9. November 2024, 19:36 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten
Rebecca Barthel ist schon seit fast 20 Jahren als Personal Trainerin tätig. Dadurch hat sie bereits mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammengearbeitet und weiß dadurch um die Schwierigkeiten des Trainings bei Frauen ab 40 Jahren. Worauf man achten sollte, erklärte sie FITBOOK-Fitnessredakteurin Janine Riedle im Interview.
Rebecca Barthel hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht: Die ehemalige Bodybuilderin arbeitet seit fast 20 Jahren als Personal Trainerin und ist auch als „Aldi Sports“-Coach tätig. In diesem Rahmen sprach sie mit FITBOOK darüber, worauf besonders Frauen beim Training, etwa aufgrund von hormonellen Veränderungen, wie sie z. B. während und nach den Wechseljahren der Fall sind, achten sollten.
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Übersicht
- »Manche Menschen haben mehr Probleme beim Abnehmen
- Muskelmasse von Frauen baut sich ab 40 ab
- »Das Ziel sollte nicht nur der Gewichtsverlust sein
- »Ernährung und Krafttraining sind in den Wechseljahren unerlässlich
- Wie man sich mit Training auf die Wechseljahre vorbereiten kann
- Training der Problemzone Arme in den Wechseljahren
- Training der Problemzone Bauch in den Wechseljahren
»Manche Menschen haben mehr Probleme beim Abnehmen
FITBOOK: Rebecca Barthel, was raten Sie Frauen, wenn es um das Training geht? Gibt es etwas, worauf Frauen besonders achten sollten?
Rebecca Barthel: „Definitiv! Ich bin seit 2006 hauptberuflich Personal Trainerin und durfte dadurch unheimlich viele Menschen trainieren – von jung bis alt und mit den unterschiedlichsten Körperformen. Ich habe somit viel von meinen Kunden auch gelernt, denn die beste Ausbildung ist immer noch die Berufserfahrung und davon habe ich ganz viel sammeln dürfen. Dadurch ist mir bewusst geworden, dass jeder individuell seine eigenen Päckchen zu tragen hat. Ich meine damit, dass es bspw. Personen gibt, die aufgrund des Stoffwechsels Probleme haben, abzunehmen. Ich gebe deshalb jedem, insbesondere den Frauen, mit: Macht Krafttraining, denn das ist auch für den weiblichen Körper extrem wichtig, um vor allem auch den Alterungsprozess etwas auszubremsen.“
Warum sprechen Sie beim Thema Krafttraining besonders auch die Frauen an?
„Viele Frauen denken immer noch, dass Krafttraining sie zu muskulös macht, aber das ist ein Irrtum. Es ist der beste Weg, um den Alterungsprozess zu verlangsamen, die Figur zu straffen, stark zu sein und sich gut zu fühlen. Krafttraining hat so viele Vorteile, sowohl körperlich als auch mental. Daher rate ich jeder Frau, sich daran zu versuchen. Man muss keine Muskelberge aufbauen, aber Krafttraining hat einen unheimlichen Benefit für den Körper und Geist.“
Muskelmasse von Frauen baut sich ab 40 ab
Wie beeinflusst das Training das hormonelle Gleichgewicht?
„Man kann sich die Muskelmasse selbst ‚abbauen‘, indem man gar keinen oder nur Ausdauersport macht. Die Anzahl der Muskeln ist bei jedem gleich, aber die Muskelmasse kann weniger werden. Ab 40 baut sich die Muskelmasse ab, es verringert sich die Knochendichte und das Kollagen im Körper wird weniger. Diesen natürlichen Prozess kann man nicht aufhalten. Ab einem gewissen Alter, meist zwischen 40 und 60, kommen bei Frauen noch hormonelle Schwankungen hinzu, die zu Gewichtszunahme, Müdigkeit, schlechter Regeneration, Stimmungsschwankungen und anderen Symptomen führen. Viele Frauen nehmen ab 40 aufgrund der hormonellen Dysbalance zu, selbst wenn sie an ihren Essgewohnheiten nichts ändern. Leider reagieren viele falsch darauf, indem sie weniger essen und viel Ausdauertraining machen, anstatt Muskeln aufzubauen.“
Warum ist das ein Fehler?
