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„Reps in Reserve“

Warum Sie beim Krafttraining auf diese Methode setzen sollten

Mann mit freiem Oberkörper beim Hanteltraining mit Reps in Reserve (RiR)
Beim Krafttraining gibt es zahlreiche Methoden – Reps in Reserve sind ein subjektives Maß, um die Intensität zu steuern Foto: Getty Images / Constantinis
Nuno Alves
Chefredakteur

21. Mai 2024, 20:02 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Ziel beim Krafttraining ist, die Muskeln ausreichend zu stimulieren, um eine Anpassung im Sinne von mehr Kraft, Ausdauer und Größe zu erreichen. Eine der Herausforderungen dabei: Trainingsplateaus vermeiden bzw. überwinden. Hierfür gibt es eine ganze Reihe an Strategien. Eine davon nennt sich „Reps in Reserve“, kurz: RiR. FITBOOK-Redakteur Nuno Alves erklärt, was sich dahinter verbirgt und welche Vorteile die Methode bietet.

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Fitnessprofessor Stephan Geisler
Auf fachliche Richtigkeit geprüft von Sportwissenschaftler

Wer beim Krafttraining Fortschritte machen möchte, muss die Muskulatur ausreichend fordern und streng genommen sogar: überfordern. Allerdings orientieren sich Hobby-Sportler häufig nur an starren Wiederholungszahlen und lassen einen wesentlichen Faktor außer Acht: die Intensität. Hier setzen Strategien an, die die subjektive Wahrnehmung als Maß nehmen, um die Belastung einzuschätzen. „Reps in Reserve“ (eigentlich: Repetitions in Reserve), zu Deutsch: Wiederholungen in Reserve oder Wiederholungsreserve, ist eine solche Methode. Mit der Methode lässt sich die Trainingsintensität individuell anpassen und so – bei ausreichend Erfahrung – ein Über- oder Untertraining vermeiden.

Definition von „Reps in Reserve“

RiR beschreibt die Anzahl der Wiederholungen einer Übung, die jemand am Ende eines Satzes theoretisch noch durchführen könnte, bevor das Muskelversagen erreicht wird. Dies wird häufig als Punkt definiert, an dem keine weitere Wiederholung mit sauberer Technik mehr möglich wäre.

Beispiel: Wer bei Liegestützen noch fünf „Reps in Reserve“ hat, könnte demnach noch fünf weitere Wiederholungen machen, bevor der technische Ermüdungspunkt erreicht ist. Null Wiederholungen in Reserve wären de facto mit dem Muskelversagen gleichzusetzen. Tatsächlich wäre dieses aber erst mit dem Versuch einer weiteren Wiederholung erreicht.

Die Vorteile von RiR

Bei „Reps in Reserve“ handelt es sich, wie eingangs bereits erwähnt, um ein subjektives Maß zur Steuerung der Trainingsintensität. Statt an einer vorher definierten Zahl an Wiederholungen orientiert man sich am Grad der Erschöpfung. Dabei lässt man immer einige Wiederholungen „in Reserve“. Diese Herangehensweise bietet eine ganze Reihe an Vorteilen, die teils ineinandergreifen.

  1. Kontinuierliche Fortschritte: Die Anwendung der Methode hilft dabei, Plateaus zu überwinden. Außerdem ermöglicht sie eine stetige Steigerung beim Training und somit Fortschritte bei Kraft, Ausdauer und Muskelaufbau. Dieses auch als Progressive Overload bekannte Prinzip stellt für viele Hobby-Kraftsportler eine große Herausforderung dar.
  2. Geringere wahrgenommene Anstrengung: Laut einer Studie gewährleistet ein Training nach dem RiR-Prinzip eine „bessere Aufrechterhaltung der Belastung über mehrere Sätze hinweg bei geringerer wahrgenommener Anstrengung und höherer Durchschnittsgeschwindigkeit“.1 Dies ermöglicht eine effiziente Trainingsgestaltung, bei der die Ermüdung kontrolliert und ein höheres Trainingsvolumen erreicht wird, ohne die Intensität zu verringern.
  3. Reduzierung des Risikos von Übertraining und Verletzungen: Indem man bestenfalls noch Kraft für eine gewisse Zahl an weiteren Reps hat, vermeidet man das Risiko, die Muskeln durch zu intensive Sets bis zum absoluten Versagen zu sehr zu beanspruchen. Dies beugt Übertraining und Verletzungen vor.
  4. Anpassung an Tagesform: Die Steuerung der Trainingsintensität anhand der subjektiven Wahrnehmung integriert automatisch auch die tagesabhängige Form bzw. das Energielevel. Das umfasst auch Faktoren wie Ernährung, Schlaf und Stress.

