
19. März 2025, 4:04 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Kniebeugen trainieren den Po? Ja, aber noch viel mehr als das. FITBOOK-Autorin Nina Ponath verrät Ihnen hier, wie die Königsdisziplin des Krafttrainings wirkt.
„Squats? Die trainieren doch Beine und Po, oder?“ Dass Kniebeugen die Beine fordern – daran besteht wohl kein Zweifel. Nicht umsonst gilt die Übung als echte Königsdisziplin des Krafttrainings. Ein Squat kann aber noch viel mehr als das. Sie ist eine der effektivsten und vielseitigsten Kraftübungen. Welche Muskeln bei Kniebeugen wirklich beansprucht werden, hat FITBOOK einen Personal Trainer und Sportwissenschaftler gefragt. Er verrät, welche Muskelgruppen wie genau involviert sind und warum diese Übung in keinem Trainingsplan fehlen sollte.
Übersicht
- Warum sind Kniebeugen so effektiv?
- Welche Muskelgruppen werden bei Kniebeugen beansprucht?
- Beanspruchung der Muskeln messbar
- Zusammenfassung der Muskelaktivierung nach Reihenfolge der Beanspruchung
- Wichtige Faktoren für die Aktivierung
- Warum sind diese Muskeln wichtig?
- Auch Kondition und Koordination profitieren von Kniebeugen
- Fazit
- Quellen
Warum sind Kniebeugen so effektiv?
Kniebeugen sind eine sogenannte Mehrgelenksübung, das heißt, sie beanspruchen mehrere Muskelgruppen gleichzeitig. Gleichzeitig zählen sie zusammen mit Liegestützen, Klimmzügen, Kreuzheben und Rudern zu den Grundübungen des Krafttrainings. Squats sind ideal, um Kraft und Muskelmasse aufzubauen, ohne dabei zu viel Zeit aufzuwenden. Das ist aber noch nicht alles. Sie wirken sich nicht nur positiv auf die Muskelkraft aus, sondern verbessern auch die Beweglichkeit und die Körperhaltung. Zudem sorgen sie für eine starke Körpermitte, was sich positiv auf viele andere Bewegungen im Alltag und beim Sport auswirkt. Darüber hinaus fördern Kniebeugen die intermuskuläre Koordination, also das Zusammenspiel verschiedener Muskelgruppen, was zu effizienteren Bewegungsabläufen führt.
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Welche Muskelgruppen werden bei Kniebeugen beansprucht?
„Squats – also Kniebeugen – trainieren fast den ganzen Körper“, sagt Personal Trainer Andreas Heumann, „du hast da eine Mischung aus Stabilisation, also Muskeln, die statisch arbeiten, wie die Rumpf- und Rückenmuskulatur, und dynamisch arbeitenden Muskeln, wie Quadrizeps und Adduktoren.“
Quadrizeps (vorderer Oberschenkelmuskel)
Der Quadrizeps femoris besteht aus vier Muskelköpfen und befindet sich an der Vorderseite des Oberschenkels. Er ist der Hauptakteur bei der Kniebeuge, da er für die Kniestreckung verantwortlich ist.
Gesäßmuskulatur (Gluteus maximus, medius, minimus)
Die Gesäßmuskulatur spielt eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung der Hüfte und hilft dabei, sich aus der tiefen Hocke wieder nach oben zu drücken. Besonders der Gluteus maximus wird intensiv beansprucht.
Beinbeuger (ischiocrurale Muskulatur)
Die Muskulatur an der Rückseite der Oberschenkel, bestehend aus Bizeps femoris, Semitendinosus und Semimembranosus, unterstützt die Kniebeuge, indem sie das Knie stabilisiert und die Bewegung kontrolliert.
Wadenmuskulatur (Gastrocnemius und Soleus)
Die Wadenmuskulatur hilft, die Balance zu halten und stabilisiert das Sprunggelenk während der gesamten Bewegung.
Adduktoren und Abduktoren
Bei der Kniebeuge wirken auch die Adduktoren (innere Oberschenkelmuskulatur) und Abduktoren (äußere Hüftmuskulatur) aktiviert, was die Übung zu einem umfassenden Training für die gesamte untere Körperhälfte macht.
