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Fleischjunkie zieht Fazit nach 6 Monaten

„Muskelaufbau und Veganismus sind verschiedene Paar Schuhe“

Immer mehr Kraftsportler setzen auf eine rein pflanzliche Ernährung. Nur ein Marketing-Trick oder Wegweiser zu einem gesünderen Leben? Ein sechsmonatiger Selbstversuch soll Aufschluss geben.
Immer mehr Kraftsportler setzen auf eine rein pflanzliche Ernährung. Nur ein Marketing-Trick oder Wegweiser zu einem gesünderen Leben? Ein sechsmonatiger Selbstversuch soll Aufschluss geben. Foto: FITBOOK
Flavio Treppner

2. August 2020, 9:01 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Für ein halbes Jahr hat sich Autor Flavio Treppner vegan ernährt, um herauszufinden wie viel Ehrgeiz eine rein pflanzliche Ernährung erfordert. Ist Muskelaufbau ohne tierische Proteine tatsächlich möglich? Nach sechs Monaten folgt nun ein Fazit.

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Kurzer Rückblick: Anfang des Jahres entschied ich mich auf Fleisch zu verzichten. Ich wollte mir selbst ein Bild darüber machen, ob der Veganismus im Kraftsport nur ein Trend ist oder sogar einen positiven Einfluss auf die Leistung haben kann. Als passionierter Fleischesser und Pumper war es mir wichtig, eine Meinung aus erster Hand zu haben und beide Seiten der Medaille zu beleuchten. 

Was habe ich aus dem Experiment mitgenommen? 

Trend hin oder her: Für den Verzicht auf tierische Produkte sprechen mehrere Punkte – insbesondere um die Reduzierung der Massentierhaltung voranzutreiben und somit durch schonenderen Umgang mit den natürlichen Ressourcen auch dem Klimawandel entgegenzuwirkenEine der großen Herausforderungen in der heutigen Zeit. Dementsprechend sollte es doch für jeden ein Leichtes sein, freiwillig auf tierische Produkte zu verzichten? 181 Tage ohne Huhn und Molkeprodukte haben mir jedoch gezeigt: Es ist schwieriger als gedacht. Der Gedanke, endlich wieder Eier zu essen, war allgegenwärtig.   

Sie standen zuvor in großen Mengen auf meinem Ernährungsplan. Fünf Kilogramm Fleisch und 50 Eier die Woche zu essen, war sehr extrem. Genauso wie komplett auf tierische Produkte zu verzichten. Jedoch gibt es nicht nur Schwarz und Weiß. Das Experiment hat mir vor Augen geführt, dass ich keine Fleischmast meines eigenen Körpers mehr betreiben möchte. Folglich möchte ich meinen Konsum drastisch herunterschrauben. Das bedeutet jedoch nicht, dauerhaft vegan zu leben. Dafür weist der Veganismus, für mich persönlich, einige Schwächen auf.  

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Das Problem mit den Proteinen 

Damit mir kein Vegan-Bashing unterstellt wird, soll es hier um meinen persönlichen Eindruck gehen. Erfahrungen, die ich gemacht habe und die speziell auf meinen Lebensstil zutreffen. Ich möchte nicht verallgemeinern.  

Vor Beginn des Selbstversuchs habe ich hauptsächlich trainiert und gegessen – und zwar so viel, dass nichts mehr reinging. Dem Training und Muskelaufbau schadete das nicht – im Gegenteil. Viel Proteine und viel Energie ließen die Muskeln wachsen. Mit der Umstellung auf die pflanzliche Kost änderte sich etwas.  

An sich ist die Problematik leicht erklärt: Pflanzliche Proteine haben eine geringere biologische Wertigkeit als Fleisch und Ei. Im Durchschnitt werden von 100 Gramm Erbsen, Soja und Co. 70 Gramm in körpereigene Strukturen umgewandelt. Mehr als 20 Prozent weniger als bei tierischen Produkten. Im Umkehrschluss heißt das: Um dem Muskelverlust entgegenzuwirken, hätte ich mehr essen müssen, als ich es ohnehin schon tat. Rein körperlich war das für mich nicht möglich.  

Der Grund dafür: Bei jeder Mahlzeit nahm ich mehr Kohlenhydrate und Ballaststoffe zu mir als zuvor. Linsen, Erbsen und andere Hülsenfrüchte weisen zwar einen höheren Proteinanteil auf als Huhn, aber auch einen höheren Kohlenhydratanteil. Die Folge: Ich wurde schneller satt, konnte aber meinen Eiweißbedarf nicht decken. Das spiegelte sich relativ schnell auch auf der Waage wider.

