18. Oktober 2018, 12:02 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Mit einer Sportuhr lässt sich das Training optimieren. Die Herzfrequenz ist dabei ein wichtiger Indikator für Trainingsintensität und eigene Fitness. Doch die angezeigten Werte weichen – je nach Messtechnik – ordentlich voneinander ab, wie ein Test der FITBOOK-Redaktion zeigt. Ein Experten sagt, warum Handgelenkssensoren manchmal totalen Quatsch messen – für welche Aktivitäten sie geeignet sind und wer besser zum Brustgurt greifen sollte.
Der Puls (gemeint sind die Herzschläge pro Minute, auch Herzfrequenz genannt) gibt Aufschluss darüber, wie stark das Herzkreislaufsystem arbeitet. Bei einer durchschnittlich trainierten Person schlägt das Herz etwa 60 Mal pro Minute. Steigt die Belastung, pumpt das Herz stärker und häufiger, um den Körper weiterhin ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.
Beim Sport hat die Herzfrequenzmessung eine besondere Bedeutung: unterschiedlich hohe Pulswerte stehen nämlich für unterschiedliche Trainingseffekte. Leistungssportler in Ausdauersportarten setzen solche Messungen daher regelmäßig zur Trainingssteuerung ein, um die Belastung der Zielsetzung anzupassen.
Frauen: Maximalpuls = 226 − 1,0 × Lebensalter (in Jahren) Männer: Maximalpuls = 223 − 0,9 × Lebensalter (in Jahren) “– So ermitteln Sie Ihren Maximalpuls
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Wie funktioniert die Pulsmessung am Handgelenk?
Immer mehr Sportuhren und Fitnesstracker haben einen integrierten Sensor, der die Herzfrequenz am Handgelenk misst. Eigentlich eine coole Sache, da man dadurch jederzeit Daten zur eigenen Fitness erhält, ohne dafür extra einen unbequemen Pulsgurt um die Brust tragen zu müssen. Doch was steckt hinter dieser Technologie und wie genau sind solche Messungen überhaupt? Genau das haben wir Prof. Billy Sperlich vom Würzburger Institut für Sportwissenschaften gefragt.
Gegenüber FITBOOK erklärte er, dass die meisten Geräte mit mehreren optischen LED-Sensoren arbeiten. Auf der Rückseite der Armbänder und Uhren wird grünes Licht auf das Handgelenk gestrahlt. Je nach Volumen Bluts wird es unterschiedlich schnell reflektiert, von den optischen Sensoren der Uhr erfasst und mithilfe von mathematischen Algorithmen in den angezeigten Pulswert umgerechnet.
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Bei welchen Aktivitäten liefern Handgelenkssensoren verlässliche Ergebnisse?
Der Einschätzung des Sportwissenschaftlers zu Folge war diese Technologie bis vor wenigen Jahren noch unausgereift und entsprechend ungenau. Mittlerweile aber würden hochwertige Hersteller wie Garmin oder Polar relativ genaue Werte liefern – zumindest bei den meisten sportlichen Belastungen. Sperlich: „Die optische Herzfrequenzmessung funktioniert im Alltag und bei leichten bis mittelhohen sportlichen Belastungen, wie etwa beim Lauftraining oder Radfahren, schon ziemlich gut.“
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Können Tattoos oder Muttermale die Messung verfälschen?
Ja! Auch äußerliche Veränderungen der Hautoberfläche – wie Tattoos oder Muttermale auf dem Handgelenk – können die Messergebnisse verfälschen! Insbesondere dunkle Tattoos schlucken das Licht vom Sensor und die Technik denkt dann, die Uhr würde nicht eng genug getragen. Pro-Tipp für Tattoo-Träger: Probieren Sie die Uhr im Laden aus, bevor Sie sie kaufen.
Bei welchem Sport taugt die Technologie eher nicht?
Störungsanfällig sei die Technologie bei Nässe, extremer Kälte sowie Aktivitäten mit viel Armbewegungen und/oder Anspannung des Unterarms, wie beispielsweise beim Tennis, Rudern oder Fitnesstraining sowie bei hoch intensivem Intervalltraining (HIIT). Warum ist das so? Unser Experte erklärt: „Die meisten Handgelenkssensoren messen den Puls leicht zeitversetzt. Bei kurzer Belastungsdauer hat der Sensor häufig nicht genügend Zeit, die Herzfrequenz genau zu ermitteln.“ In diesen Fällen rät Sperlich ambitionierten Freizeitsportlern zum Einsatz eines Brustgurts.
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Der FITBOOK-Test: Brustgurt vs. Handgelenkssensor
Genau hier setzt unser kleiner Praxistest an: FITBOOK wollte wissen, ob und wie weit die Messergebnisse von Brustgurt und Pulsuhr bei der Herzfrequenz- und Kalorienmessung voneinander abweichen. Zu diesem Zweck absolvierten zwei Redakteure je ein kurzes, hoch intensive Workout. Einmal trugen sie dabei einen Brustgurt, einmal eine Sportuhr, die den Puls mittels LED-Sensor am Handgelenk misst: Zum Einsatz kam die Garmin Vivoactive HR, die man dem mittlerem Preissegment der Pulsuhren zuordnen kann.
