14. März 2024, 17:26 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Viele Menschen beißen sich oft schon an einem einzigen die Zähne aus, andere schaffen locker deutlich mehr: Klimmzüge. Doch wie viele sollte man eigentlich können, um sich zumindest im Durchschnitt einzureihen? FITBOOK-Autor Tony Poland hat mit einem Experten gesprochen.
Wohl kaum eine Grundübung mit dem eigenen Körpergewicht fällt dem Einzelnen so schwer, wie Klimmzüge. Zur Erklärung: Wir sprechen nur dann von gültigen Klimmzügen, wenn man sich aus dem freien Hang heraus mindestens bis Kinnhöhe nach oben zieht. Dafür trainieren aber auch nur wenige Übungen den Oberkörper so effektiv wie dieses Training. Ob Sie noch ganz am Anfang Ihrer Klimmzug-Karriere stehen oder sich Ihre Workouts von der Stange hängend im Vergleich zu Ihren Mitmenschen bereits ausgezahlt haben, erfahren Sie hier. Denn wir wollten von Sportwissenschaftler Jörn Giersberg wissen, wie viele Klimmzüge Männer und Frauen für eine gute Grundfitness idealerweise schaffen sollten.
Übersicht
- So ist der Stand in der Bevölkerung
- Diese Muskeln trainiert ein Klimmzug
- Täglich Klimmzüge: Ja oder nein?
- So geht’s: Klimmzüge in drei Stufen lernen
- Die richtige Griffart: Ober- oder Untergriff?
- Wie viele Klimmzüge sollten Männer und Frauen schaffen?
- Was die Anzahl der Klimmzüge über das Fitnesslevel aussagt
So ist der Stand in der Bevölkerung
Nachholbedarf gibt es hierbei in Deutschland offenbar jede Menge. Denn Sportwissenschaftler Jörn Giersberg hat festgestellt: „Prinzipiell würde ich sagen, dass der größte Teil der Bevölkerung keine Klimmzüge schafft!“ Wichtig: Natürlich sprechen wir in unserem Fall nicht von den Ausnahmen und damit den Männern und Frauen, die Klimmzüge gezielt trainiert haben und diese perfekt beherrschen.
Giersberg schätzt sogar, dass zwischen 90 und 95 Prozent aller Menschen in Deutschland schon an einem Klimmzug scheitern würden. „Das betrifft sowohl Frauen als auch Männer“, so der Fitness-Fachmann. Die Instagram-Welt lässt zwar oft ein anderes Bild vermuten, hier tummeln sich allerdings auch Experten, die vielleicht sogar mit Kreatin dem Kraftzuwachs nachgeholfen haben.
Diese Muskeln trainiert ein Klimmzug
Bei der Übung werden Trizeps und Bizeps, der Rücken bzw. Latissimus sowie die Schultern gefordert und geformt. Das macht Klimmzüge zu einer effektiven Bodyweight-Übung. Und auch, wenn Sie jetzt zu denjenigen gehören, die noch keinen Klimmzug beherrschen – keine Sorge. Denn auch Klimmzüge kann man von Grund auf lernen. Entweder im Fitnessstudio, in den eigenen vier Wänden, oder an der frischen Luft. Auch an Wäschestangen, Klettergerüsten oder stabilen Ästen lässt sich wunderbar üben.
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Täglich Klimmzüge: Ja oder nein?
Um Klimmzüge richtig zu trainieren, sollte man sich nach Meinung des Experten etwa acht bis zwölf Wochen Zeit nehmen. Allerdings auf gar keinen Fall täglich! „Es ist einfach eine sehr intensive Übung, wo die Muskeln ausreichend Zeit brauchen“, mahnt Giersberg. Die Devise lautet: lieber kurz und kernig mit Pausen, statt jeden Tag eine Wiederholung nach der anderen bis zur völligen Erschöpfung!
So geht’s: Klimmzüge in drei Stufen lernen
Gerade Anfänger sollten von Beginn an nach einer gewissen Methodik vorgehen. „Man muss erstmal schauen, auf welcher Stufe man sich gerade befindet. Und von da an kann man weiter nach oben aufbauen“, so Giersberg. Absolute Beginner könnten sich zum Beispiel erstmal an eine Klimmzugstange hängen und vor- und zurückschwingen oder von rechts nach links und zurück hangeln. Das wäre in etwa die erste Stufe.
Mit Negativwiederholungen, für die ggf. ein Hocker benötigt wird, könnte man darauf aufbauen. „Man geht also von oben rein und hängt sich mit dem Kinn drüber. Dann lässt man sich runter und zieht sich von oben nach unten“, beschreibt Jörn Giersberg. Mit der Wiederholungsanzahl oder Zusatzgewichten ließe sich diese Form weiter steigern.