„Die Muskelmasse ist entscheidend, wenn es darum geht, den Stoffwechsel anzukurbeln. Ohne ausreichend Muskelmasse fällt es schwerer, das Gewicht zu halten, und die körperliche Verfassung verschlechtert sich. Deshalb ist es gerade in dieser Lebensphase so wichtig, Krafttraining zu machen.“
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»Das Ziel sollte nicht nur der Gewichtsverlust sein
Wie gehen Sie mit Kundinnen um, die mit solchen Problemen zu Ihnen kommen? Was raten sie, Rebecca Barthel, den Frauen für ihr Training?
„Zuerst muss man klären, was das Ziel ist. Meistens wollen die Kundinnen Gewicht verlieren. Oft geht es nur um ein paar Kilo, manchmal aber auch um 15 bis 20 Kilo. Wichtig ist, dass die Frauen verstehen, dass es nicht nur darum geht, weniger zu wiegen. Viele hungern sich runter und verlieren dabei Muskelmasse, was kontraproduktiv ist – man spricht oftmals von einer ’skinny fat‘-Körperform. Muskeln sind aber unser wichtigstes Stoffwechselorgan und sorgen dafür, dass wir mehr Kalorien verbrennen. Je mehr Muskelmasse man also hat, desto höher ist der Grundumsatz und desto mehr Kalorien verbrennt man auch im Ruhezustand.“
Worauf kommt es also an?
„Das Ziel sollte also nicht nur der Gewichtsverlust sein, sondern der Aufbau von Muskelmasse, die Verbesserung der Gelenkstruktur, der Stärkung des Bewegungsapparates und der Erhalt der mentalen Gesundheit. All das führt zu mehr Lebensqualität, auch im Alter. Krafttraining ist dabei entscheidend, aber viele haben falsche Vorstellungen davon. Es geht nicht um leichtes Training mit einer 1-Kilo-Gummihantel oder Bodyweight-Training, sondern darum, regelmäßig und mit der richtigen Belastung zu trainieren. Dafür ist es wichtig das Ganze auf das individuelle Fitnesslevel abzustimmen, denn Kraft muss man erst aufbauen. Ich achte darauf, dass meine Kundinnen die Technik richtig lernen und verstehen, dass der Aufbau von Kraft und Muskeln Kontinuität erfordert. Es geht darum, grundlegende Übungen zu machen, und das regelmäßig. Zweimal pro Woche reicht für den Einstieg vielleicht aus, aber auf Dauer muss man mehr machen, um wirklich Fortschritte zu sehen.“
»Ernährung und Krafttraining sind in den Wechseljahren unerlässlich
Rebecca Barthel, wenn eine Frau in die Wechseljahre kommt, worauf sollte sie im Training besonders achten?
„Es ist wichtig, zu verstehen, dass der Muskelabbau in den Wechseljahren natürlicherweise zunimmt, das Bindegewebe an Elastizität verliert und die Knochen poröser werden. Das liegt u. a. daran, dass der Körper weniger Kollagen produziert, was zu einem Verlust an Wasserspeicher im Gewebe führt. In dieser Phase ist es entscheidend, nicht nur auf die Ernährung zu achten – Proteine alleine reichen nicht aus, um Muskeln aufzubauen. Krafttraining ist unerlässlich, um die Muskulatur und die Knochendichte zu stärken. Frauen sollten in den Wechseljahren auf regelmäßiges Krafttraining setzen, um diesen natürlichen Prozessen entgegenzuwirken. Dadurch wird nicht nur der Muskelabbau verlangsamt, sondern auch die psychische Belastung, die viele Frauen in dieser Lebensphase spüren, ausgeglichen.“
Wie genau hilft Krafttraining bei den Beschwerden der Wechseljahre?
