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Trainer und Betroffene erklären

Worauf Frauen mit Lipödem beim Sport achten sollten

Sport kann in der Lipödem-Therapie eine bedeutende Rolle spielen
Sport kann in der Lipödem-Therapie eine bedeutende Rolle spielen Foto: Getty Images
Nina Ponath
Freie Autorin

3. September 2024, 13:41 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Schon mal etwas von „Lipödem“ gehört? Hinter dem Begriff steckt eine krankhafte Fettverteilungsstörung, bei der sich im Unterkörper vermehrt Unterfettgewebe anlagert und die oft mit Schmerzen einhergeht. Wirklich wirksam gegen die Krankheit ist laut Experten nur eine Operation. Kann Sport die Ausprägung beeinflussen oder Schmerzen verringern? FITBOOK-Autorin Nina Ponath hat mit einem Experten und einer Betroffenen über das richtige Training und mögliche Übungen bei Lipödem gesprochen.

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Deutliche Ansammlungen von Unterfettgewebe im Unterkörper oder an den Armen, die oftmals mit Schmerzen einhergehen: hinter diesen Symptomen steckt die chronische Fettverteilungsstörung „Lipödem“. Eine Heilung gibt es bislang nicht. Stattdessen zielen Therapien darauf ab, Beschwerden zu lindern, das Fortschreiten zu bremsen und das optische Erscheinungsbild, das für viele Betroffene enorm zum Leidensdruck beiträgt, zu verbessern. Viele an Lipödem Erkrankte stellen sich womöglich die Frage, welche Rolle Sport hier spielen kann? Kann man mit einem Lipödem trainieren – und wenn ja, was gibt es zu beachten? Ein Sportwissenschaftler sowie eine selbst betroffene Yogalehrerin geben Antworten.

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Das Krankheitsbild Lipödem

Die Krankheit betrifft vor allem Frauen und äußert sich durch schmerzhafte Ansammlungen von Fettgewebe, die meistens symmetrisch auftreten, empfindlich auf Druck reagieren und zu blauen Flecken neigen. Schätzungen zufolge leiden etwa 11 Prozent der Frauen weltweit an einem Lipödem. Die genaue Zahl kann jedoch variieren, da die Krankheit häufig unerkannt bleibt und erst spät diagnostiziert wird. Oft wird das Lipödem erst fälschlicherweise als Fettleibigkeit diagnostiziert, obwohl es sich um eine eigenständige Erkrankung handelt, die nicht zwangsweise mit Übergewicht einhergehen muss. In Deutschland ist etwa jede zehnte Frau von einem Lipödem betroffen.1 Als wirklich wirksam gilt nur die Fettabsaugung, oder auch Liposuktion. Eine leichte Abhilfe, zumindest, was die Schmerzen angeht, schaffen jedoch auch eine Ernährung aus antientzündlichen, frischen Lebensmitteln und Bewegung. Wir erklären, worauf von Lipödem-Betroffene beim Sport achten sollten.

Nina Ponath
Freie Autorin

Disclaimer vorab: Sport kann ein Lipödem nicht heilen

„Sport ist für alle Menschen wichtig, auch – und zum Teil besonders – für kranke Menschen. Da sich um die Diagnose Lipödem aber noch viele falsche Vorstellungen ranken, möchte ich eins vorab betonen: Aus diesen Tipps soll keineswegs geschlossen werden, dass Patientinnen, bei denen das Lipödem stark ausgeprägt vorliegt, nur zu faul zum Trainieren sind. Bei der Fettverteilungsstörung handelt es sich um eine Krankheit, die nichts mit allgemeinem Übergewicht zu tun hat, in starker Ausprägung Schmerzen verursacht und auch die Bewegungsfreiheit einschränkt. Und: Sie macht auch vor schlanken Personen keinen Halt.“

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Welche Rolle spielt Sport bei Lipödem?

„Training und die entsprechende Ernährung sind beim Lipödem auf jeden Fall wichtig, weil eine zusätzliche Zunahme den Zustand nur verschlimmern würde“, sagt Diplom-Sportwissenschaftler und Personal Trainer Andreas Heumann aus Berlin. „In der neuesten Leitlinie für Lipödem 2024 wird Sport deshalb empfohlen.“ Wichtig sei aber immer, sich mit dem behandelnden Arzt abzusprechen, sagt Andreas Heumann.

Kann man mit Sport das Lipödem in Schach halten?

„Ich habe tatsächlich schon positive Erfahrungen mit Sport in Bezug auf die Behandlung von Lipödemen gemacht“, sagt Andreas Heumann. Bei einer Kundin von ihm, die an Lipödem litt, habe sich die Ausprägung tatsächlich durch Krafttraining, Ausdauertraining und eine negative Energiebilanz verbessert. „Mit der Gesamtabnahme ist auch das Lipödem zurückgegangen“, sagt Andreas Heumann.

Training und Ernährung verbesserten immer den körperlichen Gesamtzustand, sagt Andreas Heumann. Trotzdem sei das Lipödem eine irreversible Krankheit. Grundsätzlich helfe Krafttraining, das auf Muskelaufbau abziele. „Wenn man sehr stark unter einem Lipödem leidet, kann Krafttraining auch zu Schmerzen führen“, gibt Andreas Heumann aber auch zu Bedenken – und verdeutlicht, warum es immer wichtig sei, individuell zu prüfen, was sinnvoll sei.

