28. November 2024, 9:21 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Manche lieben sie, andere hassen sie: Liegestütze. Aber wie viele sollte man eigentlich schaffen, um von einer Grundfitness sprechen zu können? FITBOOK-Autor Tony Poland hat bei Sportwissenschaftler Jörn Giersberg nachgefragt.
Zu den am simpelsten umzusetzenden Fitnessübungen zählen zweifelsohne Liegestütze. Man kann sie ohne zusätzliche Hilfsmittel zu jeder Zeit und überall durchführen. Regelmäßige Workouts eignen sich hervorragend für den Aufbau von Oberkörperkraft. Wie viele Liegestütze Mann bzw. Frau am Stück schaffen sollte, um als fit zu gelten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. FITBOOK hat mit einem Experten gesprochen.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Was wird mit Liegestütze trainiert?
Liegestütze trainieren vor allem Brust, Rücken, Schultern und Arme. Zusätzlich werden noch viele mehr Muskeln aktiviert. In einem Ganzkörperworkout sollte diese Bodyweight-Übung also keinesfalls fehlen. Unabhängig von Alter, Geschlecht oder aktuellem Fitnesslevel.
Push-ups sind nicht nur ein Indikator dafür, wie viel Kraft im Oberkörper steckt, sondern auch dafür, wie viel maximale Kraft im Verhältnis zum Körpergewicht erzeugt werden kann. Außerdem verraten sie etwas über die körperliche Grundfitness. Auf Deutschland bezogen fällt Sportwissenschaftler Jörn Giersberg ein hartes Urteil: „Aus meiner Erfahrung ist der Leistungsstand in der Bevölkerung schlechter als man wahrscheinlich denkt“, so der Personal Trainer. „Viele schaffen da nicht ansatzweise irgendwas!“
Auch interessant: Familienvater machte ein Jahr lang täglich mehr als 4000 Liegestütze
Sportwissenschaftler sieht oft „halbe Sachen“ bei Liegestützen
Natürlich sind Liegestütze nicht gleich Liegestütze! Entscheidend ist eine saubere und korrekte Ausführung. Das heißt: „Gültig sind sie nur dann, wenn man in der Ausgangsposition mit durchgestreckten Armen und aufgestützten Füßen so weit nach unten geht, bis die Nase den Boden berührt“, erklärt Giersberg. „Die meisten machen da so halbe Sachen.“
Wie die ehemalige First Lady Michelle Obama, erinnert sich der Sportwissenschaftler. Sie schaffte 2012 in der US-Talkshow „Ellen“ im Duell mit Moderatorin Ellen Degeneres 25 Liegestütze. Natürlich eine echte Sensation vor TV-Kameras, aber eben weit weg von richtigen Push-ups. „Da haben sie eine Show abgezogen, die Liegestütze waren aber nicht gültig“, so Giersberg.
So viele Liegestütze sollten Frauen schaffen
Dabei wären 25 Wiederholungen bei Liegestützen für Frauen schon herausragend gut und für die meisten fast nicht zu erreichen. Giersberg weiß aus Erfahrung: „Wenn sie einen tiefen Liegestütz schaffen, ist das schon mal ok. Die wenigsten Frauen schaffen das.“ Das hört sich doch eigentlich nicht unerreichbar an. Und wäre vielleicht gleich noch ein erster Vorsatz für das neue Jahr.
Aber wie viele sollte man als Frau denn nun tatsächlich sauber durchführen können? „Wenn eine Frau fünf bis zehn schafft, dann ist das schon ein gutes bis sehr gutes Level. Dann kann man schon sagen, dass sie echt fit ist!“
Das schreit ja geradezu nach einem Selbstversuch, oder nicht? Und nach keinem völlig unrealistischen Ziel, welches sich durch Training erreichen lässt.