„Krafttraining hat positive Effekte auf die Psyche. Viele Frauen leiden während der Wechseljahre unter Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und Reizbarkeit. Sport wirkt wie ein Ventil und verbessert das allgemeine Wohlbefinden. Schon drei Stunden Krafttraining pro Woche reichen aus, um positive Veränderungen zu spüren: Das Bindegewebe wird straffer, die Haltung verbessert sich und der Körper beginnt, sich zu definieren. Zu spät ist es dafür nie! Ich habe Kundinnen schon im Alter von 50 Jahren gehabt, denen ich versprochen habe, dass sie in die Form ihres Lebens kommen werden – und sie haben es immer mit der richtigen Kombination geschafft, denn Krafttraining allein reicht nicht aus. Wichtig ist auch, sich gesund zu ernähren, denn die richtige Kombination aus Bewegung und Ernährung ist entscheidend. Selbst kleine Verbesserungen von 20 bis 30 Prozent mehr Bewegung und mehr Ernährungsqualität, machen einen großen Unterschied. So kann man die Beschwerden der Wechseljahre deutlich lindern.“
Mehr zum Thema Wechseljahre erfahren Sie bei unseren Kollegen von STYLEBOOK.
Wie man sich mit Training auf die Wechseljahre vorbereiten kann
Kann man sich im Vorfeld auf die Wechseljahre vorbereiten?
„Ja, definitiv. Wer schon immer aktiv war und Krafttraining gemacht hat, startet mit einer besseren Ausgangsbasis in die Wechseljahre. Die Knochendichte ist besser, die Muskulatur ist ausgeprägter und der Stoffwechsel läuft effizienter. Auch die Kollagenproduktion lässt sich durch bestimmte Nährstoffe unterstützen. Es ist nie zu spät, damit anzufangen, aber wer frühzeitig aktiv wird, wird in den Wechseljahren deutlich weniger Probleme haben. Das ist wie bei einem gut gepflegten Auto – wer regelmäßig Wartung betreibt, wird weniger Probleme haben als jemand, der das vernachlässigt. Prävention ist hier der Schlüssel. Prävention bedeutet: Krafttraining ist für Frauen ab 40 besonders entscheidend, da der Muskelabbau und die damit verbundenen körperlichen Veränderungen schneller voranschreiten. Viele Frauen haben jedoch falsche Vorstellungen davon, wie sie trainieren sollten.“
Auf was sollte man also beim Training achten?
„Es gibt verschiedene Formen von Training – Kraftausdauer, Schnellkraft, Bodyweight-Training – aber wenn es um den gezielten Muskelaufbau geht, sprechen wir von Hypertrophie. Dabei vergrößert sich der Muskelquerschnitt, und das erfordert spezifische Trainingsreize: die richtige Anzahl an Wiederholungen, Sätzen und das richtige Gewicht. Hier ist es wichtig, sich von einem Trainer beraten zu lassen, um einen individuellen Plan zu erstellen, der den eigenen Gegebenheiten entspricht.“
Gibt es noch etwas, was Sie Ihren Kundinnen raten, um Erfolg beim Sport zu erzielen?
„Regelmäßigkeit ist dabei der Schlüssel – nur konsequentes Training bringt langfristig Erfolg. Es geht nicht darum, endlos viel Zeit zu investieren, sondern darum, effizient und kontinuierlich zu arbeiten. Frauen können sich viel Geld für teure Cremes und Produkte sparen, wenn sie auf die einfachen Dinge setzen: Bewegung und Ernährung. Das wirkt viel nachhaltiger und unterstützt den Körper dabei, gesund und straff zu bleiben. Besonders in den Wechseljahren kann Krafttraining enorm helfen, sowohl körperlich als auch mental. Es strafft das Bindegewebe, baut Muskeln auf und verbessert die Haltung. Man kann auch mit über 40 noch einen definierten Körper haben – das hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit der richtigen Herangehensweise.“
Training der Problemzone Arme in den Wechseljahren
Wie verhält es sich mit dem Muskelaufbau in den Wechseljahren, insbesondere wenn man Problemzonen wie die Arme angehen möchte? Worauf sollten Frauen beim Training dieses Körbereichs achten?