Rumpfmuskulatur (Core)
Die Bauch- und Rückenmuskulatur spielt eine entscheidende Rolle, um den Oberkörper stabil zu halten. Besonders der gerade Bauchmuskel (Rectus abdominis) und die tiefen Rumpfmuskeln (Transversus abdominis, multifidus) sind stark involviert.
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Beanspruchung der Muskeln messbar
„Es gibt Auswertungen über EMG“, sagt Andreas Heumann, „die ganz genau zeigen, welche Muskeln zu welchem Anteil wie beansprucht werden.“ Der Sportwissenschaftler verweist hier auf eine wissenschaftlich fundierte Analyse der Muskelaktivierung die die Beanspruchung der verschiedenen Muskelgruppen in unterschiedlichem Ausmaß darstellt.1
Die Reihenfolge basiert auf EMG-Studien (Elektromyografie), Biomechanik und physiologischen Belastungen und sieht folgendermaßen aus:2,3,4
Primäre Agonisten (Hauptmuskelgruppen, höchste Aktivierung)
Diese Muskeln sind für die Bewegung beim Squat hauptverantwortlich:
Quadriceps Femoris (vorderer Oberschenkel)
- Besonders der Vastus Lateralis, Vastus Medialis, Vastus Intermedius und Rectus Femoris
- Streckung des Knies (Knieextension)
- EMG-Werte: ca. 60 bis 80 Prozent der maximalen Aktivierung
Gluteus Maximus (großer Gesäßmuskel)
- Stärkste Hüftstreckung (Extension)
- Besonders bei tiefen Kniebeugen oder Squats mit hoher Last
- EMG-Werte: ca. 40 bis 70 Prozent der maximalen Aktivierung
- Tiefe Squats aktivieren den Gluteus stärker als parallele Kniebeugen
Sekundäre Agonisten (hohe Aktivierung, aber nicht primär für die Bewegung verantwortlich)
Diese Muskeln unterstützen die Bewegung erheblich:
Adduktoren-Gruppe (Oberschenkel-Innenseite)
- Adductor Magnus ist besonders aktiv, da er die Hüftstreckung unterstützt
- Je breiter der Stand, desto höher die Aktivierung
- EMG-Werte: ca. 30 bis 50 Prozent der maximalen Aktivierung
Hamstrings (hintere Oberschenkelmuskulatur)
- Biceps Femoris, Semimembranosus, Semitendinosus
- Unterstützen Hüftstreckung, aber weniger als der Gluteus Maximus
- Geringe Aktivierung bei klassischen Squats, da sie keine Knieextension bewirken (hohe Aktivität nur in Kombination mit Hinge-Movement)
- EMG-Werte: ca. 20 bis 40 Prozent der maximalen Aktivierung
Stabilisatoren (geringere Aktivierung, aber essenziell für Kontrolle der Bewegung)
Diese Muskeln stabilisieren die Bewegung, ohne Hauptkraft zu liefern:
Erector Spinae (Rückenstrecker)
- Isometrische Haltearbeit der Wirbelsäule
- Je schwerer die Last, desto höher die Aktivierung
- EMG-Werte: ca. 20 bis 40 Prozent der maximalen Aktivierung
Core-Muskulatur (Rumpf)
- Rectus Abdominis, Obliquus Externus/Internus, Transversus Abdominis
- Stabilisieren das Becken und verhindern ein nach vorne Kippen
- Besonders stark beansprucht bei Front Squats und Overhead Squats
- EMG-Werte: ca. 15 bis 35 Prozent der maximalen Aktivierung
Wadenmuskulatur (Gastrocnemius und Soleus)
- Stabilisieren das Sprunggelenk
- Höhere Aktivierung bei tieferen Squats oder Kniebeugen mit Fersenanhebung
- EMG-Werte: ca. 10 bis 30 Prozent der maximalen Aktivierung
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Zusammenfassung der Muskelaktivierung nach Reihenfolge der Beanspruchung
- Quadriceps Femoris (60–80 %)
- Gluteus Maximus (40–70 %)
- Adduktoren (30–50 %)
- Hamstrings (20–40 %)
- Erector Spinae (20–40 %)
- Core-Muskulatur (15–35 %)
- Wadenmuskulatur (10–30 %)
Wichtige Faktoren für die Aktivierung
Welche Muskeln in welchem Maß beansprucht werden, ist abhängig von der Bewegungsausführung und der Position, die die Hantelstange einnimmt, sagt Personal Trainer Andreas Heumann: „Die Auswertung des EMGs bezieht sich auf „High Bar Squats“ – da wird die Stange auf dem Trapez und den Schultermuskeln abgelegt. Es gibt auch Low Bar Squats, aber das können die wenigsten gut.