Anwendung von RiR im Trainingsalltag

Um „Reps in Reserve“ effektiv zu nutzen, ist es wichtig, das eigene Körpergefühl zu schulen. Während erfahrene Kraftsportler die verbleibenden Wiederholungen bis zum Muskelversagen meist sehr gut einschätzen können, kann es für Einsteiger eine Herausforderung sein. Hier gilt: Ausprobieren und sich herantasten.

Bei Klimmzügen kann man sich zum Beispiel eine bestimmte Wiederholungszahl vornehmen und dokumentiert anschließend die persönliche Einschätzung, wie viele Reps man noch „in Reserve“ hätte. Nach einer angemessenen Pause überprüft man dann, ob diese Einschätzung zutrifft. Bei Übungen, bei denen ein hohes Risiko für Verletzungen besteht – etwa Back Squats oder Bench Presses – sollte man mit einem Partner arbeiten, der absichert (Spotter).

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Dieser Prozess ist hilfreich, um ein Gespür für verschiedene Intensitätsstufen zu entwickeln, von leichten Sätzen mit vier bis sechs „Reps in Reserve“ bis hin zu Sätzen, bei denen man im Bereich von drei bis einer Wiederholung in Reserve trainiert und damit fast an seine Grenzen geht.

Im Zweifel ist es ratsam, etwas zurückhaltender zu sein und lieber eine Wiederholung zu viel „in Reserve“ zu lassen. Mit zunehmender Erfahrung und besserem Körpergefühl kann die RiR-Zahl dann sukzessive reduziert bzw. an das jeweilige Trainingsziel angepasst werden.

Welche Anzahl an „Reps in Reserve“ ist ideal?

Die Wahl des RiR-Bereichs, in dem man trainieren sollte, hängt vom jeweiligen Ziel ab und berücksichtigt auch Faktoren wie das Gesamttrainingsvolumen beim jeweiligen Muskel in Form der Zahl der Wiederholungen sowie die Pausendauer zwischen den Sätzen. Helms et al. arbeiteten in ihrer Untersuchung folgende Empfehlungen heraus2:

Hypertrophie

  • RiR: 0 bis 2, bei den Grundübungen 2 bis 4
  • Wiederholungsbereich: 6 bis 12
  • Pausenzeiten zwischen den Sätzen: mehr als zwei Minuten

Muskelausdauer

  • RiR: 0 bis 1
  • Wiederholungsbereich: 12 oder mehr
  • Pausenzeiten zwischen den Sätzen: unter 2 Minuten

Maximalkraft

  • RiR: 0 bis 2
  • Wiederholungsbereich: 1 bis 6
  • Pausen zwischen den Sätzen: 3 bis 5 Minuten

Schnellkraft

  • RiR: 2 bis 3
  • Wiederholungsbereich: 1 bis 5; die Wiederholungen sollten maximal schnell bei gleichzeitig sauberer Technik durchgeführt werden
  • Pausen zwischen den Sätzen: 3 bis 5 Minuten

„Reps in Reserve“ im Vergleich zur „Rate of Perceived Exertion“ (RPE)