Auch Ausdauertraining sei empfehlenswert, da so die Funktion der Lymphen verbessert werde. „Alles, was den Abbau und Abtransport von den Ansammlungen verbessert und sanft wirkt, ist gut“, sagt Andreas Heumann. Laufen und Joggen seien weniger empfehlenswert als Gehen wegen der Stoßbelastung. Besser seien hier Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen, die Gelenke und Gewebe nicht belasten.

Dieses Training ist hilfreich bei Lipödem

„Es gibt leider nicht ‚die eine Übung‘, bei Lipödem“, sagt Experte Andreas Heumann. Er rät zu einem individualisierten Trainingsplan, den man sich am besten von einem Trainer erstellen lässt. „Man hat mit dem Lipödem schon genug im Kopf zu tun, da würde ich nicht damit auch herumexperimentieren“, sagt Andreas Heumann. Er rät zu einem ganzheitlichen Krafttraining, das darauf abzielt, die Funktionsfähigkeit des ganzen Körpers zu unterstützen. „Statt sich nur auf bestimmte Übungsarten zu konzentrieren, empfehle ich, alle wesentlichen Bewegungsmuster des Körpers zu trainieren. Dazu gehören Squat, Hinge, Push, Pull, Row und Übungen für den Core.“

Ein solches Ganzkörpertraining kann sich folgendermaßen zusammensetzen:

  • Squat (z. B. Squats, Bulgarian Split Squats)
  • Hinge (z. B. Deadlifts, Hip Thrusts)
  • Push (z. B. Dumbbell Bench Press, Push-ups)
  • Pull (z. B. Latzug, Pull-Ups)
  • Row (z. B. Cable Rows, Dumbbell Rows)
  • Core/Midsection (z. B. Planks, Russian Twists, Mountain Climbers)

Selbst wenn wirklich sichtbare Effekte ausbleiben, habe man damit das gute Gefühl, dass der Körper wieder belastbarer ist, sagt Andreas Heumann. „Am Ende geht es ja auch darum, den Fokus nicht mehr nur auf dem Lipödem zu haben“, so der Trainer.

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Betroffene bestätigt Wirkung von Krafttraining

Yogalehrerin und Unternehmerin Sandra von Zabiensky ist betroffen von einem Lipödem und hat mit Krafttraining ebenfalls positive Erfahrungen gemacht. „Ich mache für das Lipödem vor allem Po- und Beintraining“, sagt Sandra. Für ihr Training greift sie zu schweren Gewichten und hält sich an Grundübungen wie Squats, Deadlifts, Hip Thrusts und Ausfallschritte. „Der Muskelaufbau hält das Lipödem in Schach“, sagt Sandra von Zabiensky, „bevor ich mit dem Krafttraining gestartet habe, hatte ich starke Schmerzen. Die sind inzwischen zurückgegangen.“

Neben dem Krafttraining hätten ihr auch Asanas aus dem Yoga geholfen, die sie in einem Reel auf Instagram zeigt. Besonders der herabschauende Hund habe ihr dabei geholfen, den Lymphfluss anzuregen.

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Mit Kompressionsstrümpfen trainieren

Ein entscheidendes Detail bei allen Trainingsarten sind Kompressionsstrümpfe. „Die sind bei Lipödem uneingeschränkt zu empfehlen“, sagt Andraes Heumann. Davon berichtet auch Yogalehrerin Sandra von Zabiensky: „Kompressionsstrümpfe machen einen enormen Unterschied“, sagt die Yogalehrerin und Unternehmerin. Sie selbst führt ihr Training immer mit Strümpfen durch.

Psychisches Wohlbefinden wiederherstellen

Nicht zu unterschätzen, bei der Diagnose „Lipödem“ ist auch, das psychische Wohlbefinden wiederherzustellen. „Lipödem bedeutet für Frauen einen erheblichen Kontrollverlust über ihren Körper“, weiß Andreas Heumann. Gerade für Frauen seien Beine ein wichtiges Attraktivitätsmerkmal. Fühlten sich Frauen aufgrund des Lipödems weniger attraktiv, könne Sport dabei helfen, sich wieder wohler zu fühlen.

Diagnose Lipödem: Wissen hilft

„Ich sage meinen Kunden immer: Werde Experte für deinen eigenen Körper“, sagt Andreas Heumann. Das gelte besonders bei Krankheiten. Das Wissen über den eigenen Körper und die Krankheit können auch bei der Diagnose „Lipödem“ ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und Kontrolle erzeugen. Andreas Heumann rät deshalb: „Alert setzen bei allen wissenschaftlichen Plattformen und immer informiert bleiben, was die Behandlung von Lipödem angeht.“

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Fazit: Sport wichtiger Bestandteil einer Lipödem-Therapie

Ein Lipödem ist eine chronische und oft schmerzhafte Fettverteilungsstörung, die viele Frauen betrifft. Mit einer Kombination aus Kompressionstherapie, angepasster Ernährung und regelmäßiger Bewegung lassen sich die Symptome in vielen Fällen gut in den Griff bekommen. Regelmäßiger Sport ist dabei ein wichtiger Bestandteil der Therapie, da er den Lymphfluss fördert, die Muskulatur stärkt und das allgemeine Wohlbefinden verbessert. Sport ist zudem ein wirksames Tool, wenn es darum geht, Übergewicht zu verringern. Dies steht zwar nicht immer in Verbindung mit Lipödem und es gibt genauso auch schlanke, sportliche Frauen, die von der Krankheit betroffen sind. Im Fall eines Lipödems sollte Übergewicht Übergewicht aber immer zwingend vermieden werden, da es die Symptome verschlimmern kann.

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Quellen

  1. Vivantes. Lipödem – was hilft bei gestörter Fettverteilung? (aufgerufen am 2.9.2024) ↩︎
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