Auch interessant: „Trotz Training – warum schaffe ich keinen einzigen Liegestütz?!“
Diese Rolle spielt das Körpergewicht
Natürlich gibt es einige Faktoren zu beachten. Besonders das Kraft-Last-Verhältnis sei ganz entscheidend. Da Liegestütze mit dem eigenen Körpergewicht ausgeführt werden, haben es Menschen mit mehr Kilos auf den Rippen schwerer. Schließlich muss der gesamte Oberkörper nach oben und unten gedrückt werden, was ein Nachteil ist. Dafür bringen diese Männer und Frauen aber häufig mehr Muskelkraft mit und sind deshalb in anderen Disziplinen besser.
Ein praktisches Beispiel: „Es gibt Frauen, die 50 oder 60 Kilo im Bankdrücken schaffen, aber Schwierigkeiten mit Liegestützen haben. Und zwar, weil sie dann oft etwas schwerer sind“, erklärt Jörn Giersberg. Auch die Zusammensetzung des Körpergewichts ist entscheidend. Eine schwerere Person mit mehr Muskelmasse kann eine leichtere Person mit überschüssigem Körperfett übertreffen.
Andersherum verhält es sich in vielen Fällen genauso. „Es gibt etwas zartere Leute mit etwas weniger Körpergewicht. Die schaffen zwar viele Liegestütze, aber niemals viel Gewicht beim Bankdrücken.“ Im Übrigen sei das „super Kraft-Last-Verhältnis“ auch ein Grund, warum etwa Kinder in einem bestimmten Alter viele Klimmzüge schaffen würden.
So viele Liegestütze sollten Männer schaffen
Und wie sieht es bei den Männern aus? Aufgrund meist größerer Muskelkraft ist das Leistungslevel höher als bei Frauen. Im August 2023 stellte der Rumäne Pop Laurentiu mit 3.378 Push-ups innerhalb von 60 Minuten einen neuen Weltrekord auf. Das sind pro Minute 56 Wiederholungen! Gemäß den Richtlinien des Guinness-Buches der Rekorde besteht ein kompletter Liegestütz darin, dass der Körper abgesenkt wird, bis am Ellbogen ein Winkel von mindestens 90 Grad erreicht ist, und dann angehoben wird, bis die Arme gestreckt sind (wobei sie am Ellbogen nicht durchgestreckt sein müssen). Entgegen der landläufigen Meinung muss die Brust nicht den Boden berühren.1
Tausende von Liegestützen muss natürlich niemand erreichen. Das ist die absolute Ausnahme und erfordert jahrelanges Training. Ein paar sollten es aber schon sein. „Wenn Männer 20 bis 30 Wiederholungen schaffen, dann ist das ein gutes Level“, weiß Fitnessexperte Giersberg. Das sei allerdings eher selten der Fall bei untrainierten Personen. „Ich würde auch hier sagen, dass ein Großteil der männlichen Bevölkerung da auch kläglich versagen würde. Übrigens, genauso wie bei Klimmzügen.“
Auch interessant: In nur 10 Minuten zu einer starken Brust – wer schafft die Push-up-Challenge?
Experte verrät Wie viele Sit-ups Frauen und Männer schaffen sollten
Personal Trainer zeigt's Liegestütze richtig machen! So vermeiden Sie Fehler bei Push-ups
Liegestütz-Variante Archer Push-up – richtige Technik, beanspruchte Muskeln und häufige Fehler
Kleine Änderung bei Armstellung erzielt große Wirkung
Effektive Push-up-Varianten gibt es viele. Meist unterscheiden sie sich in der Armstellung bzw. Platzierung der Hände. Hier ein paar Beispiele:
Um auf möglichst viele Liegestütze zu kommen, hilft ein Trick – kleine Änderung, große Wirkung. „Die Ausgangsposition der Armstellung ist entscheidend. Beim klassischen Liegestütz stellt man die Arme nach außen. Da schafft man deutlich mehr, als wenn man die Arme dicht am Körper führt“, verrät Giersberg.
Auch interessant: Können Liegestütze wirklich das Bankdrücken ersetzen? Was Studien sagen
Exakt dasselbe Prinzip gilt übrigens auch beim Bankdrücken mit der Langhantel. „Da ist es auch so, dass man beim normalen Bankdrücken deutlich mehr Last bewegen kann.“ Also dann, wenn die Arme ungefähr schulterbreit auseinander sind.
Quellen