Wie auch „Reps in Reserve“ handelt es sich bei der „Rate of Perceived Exertion“ (RPE) um eine Methode zur Steuerung der Trainingsintensität im Krafttraining anhand der subjektiven Wahrnehmung. Während RiR darauf basiert, wie viele Wiederholungen eine Person am Ende eines Satzes noch ausführen könnte, bevor sie das Muskelversagen erreicht, bewertet RPE die wahrgenommene Anstrengung auf einer Skala von 1 (sehr leicht) bis 10 (maximale Anstrengung). Beide Methoden erfordern Erfahrung und ein gutes Körperbewusstsein. Der Vorteil von RPE ist allerdings, dass sich die Methode leichter auch auf Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren oder Schwimmen übertragen lässt. RiR dagegen bietet dafür eine meist präzisere Einschätzung der verbleibenden Leistungsfähigkeit bei Kraftübungen.

Auch interessant: Ist Muskelversagen wichtig für den Muskelaufbau? Das sagen Studien

Einschränkungen vom Training mit „Reps in Reserve“

Trotz der oben beschriebenen Vorteile von „Reps in Reserve“ hat die Methode auch einige Einschränkungen und ist nicht für alle Kraftsportler gleichermaßen geeignet und mitunter auch nicht empfehlenswert. Eine der Hauptkritiken ist die Subjektivität der Methode. Studien haben gezeigt, dass Anfänger Schwierigkeiten haben können, die Anzahl der verbleibenden Wiederholungen genau einzuschätzen, was zu ungenauen Trainingsintensitäten führen kann – mit der Gefahr einer Unter- oder Überlastung. Darüber hinaus bietet RiR weniger objektive Messbarkeit im Vergleich zu Methoden wie dem One-Repetition-Maximum (1RM), was die Dokumentation und den Vergleich von Fortschritten erschwert.

Das One-Repetition Maximum (1RM) ist das maximale Gewicht, das eine Person in einer bestimmten Übung einmalig mit sauberer Technik durchführen kann. Somit dient es als Maß für die maximale Kraft, die ein Muskel oder eine Muskelgruppe ausüben kann. Das 1RM wird häufig verwendet, um die Trainingsintensität zu bestimmen und Fortschritte im Krafttraining zu bewerten.

Fitnessprofessor Stephan Geisler
Sportwissenschaftler

»Wir sollten auch mal ein wenig entspannter trainieren

„’Reps in Reserve‘ sind im Bodybuilding in den vergangenen Jahrzehnten eher ungewöhnlich gewesen, weil immer das Prinzip galt, bis zur letzten Wiederholung – dem Punkt der absoluten Ermüdung – zu trainieren. Im eigentlichen Krafttraining im Bereich des Leistungssports, etwa Olympischem Gewichtheben, war es schon immer so, dass man selten bis zum Muskelversagen trainiert hat, um schneller wieder für die Einheiten am nächsten Tag fit zu sein. Insofern sollten wir etwas umdenken und nicht nur bis zur absoluten Ermüdung, sondern auch mal ein wenig entspannter trainieren. ‚Reps in Reserve‘ sind dafür ein geeigneter Ansatz.“

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Fazit

Die Methode der „Reps in Reserve“ kann eine effektive Methode zur Steuerung der Trainingsintensität im Krafttraining sein – mit dem Ziel, die Muskeln ausreichend zu reizen, um die gewünschten Anpassungsprozesse zu erreichen. RiR lassen sich zudem sehr gut an die tagesabhängige Form anpassen. Wichtig ist jedoch, dass Einsteiger sich behutsam herantasten und die Methode schrittweise erlernen, um das eigene Körpergefühl zu schulen.

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Quellen

  1. Mangine GT, Serafini PR, Stratton MT, Olmos AA, VanDusseldorp TA, Feito Y. (2022). Effect of the Repetitions-In-Reserve Resistance Training Strategy on Bench Press Performance, Perceived Effort, and Recovery in Trained Men. J Strength Cond Res. ↩︎
  2. Helms ER, Cronin J, Storey A, Zourdos MC. (2016). Application of the Repetitions in Reserve-Based Rating of Perceived Exertion Scale for Resistance Training. Strength Cond J. ↩︎
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