19. Juni 2021, 6:57 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Scharf auf ein Sixpack ist oder einen gestählten Po? Wer Muskeln isoliert trainiert, sieht schnell Erfolge – so lautet jedenfalls eine weit verbreitete Meinung. Stimmt das wirklich oder folgt aus einem solchen Training nicht sogar ein Muskelungleichgewicht? Experten erklären, wie man eine Dysbalance vermeiden kann.
Schlechte Nachrichten für alle, die gerne gegen einzelne Problemzonen antrainieren: Das Trainieren einzelner Muskelgruppen kann unseren Körper aus der Balance bringen. Wenn man Einzelübungen nicht richtig ausführt oder kombiniert, kann das zu einem Muskelungleichgewicht führen. Um ein muskuläre Dysbalance zu vermeiden, sollte man folgende Expertentipps beachten.
Übersicht
Was ist muskuläre Dysbalance eigentlich?
Unter muskulärer Dysbalance versteht man ein Ungleichgewicht der Muskulatur. Dieses Ungleichgewicht entsteht, wenn im Alltag oder beim Sport manche Muskeln mehr benutzt und trainiert werden als andere und sich damit stärker ausprägen. Muskuläre Dysbalance kann im Prinzip bei allen Muskelgruppen auftreten, die einen Spieler und Gegenspieler haben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch Agonist und Antagonist. Also ein Muskel, der hauptsächlich für eine Bewegung verantwortlich ist und der Muskel, der sich entgegen dieser Bewegung bewegt.1
Beispiele dafür sind das Beuge- und Streck-Verhältnis von Bizeps und Trizeps sowie das Hohlkreuz. Beim Hohlkreuz ist der Hüftbeuger stärker ausgeprägt und verkürzt im Vergleich zur Gesäß- und Bauchmuskulatur, dadurch entsteht dann eine übermäßige Krümmung des Rückens nach vorne. Muskuläres Ungleichgewicht kann auch zwischen oberer und unterer sowie linker und rechter Körperhälfte auftreten.2
Ursachen muskulärer Dysbalance
Entstehen kann ein muskuläres Ungleichgewicht durch:3,4
- langes Sitzen
- falsche Haltung
- Bewegungsmangel
- angeborene orthopädische Fehlstellung
- einseitiges Training
Mit richtigem Training kann muskuläre Dysbalance vermieden und auch behoben werden.5
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Muskuläre Dysbalance beim isolierten Training vermeiden – so geht’s
Einzelne Muskelgruppen durch Übungen selektiv anzusteuern, ist trotz der Gefahr muskulärer Dysbalance gut möglich. Unter anderem bei Bauch, Brust und Extremitäten funktioniert das sogar sehr gut. „Je kleiner der Muskel und je komplexer die Bewegung, desto schwieriger lassen sich die Muskeln aber isoliert trainieren“, erklärt Lars Donath, Professor für Trainingswissenschaftliche Interventionsforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln.
Wann ist das Trainieren isolierter Muskelgruppen sinnvoll?
Ob es sinnvoll ist, einzelne Muskelgruppen zu trainieren, hängt von den individuellen Zielen und Motiven jedes Sportlers ab. Denn während ein Langläufer für seinen Sport große Muskeln in ganz verschiedenen Körperbereichen stärken muss, kann zum Beispiel für einen Dartspieler das Training einzelner Muskeln im Arm durchaus interessant sein, sagt Donath.
Doch es gibt Grenzen: Denn Sportler sollten versuchen, starke Dysbalancen beim Training zu vermeiden. Dafür ist es wichtig, den Gegenspieler-Muskel im gleichen Maß mitzutrainieren. „Zum Beispiel sollte zum Bauch auch immer der untere Rücken trainiert werden und bei der Brust immer auch genauso der obere Rücken“, erklärt Personal Trainerin Nina Kersting aus Dortmund. Es besteht nämlich die Gefahr, dass entstandene Dysbalancen Verspannungen oder Verkürzungen bestimmter Muskeln auslösen könnten und damit eventuell Gelenke schädigen und langfristig Verletzungen verursachen.
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Belastung der Muskeln richtig steuern
Wenn man Muskeln einzeln trainiert, sollte man die Belastung in jedem Fall sinnvoll steuern. Beispielsweise beim Bauch kann man durch verschiedene Übungen sehr unterschiedliche Schwerpunkte im Training setzen. Ebenfalls wichtig ist die Art der Belastung: Die Übungen sollten bewusst und sauber durchgeführt werden. Das ist wichtiger als viele und schnelle Wiederholungen, insbesondere im Gesundheits- und Breitensportbereich.
Das klassische Beispiel dafür ist das Hohlkreuz beim Bankdrücken oder tiefen Kniebeugen. „Man sieht oft eine sehr kontraproduktive Ausführung“, sagt Felix Binsker. Auch er ist Personal Trainer in Dortmund.
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Vorteil von Übungen, die mehrere Muskelgruppen gleichzeitig aktivieren
Deshalb gilt: Wer nicht gerade einzelne Muskeln trainieren muss, sollte lieber Übungen machen, die mehrere Muskeln am Körper aktivieren. „Vor allem, wenn man wenig Zeit hat, kann man mit wenig Übungen viel erreichen“, sagt Nina Kersting. Zudem verbrennt man mehr Kalorien, je mehr Muskeln gleichzeitig aktiviert werden.
Wenn man also ein Sixpack haben möchte, sollte man trotzdem mehr als nur den Bauch trainieren. Denn um das zu schaffen, muss der Körperfettanteil reduziert werden. Und das geht eben am einfachsten, wenn man möglichst viele Kalorien verbrennt.
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Wann werden Muskeln sichtbar größer?
Egal wie man trainiert – grundsätzlich ist es sinnvoll, die Belastung immer etwas zu verändern. Denn der Körper gewöhnt sich sehr schnell an eine Übung und der gewünschte Effekt wird schwächer. Wie sehr der Körper auf die Reize reagiert, ist trotzdem individuell völlig unterschiedlich.
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Bis die Muskeln optisch größer werden, kann es in jedem Fall etwas dauern – auch bei konsequentem Einzeltraining für Arm oder Bauch. „In den ersten vier bis sechs Wochen finden überwiegend neuronale Anpassungen im Körper statt. Erst ab 4 Wochen sieht man in der Regel nennenswerte Zuwächse des Muskelquerschnitts bei ca. zweimal wöchentlichem Training“, erklärt Lars Donath. Der Experte empfiehlt deshalb, einen Trainingsplan erstmal mindestens 24 Einheiten durchzuziehen und die Belastung und Ergebnisse zu dokumentieren.
Quellen:
1. Academy of Sports (2019). Muskuläre Dysbalancen und deren Folgen.
2. MED EL (2021). Muskuläre Dysbalance.
3. Sport-Med (abgerufen 2021). Muscle Imbalance as a Cause of Injury.
4. Rückenzentrum.de (abgerufen 2021). Muskuläre Dysbalancen.
5. Kim, T. et al. (2015). Effects of specific muscle imbalance improvement training on the balance ability in elite fencers.