Der nächste und dritte Step wären Teilwiederholungen. Heißt: Mann bzw. Frau startet auch wieder von oben und lässt sich dann nicht ganz runter, sondern nur in kleinen Schritten. Der Sportwissenschaftler erklärt: „Und diesen Abstand vergrößert man dann immer weiter, bis man es tatsächlich irgendwann schafft, sich aus dem Hang von unten nach oben zu ziehen“.
Freie Klimmzüge in Kombination mit Latzug
Im Gym könnte man die Übung zudem mit dem Latzug kombinieren, welcher Klimmzüge simuliert. „Diese Kombination würde ich immer empfehlen. Also eine Trainingseinheit freie Klimmzüge und eine Trainingseinheit mit dem Latzug, um da auch Power zu entwickeln. Wenn man das gezielt macht, kann man sich systematisch verbessern.“ Und mit jeder Verbesserung steigt für gewöhnlich die Lust und der Ehrgeiz.
Die richtige Griffart: Ober- oder Untergriff?
Kommen wir zur Wahl des Griffes. Man unterscheidet bei Klimmzügen hauptsächlich zwischen zwei Varianten. Beim Untergriff (Chin-up) zeigen die Handinnenflächen zum Gesicht. „Mein Tipp an alle wäre es, erstmal mit dem Untergriff zu arbeiten. Für gewöhnlich hat man so mehr Kraft“, rät Jörn Giersberg. Die Griffbreite sollte ungefähr einen Tick enger als Schulterbreite betragen. Diese Art ist also die „leichtere.“
Fortgeschrittene(re) können sich auch an den breiten Obergriff (Pull-up), die im Normalfall deutliche „schwerere“ Variante, wagen. Breiter heißt in dem Fall, dass die Hände etwas weiter als schulterbreit sind. Hauptunterschied zum Untergriff: Beim Obergriff zeigen die Handflächen nach vorne und damit weg vom Gesicht.
Wie viele Klimmzüge sollten Männer und Frauen schaffen?
Die Richtwerte für Männer
Zuallererst gilt mal, dass sich die folgenden Zahlen bei beiden Geschlechtern auf die Untergriff-Variante beziehen!
Also, Karten auf den Tisch. Wie viele Klimmzüge sollten denn nun die Herren der Schöpfung schaffen, um mindestens im Durchschnitt zu liegen oder sich sogar von der breiten Masse abzuheben?
„Bei Männern hängt es ein bisschen vom Alter ab. So bis 20 Jahre ist es durchaus denkbar, dass sie den ein oder anderen Klimmzug schaffen. Also wenn jemand einen Klimmzug schafft, dann ist das schon mal ganz gut“, weiß Giersberg aus Erfahrung. „Von denen, die es können, wird der Durchschnitt so bei drei bis fünf Wiederholungen liegen, würde ich sagen. Das ist schon ganz gut und dann ist man schon fit.“
Und alle diejenigen, die zehn und mehr Klimmzüge am Stück schaffen, dürfen sich als sehr fit einstufen. „Das wäre schon überdurchschnittlich für Männer“, sagt der Experte. „Wie gesagt: ‚Die meisten schaffen gar keinen.’“ Ein hartes Urteil, welches sich allerdings, wie oben erwähnt, mit Training verbessern lässt.
Die Richtwerte für Frauen
Bei den Frauen sieht es eigentlich ganz ähnlich aus. „Wenn eine Frau einen korrekt ausgeführten Klimmzug im Untergriff schafft, dann ist das schon mal ein großer Sprung. Das ist schon eine Top-Leistung“, attestiert Giersberg. „Denn normalerweise geht da gar nichts, wenn eine Frau an einer Reckstange hängt.“ Puh, deutliche Worte.
„Ein Klimmzug wäre also schon sehr gut, diese Frauen sind soweit entsprechend fit. Damit heben sie sich deutlich ab. Bei drei bis fünf Wiederholungen, wären sie sogar schon sehr fit“, schätzt der Sportwissenschaftler ein. Zehn bis 15 Klimmzüge am Stück gebe es natürlich auch, seien aber die absolute Ausnahme unter der weiblichen Bevölkerung.
Mit den Richtwerten vor Augen kann sich also jeder mal bei Gelegenheit an die nächste Stange hängen und sein eigenes Level überprüfen.
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Was die Anzahl der Klimmzüge über das Fitnesslevel aussagt
Grundsätzlich kann Mann oder Frau auch fit sein, wenn die Klimmzüge schwerfallen oder überhaupt nicht klappen. Auch im Untergriff nicht. Das weiß auch Giersberg: „Man hat deshalb nicht zwangsläufig eine schlechte Fitness. Es gibt ja auch eine Menge Athleten, gerade im Ausdauerbereich, die muskelmäßig nicht so bestückt sind. Auch im Oberkörper nicht.“
Ein gutes Fitnesslevel könnten diese Personen trotzdem haben. Aber: „Klimmzüge sind schon ein Kriterium für den Zustand des Oberkörpers. Und damit sind sie auch ein Bestandteil der Grundfitness“, meint Jörn Giersberg abschließend.