Achtung: Entgegen der Meinung, dass das Gesäß nicht tiefer als die Knie sinken darf, sind tiefe Kniebeugen absolut erlaubt und sogar erwünscht, wenn man das Gesäß trainieren will. „Je tiefer man geht, desto mehr werden die Gesäßmuskeln beansprucht“, sagt Andreas Heumann.“
Die Aktivierung sieht je nach Art der Kniebeuge und der Haltung folgendermaßen aus:
- Tiefere Squats: mehr Gluteus und Adduktoren
- Breitere Fußstellung: höhere Aktivierung der Adduktoren
- Höheres Gewicht: mehr Quadriceps und Core
- Front Squat: stärkere Core-Aktivierung als Back Squat
- High Bar vs. Low Bar: Low Bar aktiviert mehr Hüftstrecker, High Bar mehr Oberschenkelmuskulatur
Warum sind diese Muskeln wichtig?
Die durch Kniebeugen trainierten beanspruchten Muskelgruppen sind im Alltag und im Sport essenziell. Sie unterstützen uns beim Gehen, Laufen, Springen und beim Heben von Lasten. Eine starke Bein- und Gesäßmuskulatur beugt zudem Verletzungen vor und verbessert die Haltung. Gut trainierte Muskeln tragen zu einem erhöhten Grundumsatz bei, was bedeutet, dass der Körper auch in Ruhe mehr Kalorien verbrennt. Dies kann beim Abnehmen und beim Halten des Gewichts helfen.
Auch Kondition und Koordination profitieren von Kniebeugen
Kniebeugen sind nicht nur ein Krafttraining, sondern auch ein hervorragendes Konditionstraining. Durch die Beanspruchung großer Muskelgruppen wird das Herz-Kreislauf-System gefordert, was die Ausdauer verbessert. Zudem erfordert die korrekte Ausführung von Kniebeugen ein hohes Maß an Koordination. Das Zusammenspiel von Muskeln, Gelenken und Nervensystem wird trainiert, was die Bewegungsabläufe im Alltag und beim Sport optimiert. Werden Kniebeugen mit Zusatzgewichten oder in schnellerem Tempo ausgeführt, steigt die konditionelle Herausforderung zusätzlich.

Übungsanleitung So effektiv sind die Front Squats für das Beintraining

Fitnessprof erklärt's Die Auswirkung von Standweite und Hantelposition bei der Kniebeuge

Kraftübung Für einen knackigen Po! Die richtige Ausführung von Kickbacks am Kabelzug
Fazit
Kniebeugen sind eine der besten Ganzkörperübungen im Krafttraining. Die Übung spart Zeit, da sie viele Muskelgruppen gleichzeitig trainieren. Squats sind somit ideal für den Muskelaufbau, die Körperstabilität und die allgemeine Fitness. Egal, ob Anfänger oder Fortgeschrittener – Kniebeugen sollten in keinem Trainingsprogramm fehlen. Durch die Integration von Kniebeugen in den Trainingsplan können Sie nicht nur Kraft und Muskelmasse aufbauen, sondern auch Ihre Kondition, die Koordination und Beweglichkeit verbessern. Die vielseitige Übung trägt somit zu einer umfassenden Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei und unterstützt einen aktiven und gesunden Lebensstil.