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Nachgefragt beim Experten

Kann man durch Reiten seine Fitness verbessern?

Reiten kann dazu beitragen, das Gleichgewicht und die Haltung des Menschen zu verbessern.
Reiten kann dazu beitragen, das Gleichgewicht und die Haltung des Menschen zu verbessern. Foto: Getty Images
Julia Freiberger
Werkstudentin in der Redaktion

18. März 2024, 4:29 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Auch wenn Reiten leicht aussieht: Wer schon einmal auf einem Pferd gesessen hat, weiß, dass dem nicht so ist. Zwar ist Reiten derzeit vielleicht nicht so im Trend wie CrossFit oder Wand-Pilates, aber er ist als Sport für den Muskelaufbau nicht zu unterschätzen.

Wer denkt, dass beim Reiten das Pferd die komplette Arbeit übernimmt, sieht sich enttäuscht: Die gestärkten Muskelgruppen sind nicht nur auf den Stall ausmisten oder Putzen der Pferde zurückzuführen. Was sich wirklich hinter Reiten verbirgt, sind viel Ausdauer, Koordination und Kraft, weil man mit den Bewegungen des Pferdes mitgehen muss.

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Was ist Reiten?

Egal ob bei „gemütlichen“Ausritten in Urlaub oder Freizeit oder als beim regelmäßigen Reiten als Sport – essenziell für das Reiten ist die Fortbewegung auf Pferden, genauer gesagt auf dem Rücken der Tiere. Das Besondere dabei ist die Interaktion zwischen Mensch und Tier: Denn man muss sich durchgehend an die Pferdebewegungen anpassen und sich ausbalancieren. Für den Umgang mit Pferden verwendet meistens Zaumzeug und Sattel.

Herkunft des Reitens

Der genaue Zeitabschnitt, wann Menschen mit dem Reiten angefangen haben, ist wissenschaftlich nicht geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass das Volk der Jamnaja-Kultur (aus Osteuropa) ca. 3000 v. Chr. damit anfing, Pferde zu reiten.1

Auch interessant: Deepwork – das steckt hinter der intensiven Trainingsmethode für Körper und Geist

Welche Ausrüstung benötigt man?

Die erste Regel lautet: Beim Reiten geht es nicht um ein gutes Aussehen, sondern um Sicherheit. Anders, als bei anderen Sportarten, ist der Partner hier nämlich ein wildes Tier, welches egal, wie gut man es einschätzt, immer noch unberechenbar reagieren kann.2 Deswegen sollten folgende Kriterien erfüllt sein:

  • Bequemlichkeit
  • Zweckmäßigkeit
  • Sicherheit

Zudem ist es wichtig, auf eine gute Ausrüstung zu achten:

  • Reithose: Sie bieten in erster Linie Schutz vor Reibung und Halt beim Reiten.
  • Reithelm: Sollte es zum Sturz kommen, schützt er den Kopf vor lebensgefährlichen Verletzungen.
  • Reithandschuhe: Sie schützen die Hände vor Kälte oder Nässe und bewahren vor Blasen, die durch längeres Halten der Zügel entstehen können.
  • Reitstiefel: Haben eine glatte Sohle und einen flachen Absatz, damit der Schuh nicht durch den Steigbügel rutscht. Reitstiefel bieten auch Schutz, falls das Pferd mit den Hufen auf den Fuß treten sollte.

Die drei Gangarten des Pferdes

  • Schritt: Der Schritt gilt als die langsamste Gangart beim Reiten. In diesem Schrittgang werden die Grundlagen des Reitens erlernt. Es ist auch wichtig das Tier durch das flotte Schritttempo aufzuwärmen und zu dehnen.
  • Trab: Es ist der zweite, schnellere Gang. Meistens wird er auch als „Schwebephase“ bezeichnet, da die zwei gegenüberliegende Pferdebeine zur selben Zeit den Boden verlassen.
  • Galopp: Er bezeichnet einen Dreitaktgang des Pferdes und stellt den schnellsten Gang dar. Hier berühren drei Hufe den Boden, wodurch dann alle vier Beine einen Moment in der Luft schweben.

Welche Muskelgruppen werden beim Reiten trainiert?

