28. Januar 2021, 14:48 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Viele Menschen haben während des Lockdowns die körperliche Betätigung gegen einen gemütlichen Platz auf der Couch getauscht. Streaminganbieter und Mediatheken ersetzen Vereine und Fitnessstudios. Aber nun kann man Binge-Watchings und Aktivität verbinden. Ein neues Add-on für Netflix blendet Sportübungen während der Lieblingssendung ein .
So wird Netflix zum persönlichen Fitnesstrainer. Die ideale Lösung für alle, die generell lieber Streamen als Sport machen und die, die eigentlich lieber Sport machen würden, aber durch Corona nicht ins Fitnessstudio können. FITBOOK unterzog „Netflex“, so der passende Name der Browser-Erweiterung, dem Test.
Aus Netflix wird das sportliche „Netflex“
Seit dem 12. Januar ist im „Google Chrome“-Webstore das kostenlose Add-on „Netflex“ verfügbar. Eine kleine Gruppe Texaner, die es „liebt, zwei Dinge gleichzeitig zu machen“, hat es erfunden. Wer während des nächsten Hollywood-Blockbusters oder Staffel vier der Lieblingsserie gerne ein bisschen trainieren will, muss nur im „Google Chrome“-Browser auf „installieren“ klicken. Nach wenigen Sekunden taucht oben neben der URL das kleine Logo von „Netflex“ auf. Wer nun im Browser Netflix aufruft, ein Video startet und auf das Logo klickt, bekommt ein Workout angezeigt.
Das besteht aus einer kleinen, gezeichneten Fitnesstrainerin, die in der unteren rechten Bildecke des Netflix-Videos auftaucht. Sie macht verschiedene Sportübungen (z. B. Jumping Jacks und Bicycle Crunches) vor, während ein Timer die Sekunden herunterzählt. Ist die Zeit abgelaufen, startet die nächste Übung. Und das alles, ohne die Serie oder den Film zu unterbrechen. Stoppt man das Programm, wird auch der Timer angehalten. Ton gibt es nicht – würde ja auch stören – wohl aber kleine Anmerkungen zu den Übungen, die neben der Trainerin eingeblendet werden.
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Was genau bietet das Workout?
Laut Angabe der Erfinder sind die Workouts zwischen 20 und 40 Minuten lang. Was passiert, wenn das Video länger als 40 Minuten ist? „Glückwunsch, dann haben Sie eine extra lange Ruhepause am Ende“, scherzen die Texaner. Und wem ein Workout nicht gefällt, der könne die Seite einfach aktualisieren und so ein neues starten. „Und wenn Ihnen keins davon gefällt, hören Sie auf, sich selbst etwas vorzumachen und setzen Sie sich auf die Couch.“ Die Browser-Erweiterung greift auf traditionelle Cardio- und Bodyweight-Übungen zurück, die leicht nachzumachen sind. Wer eine Übung nicht versteht, der solle bis zur nächsten Übung auf der Stelle joggen. Equipment ist nicht erforderlich. Einige Übungen erfordern jedoch einen Stuhl.
Die Workouts seien für jedes Alter und Fitnesslevel geeignet. Die Macher weisen jedoch darauf hin: „Netflex soll auf spaßige und effiziente Weise dabei helfen, aktiv zu bleiben. Aber wir wollen nicht, dass sich jemand verletzt und wir wollen definitiv nicht verklagt werden, alsoooooooo…. Bitte kontaktieren Sie einen Mediziner, bevor Sie mit dem Training beginnen.“ Ein guter Rat, den auch wir von FITBOOK nur unterstützen können! Damit Sie noch besser einschätzen können, was auf Sie zukommt, haben wir „Netflex“ einem Test unterzogen.
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„Netflex“ im Test – „Netflix wird mein Fitnesstrainer“
Was gibt es Besseres, als Netflix bei der Arbeit zu gucken? Nichts. Um mich auf das Workout konzentrieren zu können, wähle ich das finnische Netflix-Exclusive „Deadwind“ aus. Ich spreche zwar kein Finnisch, gucke nie mit Synchronspur und Untertitel während des Trainings sind sicher unpraktisch, aber ich habe meine Lieblingsserie bereits so oft geschaut, dass ich sowieso weiß, worum es geht. Also auf zum sportlichen Binge-Watching!
Los geht es mit Stretching. Zuerst 30 Sekunden Kopfrollen, dann die Arme dehnen. Während des dramatischen schwarz-weißen Vorspanns schwingt die kleine Trainerin ihre Beine vor und zurück. Danach ist Schulterrollen dran. Bei den Jumping Jacks komme ich mir etwas doof vor, weil sie im Takt überhaupt nicht zur düsteren Musik der Serie passen. Bitte was? Planken? Okay… Ich schmeiße mich auf den Boden und platziere den PC so, dass ich irgendwie noch den Bildschirm sehen kann. Die Hauptfigur liegt im Bett und schläft. Das würden meine Arme jetzt auch gerne tun. Yay, wir machen einige Sekunden Pause! Um dann gleich in eine Minute Push-ups überzugehen. Neben der kleinen Trainerin erscheint der Tipp: „If you’re struggling, bend your knees.“ Nach der Hälfte der Zeit gebe ich nach und setze die Knie auf dem Boden ab, so kann ich auch besser den Bildschirm im Blick behalten. Die deutschen Untertitel unter dem finnischen Video werden durch Trainerin, Timer und Anmerkungen übrigens nicht verdeckt.
Nach einer weiteren kurzen Pause machen wir eine Minute Shoulder Taps, dann Mountain Climbers. Langsam komme ich echt ins Schwitzen. Das wird wohl das erste Mal sein, dass ich nach dem Netflix gucken duschen muss. Eine Minute Anstrengung, 15 Sekunden Pause. „Netflex“ lässt mich gerade ein Intervalltraining machen – und gleichzeitig meine Lieblingsserie gucken. Es folgen weitere Übungen wie Bicycle Crunches, Squats, Wall Sits, Lunges. Dann gibt es einen zweiten und dritten Durchlauf. Zum Schluss wird noch etwas gedehnt. Am Ende klatscht die kleine Trainerin für mich: „Well done!“
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Persönliches Fazit
„Werde ich durch Netflex so richtig muskelbepackt?“, wird in den FAQ auf der Website der Erfinder gefragt. „Wir machen da keine Versprechungen“, lautet die Antwort. Ich bin ehrlich: Ich dachte, „Netflex“ wäre ein nettes Gimmick mit einer niedlichen Zeichentrickfigur. Aber nach dem Training muss ich zugeben, dass ich ganz schön ins Schwitzen gekommen bin – und dabei echt Spaß hatte! „Netflex“ bietet ein Intervalltraining während man Serien oder Filme guckt. Ich werde es auf jeden Fall dauerhaft auf meinem PC installieren und häufiger nutzen. Denn die Animationen sind witzig, die Übungen fundiert und die virtuelle Trainerin stört auch das Netflix-Bild nicht. Nur die Übungen, bei denen man auf den Boden guckt, trüben das Streaming-Erlebnis etwas. Aber dafür kann ich jetzt sagen: Netflix ist mein Fitnesstrainer!