13. April 2024, 8:41 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Viele Menschen beginnen mit dem Reitsport schon im Kindesalter. Wie ist es aber, wenn man erst viel später im Leben Lust bekommt, das Reiten auszuprobieren? FITBOOK-Autorin Nina Ponath wollte es wissen und wagte den Versuch. Ohne große Vorerfahrung wagte sie sich als Erwachsene an den Reitsport.
„Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“ – dieser Spruch stand früher schätzungsweise auf jeder zweiten Seite meines Poesiealbums. Man muss dazu sagen, dass ich in einem Vorort aufgewachsen bin, der von Feldern, Weiden und Wäldern umgeben ist. Möglichkeiten zum Reiten gab es viele, weshalb es in meiner Klasse ebenfalls viele Mädchen in Leggings gab, die in der Pause mit Kreide Herzen und den Namen ihres Lieblingsponys an die Tafel schrieben. Vielleicht wollte ich damals irgendwie cooler sein als diese Mädels und habe deshalb nie den Wunsch geäußert, zu reiten und spielte lieber Handball, Tennis und Klavier. Natürlich war ich mal mit der einen oder anderen Freundin mit beim Reitunterricht, in den Sommerferien wurden meine Schwester und ich einmal von unseren Eltern auf einen Ponyhof geschickt und auch später machte ich in meinen Semesterferien einmal Urlaub auf einem Reithof. Seitdem hatte ich mit Reitsport nicht viel am Hut. Doch jetzt als Erwachsene packte mich die Neugier an der Faszination Reiten und so beschloss, es noch einmal neu zu wagen.
Übersicht
- Umzug in Hamburger Vorort brachte mir Pferde wieder näher
- Reiten lernen als Erwachsene – wo fange ich an?
- Welche Reitausrüstung brauche ich?
- Die erste Reitstunde: Auf dem Rücken der Pferde erlebe ich eher Skepsis als Glück
- Wie anstrengend ist Reiten?
- Von der Probestunde zum regelmäßigen Reitunterricht
- Langsame Fortschritte: Geduld ist gefragt
- Mein Fazit
Umzug in Hamburger Vorort brachte mir Pferde wieder näher
So richtig mit dem Reiten geliebäugelt habe ich also nicht schon als Kind oder Jugendliche, sondern erst im Erwachsenenalter, genau gesagt, seitdem ich vor zwei Jahren in einen Hamburger Vorort gezogen bin. Ein paar Straßen weiter von meinem Zuhause ist eine Pferdekoppel, an der mich meine Joggingrunde vorbeiführt. Jedes Mal, wenn ich dort vorbeikomme, kann ich nicht anders, als wie gebannt zu den Pferden zu gucken, die dort je nach Uhr- und Jahreszeit sich Kopf an Kopf schmiegen, über den Rasen wälzen oder in einem Freudenanfall große Runden über die Koppel ziehen. Die Tiere strahlen für mich so viel sanfte Energie und Lebensfreude aus, dass ich ihnen unbedingt näherkommen wollte – und wie könnte man das besser als beim Reiten?
Reiten lernen als Erwachsene – wo fange ich an?
Nachdem mein Entschluss feststeht, recherchiere ich Reitervereine bei mir in der Gegend. Die Koppel, an der ich jeden Morgen vorbeilaufe, gehört zu einem Stall, in dem Pferdebesitzer ihr Tier unterbringen können. Unterricht gibt es dort nicht, dafür aber zwei Straßen weiter. Hier befindet sich ein Reiterhof, in dem Kinder und Erwachsene Reiten lernen können. Die Preise liegen hier bei 35 Euro pro halbe Stunde Einzelunterricht für Erwachsene, für Kinder ist der Unterricht günstiger, genau wie der Unterricht in Gruppen. Da ich (noch) blutige Anfängerin bin, entscheide ich mich für eine Einzelstunde. In der Reitschule, die ich auswähle, darf man insgesamt drei Probestunden machen. Danach soll man sich entscheiden, ob man Mitglied im Reitverein werden möchte. Dann zahlt man eine Jahresgebühr von 65 Euro und Geld für den Unterricht.
Welche Reitausrüstung brauche ich?
Zu meiner ersten Stunde soll ich in bequemer Kleidung und Turnschuhen kommen. Ausrüstung, wie Reitleggings oder die berühmten Reitstiefel sind vorerst nicht nötig, da es jetzt nur darum geht, herauszufinden, ob der Sport überhaupt etwas für mich ist.
In meiner ersten Reitstunde stellt mir meine Trainerin das Pferd vor, das ich reiten werde. „Nacho“ ist ein äußerst geduldiges Schulpferd und für Anfänger wie mich gut geeignet. Als ersten Step lernen wir uns in Ruhe kennen. Die Stallpflegerin hilft mir dabei, Nacho fertig für den Unterricht zu machen und ich führe ihn auf die Koppel. „Geh erst mal mit ihm im Kreis“, weist mich Trainerin Nadine an. Sie möchte sehen, wie gut Nacho mit mir zusammenarbeitet. Dafür, dass wir uns eben erst kennengelernt haben, sind Nacho und ich ein ganz annehmbares Team. Er reagiert auf meine Bewegungen und scheint mich einigermaßen ernst zu nehmen. Deshalb darf ich auch direkt auf ihn aufsteigen.
