11. Februar 2022, 17:05 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Shaun White ist der wohl beste Snowboarder aller Zeiten. Nun beendete der 35-Jährige seine Karriere bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking – ohne eine letzte Medaille zu holen. Der Abschied geriet dennoch überraschend emotional. Viele fragen sich aber auch: Wie schaffte er es nur, 20 Jahre lang zu den Besten zu gehören und den Extremsport zu prägen wie kein anderer? In einem Interview verriet seine Physiotherapeutin Dr. Esther Lee das Erfolgsgeheimnis von Shaun White.
Mit 35 Jahren geht den Snowboard-Superstar Shaun White in den Ruhestand. Zumindest sportlich gesehen. Denn insbesondere aus der Sicht seiner meist blutjungen Mitbewerber dürfte er als Oldie gelten. Und dennoch hat er es geschafft, unfassbare 20 Jahre lang zur Top-Elite des Extremsports dazuzugehören. Er gewann dreimal Gold bei Olympia und fünfzehnmal Gold bei den X-Games. Dabei wurde seine Karriere immer wieder von Horrorstürzen begleitet, wie 2017 in Neuseeland, als er mit dem Gesicht auf der Kante einer Halfpipe aufschlug. Mit 62 Stichen mussten die Wunden genäht werden. Doch wie schafft man es so lange zu den besten Snowboardern der Welt zu zählen? Nun gab Shaun Whites Physiotherapeutin in einem Interview mit dem amerikanischen „People Magazin“ sein Erfolgsgeheimnis preis.
Übersicht
„Ich denke, was wahre Sieger ausmacht, ist das Mentale“
Dr. Esther Lee ist nicht nur die Physiotherapeutin, sondern auch enge Vertraute von Shaun White. „Das könnte seine Bestform seit Jahren sein“, sagte sie dem US-Magazin. Dies ist erstaunlich, bedenkt man die 20 Jahre währende Karriere des Extremsportlers. „Es ist faszinierend, dass er vor dem Ruhestand steht und sich immer noch großartig fühlt“, fügte sie hinzu. Doch es sind offenbar nicht nur Talent und Physis, die bei Shaun White für den Erfolg der letzten Jahre ausschlaggebend waren. „Ich denke, was wahre Sieger ausmacht, ist das Mentale“, erklärt Dr. Lee.
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Achtsamer Umgang mit dem Körper
Und sie muss es wissen. Sie hat nicht nur Shaun White über sieben Jahre professionell betreut und mit ihm sogar während seiner Vorbereitung für Olympia 2022 mehrere Monate lang zusammengelebt. Lee reiste zuvor über mehrere Jahre auch mit den Tennis-Größen Venus und Serena Williams, um sie zu bei ihren Erfolgen zu unterstützen. Um mentale Stärke aufzubauen, sei insbesondere die Erholung wichtig – sowohl mental als auch körperlich. „Die meisten Menschen glauben, dass erfolgreiche Athleten hart trainieren, stark sind und sich selbst stets antreiben, aber das ist nur die halbe Wahrheit“, erklärt Dr. Lee dem „People“-Magazin. Die andere Hälfte des Erfolgs sei die Erholung und ein achtsamer Umgang mit seinem Körper. Und genau das sei die Aufgabe des Physiotherapeuten, auf die Gesundheit des Athleten zu achten.
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Viel Ruhe, Eisbäder und mentale Streicheleinheiten
Bei Shaun White beginnt die Regeneration, sobald er runter vom Berg ist. Laut Lee gehörten dazu nicht nur viel Ruhe, sondern auch zum Beispiel nächtliche Eisbäder. Lees Anspruch sei es, alle Verspannungen im Körper zu lösen, damit er den hohen Anforderungen am Berg standhalten kann und sich keine Verletzungen holt. Auch wenn ein Physiotherapeut keine Stürze wie den in Neuseeland oder kürzlich bei Olympia vorbeugen kann, so kann er zumindest den Körper bestmöglich darauf vorbereiten. Und so hat es Shaun White geschafft, mehr als 20 Jahre nicht nur Bestleistungen zu erbringen, sondern sich auch von schweren Stürzen zu erholen.
Nicht zuletzt sei es wichtig, sich emotional zu stützen und zu stärken. Denn auch mentale Streicheleinheiten sind wichtig für Körper und Geist – und damit auch für den Erfolg eines Athleten. So gehören Umarmungen vor und nach einem Wettkampf sowie Motivation und Zuspruch in den Ruhephasen in Form von beispielsweise Nachrichten ebenfalls zu der Routine zwischen Dr. Lee und Shaun White.
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White: „Du warst die Liebe meines Lebens“
Ungewohnt emotional gab sich der coole Extremsportler beim Abschied in Peking. Tränenreich verabschiedete er sich nach seinem letzten Halfpipe-Lauf bei Olympia in die Kameras mit den Worten: „Vielen Dank, Snowboarden. Du warst die Liebe meines Lebens“. Er gehe in Frieden, sagte White zu seinem Karriereende. Man darf nun gespannt sein, wie das zweite Leben des Shaun White im Ruhestand aussehen wird.