„Wenn man straffe Arme möchte, geht es nicht nur um gezieltes Armtraining, sondern um ein intensives Ganzkörpertraining. Die Arme, besonders der Trizeps, werden oft auch indirekt durch andere Übungen mittrainiert, wie zum Beispiel beim Brust- oder Rückentraining. Übungen wie Bankdrücken oder Klimmzüge trainieren nicht nur die Hauptmuskeln, sondern auch den Trizeps und Bizeps mit. Frauen klagen oft über schlaffe Haut im Trizeps-Bereich, und da kann man natürlich gezielt mit Übungen ansetzen. Es kommt aber immer darauf an, wie intensiv und wie regelmäßig man trainiert und vor allem, wie man sich ernährt. Man kann die Arme definieren, aber Fettabbau erfolgt immer im ganzen Körper, nicht nur in einzelnen Bereichen.“
Und woran ist der Fettabbau geknüpft?
„Wenn man läuft, kann man nicht gezielt nur an den Beinen abnehmen, genauso wenig kann man nur an den Armen abnehmen. Es hängt von den genetischen Veranlagungen ab, wo der Körper zuerst Fett abbaut. Aber wenn man sich bspw. auf die Arme fokussiert und regelmäßig Krafttraining macht, wird man Fortschritte sehen. Der Körper verändert sich insgesamt mit der richtigen Kombination aus Training und Ernährung. Am Ende ist es wichtig, das Gesamtpaket zu betrachten: Ganzkörpertraining, gesunde Ernährung und Kontinuität. So kann man in den Wechseljahren den Körper straffen und auch gezielt an den Armen arbeiten.“
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Training der Problemzone Bauch in den Wechseljahren
Was ist der beste Weg, um einen flachen, definierten Bauch auch im höheren Lebensalter zu bekommen?
„Der Schlüssel zu einem flachen, durchtrainierten Bauch liegt nicht ausschließlich im Bauchtraining selbst, sondern vor allem im Reduzieren des Körperfettanteils. Bauchmuskeln hat jeder, aber sie werden erst sichtbar, wenn der Fettanteil niedrig genug ist – bei Frauen meist ab etwa 14 Prozent Körperfett. Frauen haben von Natur aus mehr Körperfett als Männer, was biologisch bedingt ist, da unser Körper für Schwangerschaften eine gewisse Fettreserve hat. Das heißt, wenn man einen flachen Bauch haben möchte, muss man in erster Linie auf die Ernährung achten. Das Sprichwort ‚Abs are made in the kitchen‘ trifft hier vollkommen zu. Es bringt wenig, fünfmal die Woche intensiv zu trainieren, wenn man gleichzeitig mehr Kalorien zu sich nimmt, als man verbrennt, oder die falschen Nährstoffe isst. Der Bauchfettanteil wird vor allem durch eine saubere Ernährung reduziert, und das zeigt sich dann auch im Bereich des Bauchs.“
Kann Bauchtraining allein also einen gegensätzlichen Effekt haben?
„Bauchtraining allein macht den Bauch nicht flach. Im Gegenteil, intensives Bauchmuskeltraining mit viel Gewicht kann dazu führen, dass die Bauchmuskeln größer und stärker werden, was den Bauch eher breiter aussehen lässt, anstatt flacher. Der Bauch wird bei fast allen Übungen mittrainiert, vor allem bei komplexen Ganzkörperübungen wie Kreuzheben oder Kniebeugen. Diese stärken die Körpermitte und verbessern die allgemeine Haltung, wodurch der Bauch ohnehin einbezogen wird. Der beste Weg, um einen definierten Bauch zu bekommen, ist daher ein ganzheitliches Training, das auf Muskelaufbau (Hypertrophie) und einen hohen Kalorienverbrauch abzielt, kombiniert mit einer ausgewogenen und gesunden Ernährung. Erst dadurch wird der Körperfettanteil reduziert, was die Bauchmuskeln schließlich freilegt.“