10. März 2024, 18:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Proteine und Kohlenhydrate beeinflussen die Ausdauerleistung von Spitzensportlern unterschiedlich, sagen britische Forscher. Zu tun hat das offenbar mit der Wirkung der beiden Makronährstoffe im Darm.
Beim Ausdauertraining ist Energie verloren gegangen. Danach will der Körper vorrangig seine Glykogenspeicher mit Energie auffüllen und auch die geschädigten Muskelproteine reparieren, damit er sich erholen kann. Experten wie der Sport- und Gesundheitswissenschaftler Dr. Dr. Michael Despeghel bezeichnen die ersten 30 Minuten nach einer Sporteinheit als „magisches Zeitfenster“, um diese Ziele zu erreichen. Hintergrund ist die sogenannte Superkompensation, die hier optimal vonstattengehe, sagte Despeghel bereits vor einigen Jahren zu FITBOOK. Was der Körper nach einer Ausdauereinheit etwas dringender braucht als Proteine, sind Kohlenhydrate (nach dem Krafttraining ist es andersherum). Doch in welchem Zusammenhang stehen Proteine, Kohlenhydrate und Ausdauer genau? Das wollten Forscher der britischen University of Hertfordshire herausfinden. Genauer interessierte sie, welche Wirkung die beiden Makronährstoffe auf die Darmflora von Ausdauersportler haben. Denn die Darmflora ist bekanntermaßen maßgeblich für unsere allgemeine Gesundheit.
Übersicht
Eine Studie rund um Proteine, Kohlenhydrate und Ausdauersportler
Für die Studie wurden 20 geeignete Teilnehmer zwischen 25 und 27 Jahren rekrutiert. Es handelte sich dabei um „hochtrainierte“ Ausdauersportler, die während des Testzeitraums keine Nahrungsergänzungsmittel einnahmen. Die Personen wurden dann nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt, die unterschiedliche Ernährungsschwerpunkte hatten – welche gleichzeitig aber ihrem individuellen Energiebedarf entsprachen. Die Studie wurde 2022 im Journal der American Society for Microbiology veröffentlicht.1
Die einen erhielten eine eher proteinlastige Ernährung. Sie bestand zu 40 Prozent aus Protein und je 30 Prozent aus Kohlenhydraten und Fett. Die andere Gruppe ernährte sich kohlenhydratlastig (60 Prozent Kohlenhydrate, 10 Prozent Protein, 30 Prozent Fett). In welcher der beiden Gruppen sie sich befanden, wussten die Probanden nicht.
Die Teilnehmer wurden gebeten, auf koffeinhaltige Getränke zu verzichten sowie auf solche, die zusätzlich Energie liefern (Energydrinks). Da es sich um Leistungssportler handelte, musste auch sichergestellt werden, dass sie in kein Kaloriendefizit rutschen, weshalb sie täglich eine Extra-Mahlzeit mit 500 Kilokalorien zu sich nehmen sollten.
Im Versuchszeitraum besuchten die Teilnehmer zudem viermal das Labor, um Leistungstests durchzuführen. Die Bedingungen waren immer die gleichen: Sie kamen nach einem Ruhetag ohne sportliche Betätigung, ohne morgendliche körperliche Anstrengung und nach einer mindestens vierstündigen Fastenzeit. Zudem gaben sie im Labor Mikrobiom-Proben ab – dabei handelte es sich um den wichtigsten Teil der Untersuchung.
Kohlenhydrate versus Proteine: Das bremst die Leistung bei Ausdauersportlern
Das Ergebnis liefert neue Einblicke in eine sinnvolle Ernährung bei Sportlern: So fanden die Forschenden heraus, dass beide Ernährungsweisen die Leistungsfähigkeit unterschiedlich stark, geradezu gegensätzlich, beeinflussen.
Bei den Teilnehmern, die sich unwissentlich proteinlastig ernährt hatten, sackte die Ausdauerleistung im Vergleich zur anderen Gruppe im Schnitt um 23,3 Prozent ab. Hingegen verbesserte sich die Ausdauerleistung der Teilnehmer, die sich unwissentlich kohlenhydratreich ernährt hatten, um durchschnittlich 6,5 Prozent.
Darüber hinaus wies die Protein-Gruppe ein gestörtes und weniger stabiles Mikrobiom auf: Die Diversität der im Darm lebenden Bakterien hatte sich verringert. Bestimmte Bakterien- und Virustypen wiesen höhere Werte auf; wohingegen das Mikrobiom der anderen Gruppe an Vielfalt gewann.
Welche Ernährungsweise optimal ist für das Mikrobiom
Eine gesunde Darmflora hilft bei der Verwertung von Nahrung, verhindert, dass sich Krankheitserreger ausbreiten und beeinflusst die Funktion unseres Immunsystems. Dieses Darm-Mikrobiom ist wie ein kleines Ökosystem aus rund 100 Billionen Bakterien und Pilzen – und je größer die Vielfalt, desto besser für Darm, Immunsystem – und die Ausdauerleistung.
Was der Vielfalt unseres Darmmikrobioms guttut
„Um die Vielfalt unseres Darmmikrobioms zu vergrößern, hilft eine überwiegend pflanzliche Ernährung. Vermeiden sollte man hingegen viel Fett und Zucker oder Zuckerersatz sowie eine ballaststoffarme Ernährung. Fettarmes Fleisch sollte man in moderaten Mengen und nicht aus der Massentierhaltung zu sich nehmen. Als Faustregel kann man sich merken: Mehr pflanzliche Ballaststoffe und so wenig industriell verarbeitete Produkte wie möglich. Um die Darmflora gesund und ihre Vielfalt in schwierigen Zeiten aufrechtzuerhalten, empfiehlt der Gastroenterologe Dr. Emeran A. Mayer zudem, regelmäßig fermentierte Produkte zu konsumieren wie Kimchi, Joghurt, Sauerkraut oder Kefir, wie er mir hier verraten hat. Und: Studien haben gezeigt, dass Emotionen und Reaktionen des Gehirns auf Stress zu den wichtigsten internen Faktoren für die Darmgesundheit zählen. Unsere Darmmikroben hören ‚mit‘, wenn das Gehirn beispielsweise Stress signalisiert. Das Mikrobiom freut sich also über viel Entspannung.“
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Fazit – was Ausdauersportler von der Studie lernen können
Die Ergebnisse der Studie deuten zwar darauf hin, dass eine Ernährung mit übermäßig viel Proteinen im Vergleich zu Kohlenhydraten zu negativen Veränderungen im Darm und verminderter Ausdauerleistung führen kann. Gleichzeitig weist Mitautor der Studie, Dr. Justin Roberts, darauf hin, dass nicht eindeutig sicher sei, ob allein der hohe Proteingehalt im Körper für den signifikanten Leistungsabfall in den Ausdauertests verantwortlich war. Nichtsdestotrotz gab es eine Verbindung zwischen einer Störung des Mikrobioms im Darm und einer verminderten Leistung nach einer kurzfristigen proteinreichen Ernährung.
Mitnehmen kann man als Fan von Ausdauersport aber vielleicht diese Erkenntnis: Mit dem Makronährstoff Protein sollte man es nicht übertreiben – zumindest im Zusammenhang mit intensiven Einheiten könnte das die Leistung negativ beeinflussen.