Um sicherzugehen, dass die Messergebnisse nicht durch eine mögliche Vorerschöpfung beeinflusst werden, durften sich unsere Redakteure zwischen den beiden Fitness-Einheiten mehrere Minuten erholen.
Messergebnis Testperson A
Absolviert wurde ein Workout bestehend aus zwei Runden à 10 Ausfallschritte pro Bein, 10 Liegestütze, 10 Box-Jumps (1x mit Brustgurt, 1x mit Pulsuhr).
Messergebnis Testperson B
Absolviert wurde ein Workout bestehend aus zwei Runden à 10 Kniebeugen, 10 Burpees, 10 Sit-ups (1x mit Brustgurt, 1x mit Pulsuhr).
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Fazit des FITBOOK-Tests
➡️ Auffällig ist, dass sich die Messergebnisse in beiden Fällen stark unterscheiden – und zwar nicht nur bei der Herzfrequenz, sondern, insbesondere bei Testperson B, gravierend auch beim Kalorienverbrauch.
➡️ Testperson B zeigte die Pulsuhr einen Kalorienverbrauch von nur 8 kcal an, obwohl er sichtlich außer Atem war. Beim Durchgang mit dem Brustgurt wurden stolze 34 kcal angezeigt. Schon ein krasser Unterschied!
➡️ Damit deckt sich unser Ergebnis mit der Einschätzung des Experten: Bei hoch intensiven Trainings mit viel Armbewegung stoßen Handgelenkssensoren an ihre Grenzen und messen entsprechend ungenau.
➡️ Allerdings sollte man bei dieser Einschätzung bedenken, dass die beim Test eingesetzte Garmin Vivoactive HR schon zweieinhalb Jahre alt ist. Neuere Uhren kommen eventuell zu verlässlicheren Ergebnissen – schließlich versuchen die Hersteller kontinuierlich, die Algorithmen und Sensortechnologie zu verbessern.
Worauf sollte man beim Tragen des Handgelenkssensors achten?
Um trotz Störanfälligkeit dennoch das Maximum aus ihrer Sensor-Uhr herauszuholen, sollten Sie folgende Empfehlungen beachten:
➡️ Richtige Handgelenksposition: Der Sensor sollte während des Trainings circa zwei Finger breit über dem Handgelenk sitzen. An dieser Stelle ist der Blutfluss optimal, der Sensor kann besser arbeiten.
➡️ Das Armband sollte fest am Handgelenk sitzen: Für genaue Messwerte sollte das Armband konstanten Kontakt zur Hautoberfläche haben. Allerdings darf das Band auch nicht zu fest gebunden werden, denn das beeinträchtigt die Blutzirkulation und dadurch auch die Pulsangaben!
➡️ Funktion schon beim Warm-up einschalten: Es dauert einige Minuten, bis der Puls durch die Sensoren am Handgelenk erfasst wird. Daher empfiehlt es sich, die Funktion schon beim Aufwärmen einzuschalten. So erreichen Sie, dass sich die Messung zum Trainingsbeginn eingependelt hat.
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Fazit und Empfehlung
Beide Varianten der Herzfrequenzmessung haben Vor- und Nachteile. Smart-Watches und Sportuhren mit LED-Sensoren sind in erster Linie bequemer und praktischer. Mittlerweile liefert die Pulsmessung am Handgelenk zumindest beim Laufen und Radfahren durchaus genaue Werte. Bei abwechselnd intensiven und ruhigen Aktivitätsphasen stößt die optische Messung allerdings schnell an ihre Grenzen. Gleiches gilt für Sportarten, bei denen die Uhr leicht verrutschen kann.
Wer Sportarten wie CrossFit, Tennis oder Rudern betreibt, sollte lieber auf einen Brustgurt setzen. Wer hingegen nur Joggen geht und es mit der Genauigkeit der Herzfrequenz nicht ganz so genau nimmt, der kann mit gutem Gewissen auf die Sensor-Technologie setzen.
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Ausblick
Die Apple Watch 4 verspricht eine neue und vielleicht sogar revolutionierende Technologie. Statt eines bildlichen kommt hier ein elektronischer Sensor zum Einsatz. Dieser soll die Herzfrequenz nicht nur genauer messen, sondern sogar ein Herz-EKG aufzeichnen können, wodurch die Uhr angeblich vor einem Herzinfarkt warnen kann. Wie genau diese Messmethode ist und was Mediziner zu den Versprechungen sagen, bleibt im Moment noch abzuwarten. Bis dahin ist wohl eine gesunde Portion Skepsis angesagt.