27. September 2024, 17:04 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Rebecca Barthel kommt eigentlich aus dem Leistungssport – genauer gesagt aus dem Bodybuilding. Mittlerweile ist sie hauptsächlich als Personal Trainerin tätig und hat der Bodybuilder-Szene den Rücken zugekehrt. Warum, hat sie FITBOOK-Fitnessredakteurin Janine Riedle im Interview verraten.
2015 durfte Rebecca Barthel im Bodybuilding einen großen Erfolg feiern: Sie räumte in der Fitness-Klasse „Miss Hercules Olympia“ sowohl den deutschen als auch den Weltmeistertitel ab. Das bedurfte jeder Menge Disziplin und zeitaufwendigem Training. Heute ist die Athletin aber vor allen Dingen eines: Eine Personal Trainerin, deren Leidenschaft es ist, Menschen mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen fit zu machen. Auch als Coach von Aldi Sports hat Barthel es sich zur Aufgabe gemacht, anderen Menschen zu einem besseren Lebensstil zu verhelfen. Doch wie kam die ehemalige Bodybuilderin dazu, im Fitnessbereich tätig zu werden? Diese und noch mehr Fragen beantwortet sie im Gespräch mit FITBOOK.
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Rebecca Barthel war schon immer sportlich
FITBOOK: Sie sind schon lange im Fitnessbereich tätig. Wie sind Sie zu dieser Leidenschaft gekommen und wie hat sich daraus Ihr Beruf entwickelt?
Rebecca Barthel: „Ich habe schon mit vier Jahren angefangen, Sport im Verein zu machen – klassisch in der Sporthalle mit Turnen, Handball, später Tennis und Judo. Sport hat mir immer viel Spaß gemacht. Ursprünglich wollte ich Handballprofi werden! Da man damit aber nicht viel verdienen konnte, habe ich mich mit 19 für die Fitnessbranche entschieden. Ich begann als Fitnesstrainerin im Studio und kam dann zur IFAA, einer Akademie, die Trainer weltweit ausbildet. Dort habe ich mich unter anderem weitergebildet, um meine Leidenschaft zum Sport zum Beruf zu machen. Ich habe damals jeden Tag trainiert, teilweise zweimal täglich. Für mich war es klar, dass ich direkt in die Praxis wollte ohne ein langes Studium. Ich wusste auch, dass ich gern mit vielen Menschen zusammenarbeiten wollte und die Bühne mag. So fing ich an, sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen zu unterrichten – und das mache ich jetzt seit über 25 Jahren.“
Bodybuilding kann gesundheitliche Risiken bergen
Sie sind auch im Bodybuilding tätig gewesen. War es als Frau schwierig, in dieser Branche Fuß zu fassen?
„Ich denke, das hängt vom Land ab. In den USA ist das nichts Ungewöhnliches, hierzulande ist es eher immer noch exotisch. Mein Beweggrund war, dass ich den Wettkampf liebe und immer nach neuen Herausforderungen suche. Ich wusste, dass ich Krafttraining liebe, besonders das Gefühl der Intensität, wenn ich Gewichte bewege und merke, wie viel Kraft ich eigentlich in mir habe.
Das hat mich dazu gebracht, Wettkampfsport im Krafttraining zu betreiben. Ich habe das eine Weile gemacht und war erfolgreich, aber es ist extrem zeitintensiv und in Deutschland leider kein lukrativer Sport. Um damit wirklich Geld zu verdienen und Profi zu werden, muss man noch mal extremer im Training und der Ernährung werden, was mir gesundheitlich gesehen einfach zu viel war. Man muss sich ab einem gewissen Punkt entscheiden, ob man Profi sein möchte und dafür gesundheitliche Risiken eingeht. Man muss sich als hauptberuflicher Wettkampfathlet sieben Tage die Woche, 24 Stunden lang damit beschäftigen. Für mich war klar, dass ich meinen Beruf nicht aufgeben wollte. Außerdem war mir meine Gesundheit wichtiger, als mich diesem extremen Sport langfristig hinzugeben.“
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Rebecca Barthel, Sie haben gesundheitliche Bedenken beim Bodybuilding angesprochen. Was meinen Sie damit konkret?
