8. Mai 2023, 19:35 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Allergien erleben seit vielen Jahren Hochkonjunktur. Juckende Augen oder heftige Niesanfälle sind dabei noch die harmlosesten Symptome. Schlimmer sind Asthma-Anfälle oder Kreislaufprobleme. Da kann die lang geplante Marathon-Teilnahme schon mal ins Wanken geraten. Wie kann es gelingen, trotz Heuschnupfen und umher wehenden Birkenpollen entspannt Sport zu treiben?
Fast jeder dritte Deutsche leidet unter einer Allergie, Tendenz steigend. So hat sich die Anzahl der Allergiker seit 2008 nahezu verdoppelt. Über die Gründe wird spekuliert. Auch der Klimawandel gilt als möglicher Faktor, denn der Pollenflug ist in heißeren Monaten deutlich stärker und beginnt auch immer früher. So können Pollenallergiker ganzjährig unter Allergien leiden, wenn sie gegen verschiedene Allergene wie Baumpollen, Gräserpollen und Kräuterpollen sensibilisiert sind. Baumpollen können schon ab Dezember fliegen und Symptome auslösen. In Großstädten bleiben zudem Ruß- und Feinstaubpartikel auf den Pollen haften, wodurch das Immunsystem zusätzlich gereizt wird. Sportliche Events wie Marathonläufe, aber auch alltägliches Training wie die Joggingrunde oder das Fußballspielen im Park, werden dann schnell zur Qual. Klar, man kann seine sportlichen Aktivitäten vermeiden, wenn mit hoher Pollenbelastung gerechnet werden muss – aber was hilft darüber hinaus, um Allergie und Sport unter einen Hut zu bekommen? FITBOOK klärt alle wichtigen Fragen rund um das Thema.
Übersicht
- Warum entwickeln immer mehr Menschen eine Allergie?
- Typische Symptome
- Ist Sport mit einer Allergie gefährlich?
- Sport und Allergie: Bei welchen Symptomen sollte man zum Arzt?
- Hilft bei Allergien eine Spritze vom Arzt?
- Belastet Sport in der Allergiezeit die Bronchien zu stark?
- Schwächt Sport den Körper zusätzlich, wenn man Antihistaminika einnimmt?
- Hilft Saunieren bei Heuschnupfen?
- Welchen Einfluss hat die Ernährung auf meine Allergie?
- Fazit
Warum entwickeln immer mehr Menschen eine Allergie?
Obwohl junge Erwachsene besonders häufig betroffen sind, können Allergien in jedem Lebensabschnitt entstehen – aber auch wieder verschwinden. „Aktuell beobachten wir, dass viele ältere Menschen plötzlich eine Allergie entwickeln. Als ursächlich werden der westliche Lebensstil und damit unter anderem Ernährungsgewohnheiten und Hygienemaßnahmen angeschuldigt. Welche Faktoren die wichtigste Rolle spielen, ist aber noch nicht abschließend geklärt“, so Prof. Dr. med. Randolf Brehler zu FITBOOK. Er ist leitender Allergologe an der Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Münster.
Typische Symptome
Natürlich zeigt jeder Mensch individuelle Symptome, die auch von der Intensität der Allergie abhängen. Häufige Anzeichen einer Allergie sind:
- eine laufende Nase
- Nasenatmungsbehinderung
- juckende Augen
- Augentränen
- starke Niesattacken
- Atembeschwerden (Luftnot, Husten, Giemen*)
- Müdigkeit
*schrilles Geräusch, das beim Ausatmen hörbar ist und durch verengte Bronchien verursacht wird
Ist Sport mit einer Allergie gefährlich?
Grundsätzlich empfiehlt Brehler Sport auch durchaus bei Allergien. Schließlich beuge das Training nicht nur Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes vor: „Auch die Lunge profitiert davon und eine kräftige Lunge wird besser mit den Symptomen einer Allergie fertig“, erklärt der Allergologe. Ein Aber gibt es aber doch: So müssten Allergiker ihre individuelle Belastungsgrenze kennen und dieser ihr Training entsprechend anpassen.
Beispiel Heuschnupfen: Birkenpollenallergiker, die im Frühjahr draußen Sport treiben, leiden häufig unter starken Beschwerden wie einer laufenden Nase oder sogar Atemnot. Werden diese Symptome nicht frühzeitig oder konsequent behandelt, können chronische Lungenbeschwerden entstehen. Brehler empfiehlt daher, vor dem Sport bronchienerweiternde Medikamente zu inhalieren.
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Sport und Allergie: Bei welchen Symptomen sollte man zum Arzt?