Mehr als 20 Kilo runter in einem halben Jahr 

Mein Ausgangsgewicht lag bei etwas mehr als 104 Kilogramm, und man sah mir mein jahrelanges Training durchaus an. Nachdem der Startschuss für das Experiment gefallen war, purzelten die ersten Pfunde quasi über Nacht. Innerhalb der ersten Woche war ich sieben Kilo leichter. Damit war jedoch nicht Schluss. Nach sechs Monaten habe ich 21 Kilo verloren und bringe somit 83 Kilo auf die Waage.  

Körpergewicht Flavio Treppner Waage

Bei solch einem Gewichtsverlust schießen mir gleich Schlagzeilen durch in den Kopf. Ich denke an Menschen, die innerhalb kürzester Zeit viel Gewicht verloren haben und sich damit total unwohl und krank fühlten. Mir ging es jedoch körperlich während des gesamten Versuchs gut. Ich musste mich nicht von einem Tag zum nächsten Tag quälen und war auch nicht zu schwach, um morgens aus dem Bett zu kommen. Im Gegenteil: Beim Aufstehen oder auch beim Treppensteigen machen sich die 20 Kilo durchaus bemerkbar. Spaß beiseite!  

Auch interessant: Warum die Vegan-Doku „The Game Changers“ sehr problematisch ist

Was mein Wohlbefinden angeht, kann ich dem Veganismus nichts Schlechtes nachsagen. Hätte ich keine Waage gehabt, wäre mir keine körperliche Veränderung aufgefallen. Durch meine Challenge wurde mir klar, dass Berichte über Vegan-Experimente, die angeblich innerhalb kürzester Zeit massiv negative Auswirkungen auf den Körper gehabt habenvölliger Humbug sein müssen. Und das egal ob die Folgen vom Fleisch- oder Pflanzenverzehr herrühren. Natürlich reagiert jeder Körper anders und ich wollte nicht verallgemeinern. Ich gebe jedoch zu bedenken: Ich aß fast täglich ein Kilo Fleisch und zehn Eier und zwar über mehrere Jahre. Trotz des abrupten Übergangs zum Veganismus spürte ich keinerlei körperlichen Unterschied. Beim Training sah die Sache jedoch etwas anders aus.  

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Muskelaufbau und Veganismus sind verschiedene Paar Schuhe 

Trotz des allgemeinen Wohlbefindens sank meine Trainingsleistung innerhalb des halben Jahres. Eigentlich skurril: Ich fühlte mich, gerade in den ersten Monaten, sehr gut. Im Studio wollte der Körper aber nicht so wie ich. Der Wille war da, doch das Fleisch war schwach – gab ja auch keins mehr. Meine Trainingsleistung ging um circa 25 Prozent zurück, gemessen an den gestemmten Gewichten. Gerade beim Training und Muskelaufbau spielen die Proteine und deren Qualität eine zentrale Rolle. Muskelaufbau und Veganismus sind verschiedene Paar Schuhe. Das eine Paar entwickelt für Sprinter, das andere für Langstreckenläufer.

Jeder, der sagt: „Muskelaufbau sei vegan nicht möglich“, ist ein Quatschkopf. Man kann mit pflanzlicher Ernährung durchaus einen athletischen Körper entwickeln. Wen es jedoch nach immer mehr Muskeln verlangt, kommt bei veganer Ernährung früher an sein Limit. Es liegt an jedem selbst, die Vor- und Nachteile der Ernährungsweisen abzuwägen und seinen persönlichen Zielen anzupassen. 

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Wie werde ich mich fortan ernähren? 

Der Veganismus braucht Disziplin. Viel Disziplin! Mehr Disziplin als ich aufbringen kann und auch möchte. Komischerweise fehlt mir das Fleisch gar nicht so sehr. Teilweise träume ich jedoch von Eiern und Feta-Käse. Der Gedanke an eine große Omelette lässt mir keine Ruhe. Langfristig ist der Verzicht ein Stück verlorene Lebensqualität für mich. Ein Opfer, dass ich so nicht bereit bin zu bringen. Beim Fleisch wiederum kann ich mir durchaus vorstellen, weitaus weniger zu essen. Lieber mit mehr Bedacht und mehr Wertschätzung für Qualität. Keine täglichen Fressorgien mit Billigprodukten. Fleisch soll ab sofort etwas Besonders und nichts Alltägliches mehr sein. 

Themen Challenge Muskelaufbau und Krafttraining Vegane Ernährung
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