13. Dezember 2023, 4:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Der Australier Nick Kyrgios gehört nicht nur zu den umstrittensten Tennisprofis, sondern zu den streitbarsten Sportlern überhaupt. Einerseits fällt er mit Skandalen, Wutausbrüchen und Arroganzanfällen auf. Andererseits zeigt der „Bad Boy“ immer wieder sein großes Herz für Kinder oder Bedürftige. Was kaum jemand weiß: Kyrgios plagten eine Zeit lang düstere Gedanken.
Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. Nick Kyrgios polarisiert die Massen. Betritt der 28-Jährige den Tennis-Court, ist Entertainment pur garantiert. Irgendetwas passiert immer. Mal legt er sich mit dem Schiedsrichter, den Zuschauern oder dem Gegenspieler an. Mal zertrümmert er seinen Schläger oder lässt lautstarke Schimpftiraden los. Er tut einfach, was ihm in den Kram passt. Authentisch oder gespielt? Auf jeden Fall unterhaltsam. Auch deshalb verfolgen seine Matches Millionen von Menschen, sein Instagram-Kanal hat mehr als vier Millionen Follower.
Aber: Kyrgios ist auch ein exzellenter Tennisspieler! Ist er mit dem Kopf bei der Sache und hat er Lust und Laune, kann er an diesen Tagen jeden Spieler der Welt schlagen. Dann spielt er Tennis von einem anderen Stern. Bislang sieben Turniersiege, zwei Viertelfinalteilnahmen bei den Australian Open und den US Open und ein Wimbledon-Finale sind der Beweis. Im Januar 2022 gewann er die Australian Open im Doppel an der Seite seines guten Kumpels Thanasi Kokkinakis. Einige Experten behaupten, dass er das Zeug zur weltweiten Nummer eins hätte – wenn er denn nur die dafür notwendige Motivation, die Klarheit und den Ehrgeiz mitbringen würde.
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Alkohol und Schmerzen bestimmten sein Leben
Doch hinter der Geschichte des „Enfant terrible“ steckt mehr. Auf Instagram machte er vor einigen Jahren öffentlich, dass er in seiner Heimatstadt Canberra als Zwölfjähriger übergewichtig war, gemobbt und rassistisch beleidigt wurde.
Auch in den Jahren danach hatte Kyrgios immer wieder mit Depressionen und psychischen Rückschlägen zu kämpfen. Das offenbarte er nun in einem der Podcasts des Engländers Jay Shetty, wie das US-Magazin „Peolpe“ berichtet.. Richtig schlimm wurde es im Jahr 2019. „Ich habe jede Nacht getrunken“, gestand Kyrgios. „Zu der Zeit dachte ich, dass es einfach nur Spaß ist, aber es war kein Spaß. Es war nur selbst zugefügter Schmerz. Und ich hatte Freunde um mich herum, die mir sagten, dass das nicht gesund sei, und ich habe sie ignoriert.“ Heftige Worte des nach außen sonst so toughen, oft arrogant wirkenden Sportlers mit dem Hang zur Selbstüberschätzung.
Nick Kyrgios: „Ich war so ein Wrack“
Aber es ging noch weiter. Nach einem seiner Alkoholexzesse stand wenige Stunden später sogar ein Match an. „Und am nächsten Tag spielte ich gegen Rafael Nadal. Ich sah mich an. Ich dachte mir: ‚Das kann ich nicht tun. Ich muss diese Gewohnheiten irgendwie ändern’“, sagte er im Podcast. Hinzu kam, dass er sich selber physische Verletzungen zufügte, die vor der Öffentlichkeit zu verstecken versuchte.
„Ich musste auf dem Center Court von Wimbledon eine Armmanschette tragen und niemand wusste etwas von diesen Problemen. Und es war hart. Und wenn ich zurückblicke, weiß ich nicht, wie ich da rausgekommen bin, um ehrlich zu sein. Ich war so ein Wrack“, so Kyrgios. Heute scheint es ihm besser zu gehen. Auch, weil er seit inzwischen zwei Jahren eine stabile Beziehung führt, mit der Australierin Costeen Hatzi. Die 23-Jährige ist Bloggerin und Influencerin.
Kyrgios‘ dunkelster Moment
Doch als es ihm alles andere als gut ging, hatte er zusätzlich noch mit der Rolle der Medien zu kämpfen. „Das Schlimmste waren die Medien. Ich hatte in dieser Zeit gute Ergebnisse. Und die Medien fragten: „Okay, ist das ein neuer Nick Kyrgios?“ Und ich dachte: ‚Das ist die dunkelste Zeit meines Lebens.’“
Kyrgios soll sogar daran gedacht haaben, sein Leben zu beenden. „Es gab ein Turnier in Mexiko, Acapulco, wo ich darüber nachdachte. Ich hatte Selbstmordgedanken. Ich war einfach auf dem Balkon meines Hotels und ich dachte wirklich darüber nach“, blickte er im Podcast zurück.
Wie ihm seine (kleinen) Fans wieder auf die Beine halfen
Auch seine zweifellos zahlreichen Anhänger auf der ganzen Welt hätten ihm geholfen, aus dieser Lage zu entkommen. Und er nennt ein aktuelles und zugleich rührendes Beispiel. „Vor anderthalb Wochen habe ich ein „Make a wish“-Kind getroffen, das wahrscheinlich nur noch sechs Monate zu leben hat. Und da wurde mir klar, dass ich für diese Art von Menschen spiele, die zu mir aufschauen und wirklich wollen, dass ich Erfolg habe. Wie Kinder, die zukünftige Generation.“
Und er fügte hinzu: „Ich habe gemerkt, dass ich eine ganze Reihe von Fans habe, die mich erfolgreich sehen wollen. Deshalb liebe ich es jetzt zu spielen. Als würde ich für sie spielen, aber das ist es, was mich da rausgeholt hat.“
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Was Kyrgios auf „Onlyfans“ verkündete
Doch bis ihn seine Fans wieder in Aktion erleben können, wird es noch eine Zeit dauern. Denn kürzlich sagte Nick Kyrgios, der aufgrund einer Knieoperation und Problemen mit dem Handgelenk in diesem Jahr nur ein Spiel bestreiten konnte, seine Teilnahme an den Australian Open im Januar 2024 verletzungsbedingt ab.
„Es bricht mir natürlich das Herz. Ich habe so viele tolle Erinnerungen an das Turnier, und ich möchte einfach wieder auf höchstem Niveau spielen und alles richtig machen. Dafür brauche ich etwas mehr Zeit“, verkündete er auf seinem „Onlyfans“-Kanal, wo er sich vor wenigen Tagen angemeldet hatte. Gehört ja heutzutage offenbar dazu. Auch das passt dann wieder irgendwie zu diesem Nick Kyrgios.
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