Juckende Augen oder andauerndes Niesen sind zwar nervtötend, aber nicht gefährlich. Diese Symptome können gut mit frei verkäuflichen Arzneimitteln, sogenannten Antihistaminika, behandelt werden. „Bei sehr ausgeprägten Beschwerden wie Atemnot, sollte aber immer ein Allergologe aufgesucht werden“, betont der Facharzt für Allergologie. Der Arzt könne mit einem Hauttest oder einer Blutuntersuchung auslösende Allergene identifizieren und klären, ob eine spezifische Immuntherapie (früher auch Hyposensibilisierung genannt) Linderung verschaffen kann.
Bei einer typischen Pollenallergie können Nasenduschen oder der Verzicht auf Nikotin schon eine Menge bewirken. Auch die Bettwäsche sollte während der Pollenflugzeit möglichst häufig gewechselt werden.
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Hilft bei Allergien eine Spritze vom Arzt?
Und wenn all das nicht hilft? Besonders vor einem Sport-Event oder dem lang ersehnten Urlaub wünschen sich viele Allergie-Geplagte eine schnelle Lösung. Eine Spritze vom Arzt, die die Symptome zuverlässig lindert, ist dann eine mögliche Alternative. Brehler sieht diese Praxis allerdings kritisch: „Diese Kortisonspritzen können erhebliche Nebenwirkungen haben.“ Als Folge der Therapie könne es zu Abszessen kommen. Bei Langzeitbehandlung unter anderem zu einem verstärkten Knochenabbau. „Von intramuskulären Injektionen mit Depot-Kortison-Präparaten muss deshalb strikt abgeraten werden“, warnt Brehler. Falls unbedingt nötig, sind laut dem Experten Kortikosteroid-Tabletten vorzuziehen, „welche dann über einen kurzen Zeitraum eingenommen werden“.
Belastet Sport in der Allergiezeit die Bronchien zu stark?
Bei Asthmatikern kann Anstrengung einen akuten Asthmaanfall auslösen. Deswegen ist laut Brehler die Verwendung bronchialerweiternder (und gegebenenfalls entzündungshemmender) Medikamente vor dem Sport wichtig.
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Schwächt Sport den Körper zusätzlich, wenn man Antihistaminika einnimmt?
Laut dem Experten schwächt die Einnahme von Antihistaminika den Körper nicht. Bei Heuschnupfenbeschwerden sollten solche symptomatisch wirkenden Medikamente „möglichst regelmäßig eingenommen bzw. angewendet werden“.
Hilft Saunieren bei Heuschnupfen?
Bei akuten Heuschnupfenbeschwerden und insbesondere bei Asthma kann Hitze ungünstig sein, so Brehler. „Sonst spricht nichts gegen den Saunabesuch.“
Welchen Einfluss hat die Ernährung auf meine Allergie?
Wer Walnüsse, Milchprodukte oder bestimmte Früchte nicht verträgt, hat häufig eine Lebensmittelallergie. Ein nervöser Magen, Übelkeit und Durchfall sind mögliche Folgen, die sportliches Training dann unmöglich machen. Besonders bei der sogenannten Wheat-Dependent Exercise-Induced Anaphylaxis (WDEIA) ist Vorsicht angebracht, hierbei handelt es sich um eine Allergie gegen ein bestimmtes Weizenprotein. Sportler mit dieser Allergie, die innerhalb von rund zwei Stunden nach dem Verzehr weizenhaltiger Lebensmittel trainieren, müssen laut Brehler mit Quaddelbildung, Luftnot und Kreislaufproblemen rechnen.
Früher wurde angenommen, dass der Verzicht auf Fisch oder Erdnüsse Allergien verhindert. Das sei so nicht mehr gültig. Brehler: „Heute weiß man, dass sich das Immunsystem mit diesen Allergenen auseinandersetzen muss, um so eine Toleranz zu entwickeln.“
Begonnen werden sollte damit idealerweise bereits nach dem vollendeten 4. Lebensmonat. „Säuglinge sollten die ersten vier Monate voll gestillt und dann über die Beikost möglichst viele verschiedene Lebensmittel zu sich nehmen. So kann der Entstehung von Allergien frühzeitig vorgebeugt werden“, erklärt der Allergologe Brehler gegenüber FITBOOK.
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Fazit
Wer seinen Körper kennt, Belastungsgrenzen realistisch einschätzen kann und sich von einem kompetenten Allergologen beraten lässt, kann seine Allergie gut in den Griff bekommen. Und natürlich hilft es, den Pollenflugkalender im Auge zu behalten und sportliche Aktivitäten in Phasen mit geringem Pollenflug zu legen. Im Zweifelsfall rät der Allergologe des Uniklinikums Münster dazu, schnell wirkende Medikamente mitzunehmen, um sich für einen Notfall abzusichern (welche, siehe weiter oben). Dann macht auch der Sport wieder Spaß.