12,7 |
Bremen | 12,1 |
Baden-Württemberg | 12 |
Berlin/Bayern | 11,8 |
Hessen | 11,7 |
Nordrhein-Westfalen | 11,6 |
Rheinland-Pfalz | 10,6 |
Niedersachsen | 10,5 |
Schleswig-Holstein | 9,8 |
Brandenburg | 8,3 |
Sachsen | 7,8 |
Mecklenburg-Vorpommern | 7,7 |
Thüringen | 7,3 |
Sachsen-Anhalt | 7,2 |
Mehr als die Hälfte aller Anlagen (54,2 Prozent) befindet sich in den einwohnerstärksten Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg mit zusammen mehr als 42 Millionen Einwohnern, wobei auf NRW fast ein Viertel aller Fitnessanlagen entfällt. Von allen Ländern hat Bremen die meisten Kettenbetriebe, Thüringen hat die wenigsten (41,5 vs. 21,0 Prozent). Mikrostudios sind in den drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg am stärksten vertreten. In Thüringen und Bayern ist der Anteil der Einzelanlagen am größten – Freistaaten und ihr Kulturgut sind eine Erklärung hierfür.
Täglich im Sitzen verbrachte Zeit
Neben der sportlichen Aktivität ist auch ein Blick auf die „Nicht-Aktivität“ notwendig. Ein Richtwert hierfür ist die tägliche Zeit, welche die Menschen in Deutschland im Sitzen verbringen. Auch wenn die Zahlen hierfür nicht zu weit auseinandergehen, kann man dennoch festhalten: In Brandenburg verbringen die Menschen im Bundesländer-Vergleich die wenigste Zeit im Sitzen, nämlich 505 Minuten (knapp 8,5 Stunden) täglich an Werktagen.8 In Nordrhein-Westfalen sitzen die Menschen am meisten: 590 Minuten (knapp 10 Stunden) täglich an Werktagen.
Bundesland | Werktags verbrachte Zeit im Sitzen in Minuten |
---|---|
Brandenburg | 505 |
Mecklenburg-Vorpommern/Thüringen | 507 |
Rheinland-Pfalz/ Saarland | 513 |
Sachsen | 526 |
Berlin | 533 |
Sachsen-Anhalt | 534 |
Hamburg | 539 |
Hessen | 543 |
Baden-Württemberg | 553 |
Niedersachsen/ Bremen | 560 |
Schleswig-Holstein | 561 |
Bayern | 566 |
Nordrhein-Westfalen | 590 |
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Das ist das sportlichste Bundesland
Aber welches ist denn nun das sportlichste und welches das vergleichsweise unfitteste Bundesland? Zwar gehen die Ergebnisse in den einzelnen Kategorien teilweise stark auseinander, doch nach der Berechnung mit unserer oben genannten Gewichtung zeigt sich eindeutig: Der Stadtstaat Hamburg ist mit 212 Punkten das sportlichste Bundesland. Auf Platz zwei schafft es Baden-Württemberg (179 Punkte), dahinter reiht sich Bayern ein (163 Punkte). Mit gerade mal 76 Punkten landet Sachsen-Anhalt auf dem letzten Platz. Das komplette Bundesländer-Ranking im Überblick:
Bundesland | Gesamtwertung |
---|---|
Hamburg | 212 |
Baden-Württemberg | 179 |
Bayern | 163 |
Bremen | 159 |
Saarland | 150 |
Hessen | 149 |
Berlin | 132 |
Niedersachsen | 123 |
Sachsen | 119 |
Nordrhein-Westfalen | 115 |
Thüringen | 115 |
Rheinland-Pfalz | 111 |
Brandenburg | 105 |
Mecklenburg-Vorpommern | 104 |
Schleswig-Holstein | 99 |
Sachsen-Anhalt | 76 |
Einschränkungen der Auswertung
Einige Angaben stammen aus verschiedenen Jahren und liegen teilweise mehrere Jahre zurück. Hinzu kommt, dass Krankenkassen nur ihre eigenen Daten als Analyse-Grundlagen nehmen können. Ebenso gibt es nicht zu allen Punkten vollständige Informationen. Daher kann unsere Auswertung nur einen Ausschnitt der Realität abbilden. Aber sie zeigt dennoch spannende Tendenzen zur Fitness in den verschiedenen Gebieten Deutschlands und liefert Hinweise darauf, wie die Bundesländer bei Fitness im Vergleich zueinander abschneiden.9,10,11