27. Januar 2025, 13:18 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Regelmäßige Bewegung mit der Familie kann für Jugendliche weit mehr als nur körperliche Fitness bedeuten. Eine neue Studie zeigt, dass gemeinsame körperliche Aktivitäten mit Eltern das Sportverhalten und die Gesundheit beeinflussen können. FITBOOK-Fitnessredakteurin Janine Riedle geht auf die Untersuchungen genauer ein.
Kindheit und Jugend sind prägende Phasen, in denen die Grundlage für eine lebenslange Gesundheit gelegt wird. Doch weltweit leidet etwa jeder siebte Jugendliche an psychischen Problemen wie Angststörungen oder Depressionen. Dies wirkt sich negativ auf schulische Leistungen, soziale Beziehungen und, in schweren Fällen, auf das Leben selbst aus. Während körperliche Aktivität nachweislich die mentale Gesundheit verbessert, erreichen nur 81 Prozent der Jugendlichen weltweit die von der WHO empfohlene tägliche Bewegungszeit von 60 Minuten.1,2 Gleichzeitig verbringen viele Jugendliche mehr Zeit vor Bildschirmen als empfohlen. Das zusammengenommen kann das Wohlbefinden stark beeinflussen. Eine aktuelle Studie untersuchte den Einfluss von körperlich aktiven Eltern auf das Bewegungs- und Bildschirmverhalten sowie die psychische Gesundheit von Jugendlichen in Kanada.
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Übersicht
Hintergrund der Studie
Die Studie zielte darauf ab, die Auswirkung von gemeinsamer Familienaktivität, der Einhaltung der Bewegungsempfehlung und Bildschirmzeit auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen zu untersuchen. Als Bewegungsempfehlung definierte man mindestens 60 Minuten moderate bis intensive körperliche Aktivität pro Tag. Bei der Bildschirmzeit legte man als „gesunden Rahmen“ maximal zwei Stunden Freizeit-Bildschirmzeit pro Tag fest. Bisherige Forschungen haben gezeigt, dass Eltern als Vorbilder oder Unterstützer die Aktivität ihrer Kinder positiv beeinflussen können. Es gab jedoch wenige Untersuchungen, die speziell die aktive Beteiligung der Eltern und deren Auswirkungen auf das Wohlbefinden und Verhalten der Jugendlichen analysierten. Ziel der Studie war es daher, diese Wissenslücke zu schließen.
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Abfrage der körperlichen Aktivität
Die Wissenschaftler nutzten für ihre Studie Daten aus der „Canadian Health Survey on Children and Youth“-Querschnittsstudie aus dem Jahr 2019. Diese wertete Daten von Kindern und Jugendlichen im Alter von einem Jahr bis 17 Jahren aus. Da allerdings nur den Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren die Fragen gestellt wurde, wie häufig sie gemeinsam mit ihren Eltern Sport treiben, fokussierten sich die Forscher der aktuellen Studie auf diese Zielgruppe.3 Diese umfasste nur Teilnehmer, die nicht in Reservaten, indigenen Siedlungen, Pflegefamilien oder Kinderheimen lebten. Die Jugendlichen konnten mit folgenden Antwortmöglichkeiten auf die Frage eingehen, wie oft sie körperlich mit ihren Eltern aktiv werden:
- Täglich
- Wöchentlich
- Monatlich
- Ein paar Mal im Jahr
- Nie
Die Forscher erfassten auch die durchschnittliche tägliche körperliche Aktivität und Bildschirmzeit sowie Indikatoren für mentale Gesundheit einschließlich der wahrgenommenen Lebenszufriedenheit, Stresslevel und Symptome von Angst oder Depression. Die Daten wurden unter Berücksichtigung von Alters-, Geschlechts- und sozioökonomischen Unterschieden sowie mithilfe statistischer Gewichtung analysiert, um repräsentative Ergebnisse für Kanada zu gewährleisten. Insgesamt ergab sich eine Stichprobengröße von 8213 Jugendlichen.
Körperlich aktive Eltern beeinflussen Jugendliche
Die Ergebnisse zeigen eine klare Verbindung zwischen der Häufigkeit gemeinsamer Familienaktivitäten und den Gesundheitsparametern der Jugendlichen. Jugendliche, die regelmäßig mit ihrer Familie aktiv waren, hatten:
- Mehr Bewegung: Nur 11,4 Prozent der Jugendlichen erreichten die Bewegungsziele. Dieser Anteil war jedoch signifikant höher bei Familien, die häufig gemeinsam aktiv waren.
- Weniger Bildschirmzeit: 56,3 Prozent der Jugendlichen hielten die empfohlene Bildschirmzeit ein, wobei die Einhaltung mit zunehmender Familienaktivität stieg.
- Bessere mentale Gesundheit: Jugendliche, die häufig mit ihrer Familie aktiv waren, berichteten häufiger von einer hohen Lebenszufriedenheit (45,4 Prozent), geringem Stress (79,4 Prozent) und weniger Symptomen von Angst (69,3 Prozent) oder Depression (84,7 Prozent).
Die Studie stellte zudem geschlechtsspezifische Unterschiede fest: Jungen erfüllten häufiger die Bewegungsziele, während Mädchen stärker von reduzierten Angst- und Depressionssymptomen profitierten.
Einbindung der Familie in Bewegungsprogramme
Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, Familien in Bewegungsprogramme einzubeziehen. Familienaktivitäten scheinen nicht nur die körperliche Aktivität der Jugendlichen zu steigern, sondern auch ihre mentale Gesundheit zu fördern. Die aktive Teilnahme der Eltern kann das Selbstbewusstsein der Jugendlichen stärken, soziale Bindungen vertiefen und stressreduzierend wirken. Zudem bietet das gemeinsame Sporttreiben eine sinnvolle Alternative zur Bildschirmzeit und fördert gesunde Routinen. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede zeigen, dass Programme speziell auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Jungen und Mädchen zugeschnitten werden sollten.
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Einordnung der Studie
Die Studie mit ihrer großen Stichprobe zeigt, dass sportlich aktive Eltern ihre jüngeren und jugendlichen Kinder durchaus beeinflussen können. Jedoch stammen die Daten lediglich von Kindern und Jugendlichen aus Kanada – die geografische Einschränkung könnte bedeuten, dass die Ergebnisse womöglich nicht für andere Länder repräsentativ sind. Da es sich auch nur um eine Abfrage basierend auf Selbstauskünften handelt, könnten die Angaben möglicherweise verzerrt sein. Auch werden durch den reinen Umfragecharakter die kausalen Zusammenhänge nicht klar. Ein weiterer Kritikpunkt: Faktoren, wie die mentale Gesundheit der Eltern oder familiäre Strukturen, könnten das Verhalten der Jugendlichen beeinflussen – allerdings berücksichtigte man dies nicht in der Analyse.