
1. November 2022, 21:35 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Keine Zeit ist ab sofort keine Ausrede mehr. Denn wie eine Studie herausfand, haben schon kurze Sporteinheiten einen deutlichen Effekt auf das Erkrankungs- und Sterberisiko und damit auf die Lebenserwartung.
150 Minuten sollte man sich in der Woche sportlich betätigen, doch nicht selten scheitert regelmäßiges Training am stressigen Alltag.1 Statt es dann frustriert komplett zu lassen, könnten Mikro-Workouts eine Lösung sein. Denn wie eine Studie der University of Sydney aufzeigt, können bereits wenige Minuten intensiver Sport am Tag das Leben verlängern.
Übersicht
Ablauf der Studie aus Sydney
Für ihre Studie stützten sich die Wissenschaftler auf Daten von 71.893 Personen aus der UK Biobank. Die Probanden waren durchschnittlich 62,5 Jahre (die Spanne reichte von 40-Jährigen bis zu 69-Jährigen) und litten zu Beginn der Studie weder an einer Herz-Kreislauf- noch an einer Krebserkrankung. Um zu messen, wie lange und wie häufig sie sich intensiv bewegten, trugen sie über einen Zeitraum von sieben Tagen einen Fitness-Tracker am Handgelenk. So ermittelten die Forscher das Maß an intensiver Bewegung an einem Tag und im Verlauf einer Woche. Die Intensität der körperlichen Aktivität wurde mit einem validierten, auf dem Beschleunigungsmesser des Trackers basierenden maschinellen Lernverfahren klassifiziert, das starke körperliche Aktivität, mäßig intensive körperliche Aktivität und leicht intensive körperliche Aktivität umfasst.
Der Nachuntersuchungszeitraum betrug durchschnittlich 6,9 Jahre. In dieser Zeit beobachteten die Wissenschaftler das Auftreten von Herzerkrankungen und Krebsfällen und von Todesfällen aufgrund dieser Krankheiten. Unter Berücksichtigung anderer Risikofaktoren analysierten die Forscher den Zusammenhang zwischen intensiven Trainingsessions und Lebenserwartung.2
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Wie viel Sport in der Woche hat lebensverlängernden Effekt?
Die Analyse der Daten brachte einige spannende Erkenntnisse. So zeigte sich zum einen, dass bereits geringe Mengen Sport in einer Woche einen Effekt auf die Lebenserwartung zu haben scheinen. Studienteilnehmer, die sich nicht sportlich betätigten, hatten ein Risiko von vier Prozent, innerhalb von fünf Jahren zu sterben. Schon weniger als zehn Minuten körperlicher Aktivität pro Woche konnte das Sterberisiko halbieren (auf zwei Prozent). Bei 60 Minuten Sport in der Woche sank das Risiko auf ein Prozent.
Die kürzeste Dauer an intensiver Bewegung innerhalb des Untersuchungszeitraums von sieben Tagen, die mittels Tracker erfasst wurde, betrug zwei Minuten. Diese zwei Minuten nahmen die Wissenschaftler als Vergleichswert, um zu ermitteln, wie sich mehr Sport in der Woche auf Erkrankungs- und Sterberisiko auswirkt. Das Ergebnis: Wer sich 15 Minuten pro Woche intensiv bewegte, hatte im Vergleich zu den „Zwei-Minuten-Sportlern“ ein um 18 Prozent geringeres Risiko, zu sterben und eine um 15 Prozent geringere Wahrscheinlichkeit, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln. Um das Risiko für Krebs deutlich zu senken – nämlich um 17 Prozent – reichten zwölf Minuten Sport pro Woche aus. Weitere Verbesserungen wurden bei mehr Minuten intensiver Aktivität beobachtet. So waren etwa 53 Minuten pro Woche mit einem um 36 Prozent geringeren Sterberisiko jeglicher Ursache verbunden.
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Schon kurze Sporteinheiten reichen aus
Die Menge Sport pro Woche kann laut der Studie ruhig in kleine tägliche Portionen aufgeteilt werden. Schon tägliche Mikro-Workouts von zwei Minuten bringen viel. Die Analyse der australischen Forscher ergab nämlich, dass vier kurze (bis zu zwei Minuten) Einheiten intensiver Bewegung pro Tag das Sterberisiko um 27 Prozent reduzierte.
„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass wir länger leben können, wenn wir uns während der Woche in kurzen Zeitabschnitten intensiv bewegen“, fasste Studienautor Dr. Matthew N. Ahmadi die Studienerkenntnisse in einer Mitteilung zusammen.3 „In Anbetracht der Tatsache, dass Zeitmangel das am häufigsten genannte Hindernis für regelmäßige körperliche Aktivität ist, könnte es für viel beschäftigte Menschen eine besonders attraktive Option sein, im Verlauf eines Tages verteilt kleine spontane Sporteinheiten einzubauen.“
Auf die Intensität des Trainings kommt es an
Dass nicht nur Dauer und Häufigkeit, sondern insbesondere auch die Intensität des Trainings eine entscheidende Rolle spielt, konnte eine weitere aktuelle Studie belegen. Das Forschungsprojekt aus England befasste sich mit der Wirkung von Sport auf die Herzgesundheit.
Auch in dieser Studie wurden Biobank-Daten von 40- bis 69-jährigen Personen, die eine Woche lang Fitness-Tracker getragen hatten, ausgewertet. Alle 88.412 berücksichtigten Probanden waren zu Beginn der Datenermittlung frei von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Anhand der Daten analysierten die Forscher den Zusammenhang zwischen Umfang und Intensität der körperlichen Aktivität und dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das Ergebnis: Sowohl mehr Sport als auch eine höhere Intensität waren mit einer geringen Erkrankungsrate verbunden. Noch stärker war der Effekt jedoch, wenn bei gleichem Trainingsumfang die Intensität gesteigert wurde. So war die Rate der Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 14 Prozent niedriger, wenn der Anteil der mäßigen bis intensiven Bewegung am gesamten Trainingsumfang 20 Prozent statt zehn Prozent betrug. Dies entspricht der Umwandlung eines 14-minütigen Spaziergangs in einen zügigen 7-minütigen Gang.4

Ideal fürs Herz: Mehr und intensiver trainieren
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Erhöhung des Gesamtvolumens der körperlichen Aktivität nicht der einzige Weg ist, um die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern“, erklärte Studienleiter Paddy C. Dempsey, University of Leicester. „Auch die Erhöhung der Intensität war besonders wichtig, während eine Erhöhung beider Faktoren optimal war. Dies deutet darauf hin, dass eine Erhöhung der Intensität von Aktivitäten, die man bereits ausübt, gut für die Herzgesundheit ist. Zum Beispiel, indem man das Tempo auf dem täglichen Weg zur Bushaltestelle erhöht oder die Hausarbeit schneller erledigt.“

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Quellen
- 1. World Health Organization. Physical activity. (aufgerufen am 1.11.2022)
- 2. Ahmadi, M.N., Clare, P.J., Katzmarzyk et al. (2022). Vigorous physical activity, incident heart disease, and cancer: how little is enough? European Heart Journal.
- 3. European Society of Cardiology. Short bursts of vigorous activity linked with increased longevity. EurekAlert! (aufgerufen am 1.11.2022)
- 4. Dempsey, P.C., Rowlands, A.V., et al. (2022). Physical Activity Volume, Intensity and Incident Cardiovascular Disease. European Heart Journal.