Reiten ist ein Ganzkörpertraining, da man sich immer wieder an neue Bewegungsimpulse anpassen und diese ausbalancieren muss. Abhängig davon, in welcher Gangart man sich befindet, werden unterschiedliche Muskeln angespannt und wieder entspannt: Beim Schritt handelt es sich um einen Viertakt, beim Trab um einen Zweitakt und beim Galopp um einen Dreitakt. Somit können die Muskeln gestärkt, aber auch gleichzeitig Verspannungen gelöst werden.3

Bauchmuskulatur

Indem man mit geradem Rücken aufrecht sitzen und die Bewegungen des Pferdes mitnehmen muss, wird nicht nur die Rückenmuskulatur gestärkt, sondern auch die Bauchmuskulatur angesprochen.

Reiten als Training

Fördert Rückengesundheit und Ausdauer

„Reiten ist ein moderates, gezieltes Rückentraining“, sagt Thomas Ungruhe, Leiter der Abteilung Breitensport bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Denn wenn jemand richtig auf dem Pferd sitzt, übertragen sich dessen Bewegungen auf den Reiter. Dadurch ist der Mensch quasi zum Mitgehen gezwungen, was Bauch- und Rückenmuskulatur aktiviert und somit kräftigt. Hinzu kommt, dass Reiter ihre Pferde per Muskelanspannung lenken, und auch so wieder diese Muskeln kräftigen.

Reitstunden erfordern neben einer starken Rumpfmuskulatur auch ein hohes Maß an körperlicher Ausdauer. Reiten trainiert also nicht nur den Rumpf, sondern bringt auch noch etwas für die Fitness. Heißt: Menschen, die durch häufiges Sitzen anfälliger für Haltungsprobleme und Rückenschmerzen sind, sowie ihre Ausdauer verbessern möchten, tun sich auf dem Pferd etwas Gutes!

Beckenbodentraining

Die Beckenbodenmuskulatur kann durch das Reiten ebenfalls gestärkt werden, da man Stabilität und Flexibilität auf dem Pferd nur durch eine gestärkte Mitte erreichen kann.

Arm- und Schultermuskeln

Das Halten der Zügel können die Arme und Schultern gestärkt werden. Allerdings sollte man darauf achten, auf die Zügel auf keinen Fall verkrampft zu halten, sondern in den Armgelenken eher locker zu bleiben. Im Übrigen können auch das Satteln, Putzen und Ausmisten des Stalls können gut für die Stärkung der Muskulatur sein.

Beinmuskeln und Gesäß

Die Beine sind die Werkzeuge beim Reiten. Durch leichten Druck der Beine gibt man dem Pferd nämlich Signale – in eine andere Gangart zu wechseln oder auch, in welche Richtung es sich bewegen soll. Besonders gefragt dabei sind die Waden und die Oberschenkelmuskulatur, die man um den Körper des Pferdes „drücken“ muss. Die richtige Beinhaltung ist auch für das Training vom Gesäß verantwortlich.

Wissenschaftliche Belege

Verbesserung des Gleichgewichts

Eine Studie untersuchte die Auswirkungen von Reitübungen und Rumpfstabilitätsübungen auf das Gleichgewicht von Erwachsenen. Sie wies nach, dass Reitübungen zu einer Verbesserung des Gleichgewichts führen können.4

Verbesserung der Beweglichkeit

Eine weitere Studie wies nach, dass Reiten die Gangfähigkeit, Beweglichkeit und das Gleichgewicht bei gesunden älteren Erwachsenen verbessern kann.5

Erhöhung der dynamischen Stabilität

Die Ergebnisse der Studie ergaben, dass Reitübungen dazu beitragen können, das Gesamtrisiko eines Sturzes bei älteren Menschen zu verringern, indem die dynamische Stabilität erhöht wird.6

Behandlung von Beckenbodenstörungen

Eine Studie untersuchte zwölf Frauen, die zwölf Wochen lang eine Therapie mit Pferden durchführten. Dabei wurde eine dreißigminütige Sitzung pro Woche durchgeführt. Die Studie wies nach, dass das therapeutische Reiten wirksam für die Behandlung und Vorbeugung von Beckenbodenstörungen sein kann.7

Reiten verbessert die Fitness – und das spürt man!

Neueinsteiger haben nach den ersten Reitstunden erst einmal Muskelkater. Wie Ungruhe betont, müsse der Körper sich auf die ungewohnte Bewegung erst einstellen. Der Schmerz habe aber etwas Gutes: Denn mit der Zeit weiche er und zurück bleibe eine gestärkte Rückenmuskulatur, die den Anforderungen der Büroarbeit besser gewachsen sei.