„Eine extrem strikte Diät, wie sie im Bodybuilding erforderlich ist, ist langfristig gesehen nicht gesund. Wenn man bestimmte Nährstoffe weglässt, ist das Resultat oft ein Nährstoffmangel. Es ist körperlich anstrengend, von 4000 Kalorien in der Aufbauphase auf nur 600 Kalorien kurz vor dem Wettkampf herunterzugehen. Das funktioniert nicht nur, indem man einfach nur Brokkoli und Hühnchenbrust isst. Man braucht auch Nahrungsergänzungen und muss hart trainieren. Man muss sehr viel dafür tun, um im Endeffekt zwei, drei Minuten auf der Bühne zu stehen. Ich möchte das gar nicht schlechtreden. Ich bin super dankbar und stolz auf meine Erfolge.
Aber es kommt oft auch der soziale Druck dazu. Irgendwann habe ich mich gefragt, ob ich das wirklich will. Ich habe großen Respekt vor allen, die diesen Sport langfristig betreiben, aber für mich war klar, dass ich mich auf eine gesündere Form des Krafttrainings konzentrieren möchte.“
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»Bodybuilding war ein Fulltime-Job
Auch wenn Sie sich im Laufe der Zeit aus dem professionellen Bodybuilding zurückgezogen haben, gibt es einen großen Erfolg, auf den Sie zurückblicken können: Sie haben 2015 die Weltmeisterschaft gewonnen. Wie war das für Sie und wie sahen die Vorbereitungen konkret aus?
„Ich habe schon immer Sport gemacht, daher war ich nicht ganz unerfahren. Im Oktober 2014 habe ich angefangen, mich mit einem neuen Athletentrainer auf meinen ersten Wettkampf vorzubereiten. Das bedeutete unter anderem, acht Monate lang strikt nach einem Ernährungsplan zu leben. Ich musste zuerst auf eine positive Energiebilanz kommen, also mehr Kalorien zu mir nehmen, um Muskelmasse überhaupt aufzubauen – das waren etwa 4000 Kalorien pro Tag, verteilt auf sechs bis acht Mahlzeiten. Dazu kamen fünfmal die Woche ca. 90 Minuten Krafttraining und dreizehnmal die Woche Ausdauertraining. Es war ein Fulltime-Job: morgens nüchtern aufs Fahrrad, im Anschluss frühstücken und seine Termine abarbeiten. Denn ich habe trotzdem noch Personal Training gegeben, meinen Haushalt gemacht und andere To-dos gehabt. Und abends ging es dann noch zum Wettkampftraining. Dadurch hat man natürlich jeden Tag einen festen Ablauf und dazwischen bleibt nicht viel Zeit.
Mein erster Wettkampf war im Mai 2015 in England, den ich gewonnen habe – das war eine tolle Erfahrung. Danach folgten die Deutsche Meisterschaft, die ich ebenfalls gewann, und schließlich die Weltmeisterschaft in Italien, wo ich in der Body-Fitness-Klasse Weltmeisterin wurde. Die Entscheidung, Profi zu werden, habe ich dennoch nicht getroffen. Ich weiß zwar, dass ich Talent und Kampfgeist habe und dass ich gern gewinne. Sonst hätte ich das alles gar nicht erst gemacht. Es war aber definitiv die richtige Entscheidung.“
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„Beide Geschlechter trainieren intensiv“
Rebecca Barthel, gibt es aus ihrer Sicht Unterschiede im Bodybuilding-Training von Männern und Frauen?
„Grundsätzlich haben Männer durch ihren höheren Testosteronspiegel einen Vorteil beim Muskelaufbau. Sie gewinnen viel schneller an Muskelmasse als Frauen. Das Training an sich unterscheidet sich jedoch nicht stark. Beide Geschlechter trainieren intensiv, halten strikte Diäten und nutzen Nahrungsergänzungsmittel. Im Profibereich muss man dann auch gesundheitliche Entscheidungen treffen. Letztlich geht es darum, wie viel man bereit ist, zu opfern. Für mich war klar, dass meine Gesundheit und meine Zeit für Familie und Freunde wichtiger sind.“