Die erste Reitstunde: Auf dem Rücken der Pferde erlebe ich eher Skepsis als Glück
Die Trainerin nimmt Nacho für die erste Stunde an die Longe. Statt eines Sattels haben wir nur ein Pad aufgelegt. „Das ist besser, weil man sich so eine sauberere Bewegung angewöhnt“, erklärt mir Trainerin Nadine. Wir gehen mehrere Runden im Schritt, danach darf ich auch schon antraben. Mir ist das Ganze noch nicht geheuer, deshalb gehen wir danach wieder im Schritt weiter. In der nächsten Stunde bin ich schon viel gelassener. Dieses Mal traben wir mehr und ich soll im Schritt die Hände von den Zügeln nehmen. Das gelingt mir gut, da ich durch Yoga, was ich regelmäßig praktiziere, eine gute Balance habe. Als wir traben, habe ich auch schon viel weniger Skepsis. Die Stunde macht mir richtig Spaß, sodass ich mich auf dem Weg nach Hause schon auf die nächste Woche und die nächste Reitstunde freue.
Wie anstrengend ist Reiten?
Reiten ist für mich, da ich recht trainiert bin, nicht allzu anstrengend – allerdings darf man dabei sicherlich auch nicht vergessen, dass ich, eben weil ich Anfängerin bin, den Großteil der Stunde im Schritt verbringe. Für erfahrene Dressur- oder Sprungreiter ist die Anstrengung sicherlich um Weiten größer. Für mich ist besonders das Traben anspruchsvoll, da der Körper die vielen kleinen Bewegungen des Pferdes ausgleichen muss. Hier ist die Tiefenmuskulatur gefragt, genau wie der Gleichgewichtssinn. Insgesamt ist Reiten für mich sehr entspannend. Der Hof, die Luft, der Umgang mit den Tieren beziehungsweise Nacho, fühlt sich an, wie ein kleiner Kururlaub.
Von der Probestunde zum regelmäßigen Reitunterricht
Für mich ist zwei Tage nach meiner zweiten Reitstunde, noch vor Ablauf meiner Probezeit, klar, dass ich weiter reiten will und ich melde mich für einen regelmäßigen Unterricht an. Vom ersten Tag der Woche an, fiebere ich auf mein wöchentliches Date mit Nacho hin, und würde ich noch in die Schule gehen, kann ich mit Sicherheit sagen, dass ich eines der Mädchen wäre, die den Namen ihres Schulpferdes mit Herzen an die Tafel schreibt. Reiten ist für mich der perfekte Kurzurlaub vom Alltag. Es bietet mir Auszeit und ist ein Sport, der weniger auf Effizienz („hier werden die und die Muskeln trainiert …“) als auf den Spaß an der Bewegung und die Freude am Umgang mit den Tieren, abzielt.
Langsame Fortschritte: Geduld ist gefragt
Bis ich mich traue, zu springen und zu galoppieren, wird es vermutlich noch ein bisschen dauern. Das stört mich aber nicht. Nur weil als Erwachsene die Zeitabstände, zwischen neuen Lernerfahrungen immer größer werden – und so eben auch beim Reiten – heißt das ja noch lange nicht, dass man deshalb den Kopf in den Sand stecken muss. Ganz im Gegenteil: Als Erwachsene etwas völlig Neues zu lernen, macht, wie ich finde, mental stärker. Die meisten Hobbys, denen wir nachgehen – sei es Tennis, Tanzen oder Surfen, begleiten uns meistens schon eine ganze Weile im Leben, weshalb wir es gewohnt sind, verhältnismäßig „gut“ zu sein, in dem, was wir tun.
In einer Sportart eine blutige Anfängerin zu sein, ist deshalb ein ungewohntes Gefühl, das mir anfangs fast ein bisschen unangenehm ist. Beim Anlegen des Halfters muss ich ein kleines Mädchen, das schätzungsweise gerade mal ein Drittel so alt wie ich ist, um Hilfe fragen. Hat man das aber erst mal hingenommen und akzeptiert, dass man, nur, weil man hier die Älteste ist, nicht die Beste sein muss, kann einen gerade diese Erfahrung enorm weiterbringen, wie ich finde. Man lernt, sich nicht immer so ernstzunehmen und darüber lachen zu können, wenn man etwas nicht gut kann. Spielerisch an neue Dinge herangehen zu können, ist eine Fähigkeit, die uns auch im Alltag weiterhelfen kann.
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Mein Fazit
Auch wenn ich kein typisches Pferdemädchen war – als Erwachsen konnte mich Reiten nun doch noch verzaubern. Die sanften Bewegungen des Sports, die schöne Landschaft beim Outdoor-Reiten und der Umgang mit den Pferden haben mich in den Bann gezogen. Ich werde definitiv dabeibleiben und kann jedem, der mit dem Gedanken spielt, Reiten auszuprobieren, nur ans Herz legen, es zu tun. Auch als Erwachsene sollten wir nicht meinen, dass wir für etwas nun „zu alt“ seien. Trauen Sie sich, Sie werden merken, wie viel Spaß ein neues Abenteuer machen kann.