Auch die Pferde haben was vom Training

Kurse gebe es bei vielen Reitsport-Vereinen, so Ungruhe – mit Schulpferden, also auch für Teilnehmer ohne eigenes Tier. Und die haben übrigens auch etwas von dem Training. Ungruhe weiß: Menschen kommen eher zum Training, wenn es nicht nur um ihre Bedürfnisse geht. „Das hat einen gewissen Aufforderungscharakter“, erklärt er. „Das Pferd muss sich ja bewegen – und Sie auch.“ Somit bietet Reiten also einen motivierenden Faktor, den andere Sportarten nicht haben.

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Für wen ist Reiten geeignet?

Die meisten Reit-Fans haben mit ihrem Hobby bereits im Kindesalter begonnen. Und ein früher Start gewährleistet natürlich eine größere Souveränität auf dem Pferd. Man kann aber auch noch im fortgeschritteneren Alter mit dem Reiten beginnen. So sehr die Rücken- und Bauchmuskulatur vom Reiten profitiert, ist es aber sinnvoll, bereits vorab diese Muskelpartien zu trainieren. Je besser ausgeprägt die Muskulatur ist, desto aufrechter – und damit korrekter – sitzt man im Sattel. Das macht das Training effektiver und den Reiter weniger verletzungsgefährdet.

Reiten darf von jeder Person ausgeübt werden, die geistig und körperlich dazu in der Lage ist. Jedoch sollten Menschen, die akute Erkrankungen des Bewegungsapparates haben, übergewichtig sind oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen haben, vorsichtshalber nicht reiten. Das liegt hauptsächlich daran, dass man sich beim Reiten auch frei bewegen und schnell reagieren muss, wenn es beispielsweise um brenzlige Situationen geht, wo man sich vom Rücken des Pferdes befreien muss.

Julia Freiberger
Werkstudentin in der Redaktion

Reiten sollte man nicht unterschätzen

Ich bin zwei Jahre lang geritten, wobei eine Sache bei mir hängengeblieben ist: Reiten geht auf den gesamten Körper. Ursprünglich war ich nämlich auch der Meinung, dass das Pferd die ganze Arbeit macht, aber nichts da! Wenn ich am nächsten Tag keinen Muskelkater hatte, wusste ich, dass ich etwas falsch gemacht habe. Zudem wirkte sich das Satteln oder Striegeln der Tiere sehr auf die Arme aus. Reiten ist ein Sport und sollte wie jede andere Sportart mit einer gewissen Vorsicht bedacht werden. Gleiches gilt in Bezug auf das Pferd, welches leider nicht immer berechenbar ist. Hier kommt dann auch noch eine weitere Komponente hinzu: Der Austausch mit dem Pferd. Denn erst, wenn das Vertrauen zwischen Pferd und Reiter stimmt, kann auch die erlernte Reittechnik wirklich zum greifen kommen. In dem Sinne ist Reiten ein Teamsport – wobei das Team aus Mensch und Pferd besteht.

Quellen

Quellen

  1. Wehorse. Reiten – Geschichte & Ursprung, Ausrüstung und Disziplinen. (aufgerufen am 12.03.2024) ↩︎
  2. Equishop. Was ist Reiten? Alles, was Sie wissen sollten. (aufgerufen am 12.03.2024) ↩︎
  3. Sportsfreund. Reiten ist Sport: Muskeltraining von Kopf bis Fuß. (aufgerufen am 12.03.2024) ↩︎
  4. Kim, HS., Lee, CW. et al. (2014). Comparison between the Effects of Horseback Riding Exercise and Trunk Stability Exercise on the Balance of Normal Adults. The Journal of Physical Therapy Science. ↩︎
  5. Hilliere, C., Collado-Mateo, D. et al. (2018). Benefits of Hippotherapy and Horse Riding Simulation Exercise on Healthy Older Adults: A Systematic Review. PM R. ↩︎
  6. Kim, SG., Lee, JH. (2015).  The effects of horse riding simulation exercise on muscle activation and limits of stability in the elderly. Archives of Gerontology and Geriatrics.   ↩︎
  7. Carboni, C., Blanquet, M., Bouallalene, K. (2014) Effectiveness of Horseback Riding in the Management of Pelvic Floor Dysfunctions. ↩︎
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