13. August 2023, 8:58 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Endlich mal Kitesurfen ausprobieren! Was sich unsere Autorin Nina so schön vorgestellt hat, fühlte sich im Selbstversuch ganz anders an als erwartet. Anstrengend, viel zu windig, kalt. Wieso es sich trotzdem lohnt, den Sport zumindest einmal ausprobiert zu haben, erfahrt ihr in diesem Artikel.
„Es gibt nichts Schöneres als Kiten – also, außer Sex natürlich.“ Das meinte mein Freund einmal über den Wassersport, der ihn vor über 20 Jahren angefixt hat, und als ich ihn zum ersten Mal mit seinem Kite auf dem Wasser gesehen habe, mit einem Gesichtsausdruck, wie ich ihn allenfalls beim Anblick von Hundebabys habe, glaubte ich ihm das sofort. Was ist dran an diesem ultimativen lässigen Sport, der so viele Menschen in seinen Bann zieht, und dazu führt, dass an jedem einigermaßen windigen Wochenende die Autobahnen nach Fehmarn und St. Peter Ording stillstehen? Das wollte ich herausfinden und beschloss, einen Selbstversuch im Kitesurfen zu machen.
Übersicht
Kitesurfen – für viele eine Leidenschaft
Redet man mit Kiterinnen und Kitern über ihren Sport, klingt da immer sehr viel Liebe mit durch. Es gibt kein „Ach, ist ganz nett“, sondern nur echte Leidenschaft. Vielleicht ist das dem Hintergrund geschuldet, dass Kiten nur mit sehr viel Aufwand betrieben werden kann: Ausrüstung und Kurse sind kostspielig. Um zu den Kite-Spots zu gelangen, muss man – wenn man nicht zufällig am Meer lebt – erst einmal eine Fahrt auf sich nehmen. Man muss es also schon richtig wollen. Dafür werden leidenschaftliche Kitesurfer dann auch mit Glücksgefühlen der Extraklasse belohnt, die Meer, Sonne und frische Luft nun mal gewöhnlich auslösen.
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Was ist Kiten?
Kiten ist ein Wassersport, der sich in den letzten paar Jahren von der Randsportart zu einer echten Trendsportart entwickelt hat. Beim Kitesurfen steht man auf einem Surfbrett und lässt sich von einem Lenkdrachen („Kite“) ziehen. Gab es früher nur ein paar Surf-Verrückte, die sich Segel vor das Brett spannten, sieht man an den Küsten mittlerweile so viele Kiter, dass bereits über Maßnahmen wie generelle Kiteverbote nachgedacht wird, um Vögel (die haben Angst vor den großen Schirmen) zu schützen. Als Sport ist Kitesurfen ziemlich effektiv und fordert den gesamten Körper sowie die Konzentration.
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Mein Selbstversuch im Kitesurfen
„Dieses Jahr möchte ich es auch probieren“, denke ich mir an einem sonnigen Wochenende im Juni und begleite meinen Freund nach Fehmarn. Während er sich mit anderen geübten Kitern in der Luft vergnügt, möchte ich mir von den Trainern der Kiteschule Kitemonkey zeigen lassen, wie man auf das Brett steigt.
Zugegeben, meine anfängliche Motivation schwindet ein wenig, als ich mich auf den Weg in Richtung „Grüner Brink“ mache – dem Strand, an dem ich mit meiner Surflehrerin verabredet bin. Der Wind weht mir lautstark mit 19 Knoten um die Ohren. Das sind für geübte Kiter ideale Voraussetzungen; für mich als blutige Anfängerin hingegen ist das eher furchteinflößend. Zumal am Strand kaum noch ein Fleckchen frei ist – so viele Schnüre und Drachen sind hier ausgebreitet.
Meine Surflehrerin Lotta wartet bereits auf mich und zeigt mir mit einer Engelsgeduld und viel Einfühlungsvermögen, wie man steuert und wie man im Notfall die Leine verlängert und den Kite löst. Danach geht es Richtung Wasser. Auf dem Weg zum Spot, an dem der Kite losfliegen soll, schlottern mir die Beine. Will ich das wirklich? Kiten ist ein eindrucksvoller Sport, keine Frage, aber ist er wirklich „mein Sport“? Und warum will ich das überhaupt? Trotz der Ängste möchte ich meinen Selbstversuch im Kitesurfen aber nicht abbrechen, bevor er überhaupt richtig begonnen hat.
Dann geht es los. Wir starten damit, den Notfallknopf auszulösen. Das scheint einwandfrei zu funktionieren. Dennoch ist mir mein Kite immer noch nicht ganz geheuer. Um mir weiter die Angst zu nehmen, hält mich meine Surflehrerin von hinten fest, während ich den Kite steigen lasse. Immer, wenn er gerade auf Höhe ist, fällt er ins Wasser zurück, und wir müssen ihn herausfischen. So komme ich zwar nicht auf das Brett, sammle aber zumindest jede Menge Schritte.
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Wieso der Wassersport nicht für jeden etwas ist
Kitesurfen ist ein ziemlich komplexer Sport: Einerseits muss man den Kite, der einen ziehen soll, voll im Griff haben und wissen, wie man ihn lenkt und kontrolliert. Gleichzeitig muss man auf dem Brett stehen und Balance halten oder später, wenn man erfahrener ist, sogar springen. Damit wären wir auch schon beim eigentlichen Problem, denn ohne Konzentration und zumindest eine gewisse Vorstellung davon, wie das Ganze funktioniert, geht es nicht. Mich, die schon beim Autofahren ihre Probleme hat (Konzentration? Hmm, was war das noch–- muss ich eigentlich noch was einkaufen? …), überfordert der Sport eindeutig. Das fühlt sich eher nach Stress als nach Entspannung an.
Wieso man Kiten trotzdem unbedingt probieren sollte
1. Probieren geht über studieren
Kiten ist für viele eine Leidenschaft und mehr als nur irgendein Sport. Stell Sie sich mal vor, das Spiel mit dem Drachen würde auch bei Ihnen zu unglaublichen Glücksgefühlen führen, und Sie wissen nichts davon? Das wäre wie ein Leben ohne ein einziges Stück Schokolade, ein Leben ohne Katze, ohne Hund, ohne Urlaub. Wenn man immer wieder darüber nachdenkt, wie sich Kiten wohl anfühlt, sollte man es zumindest mal probieren.
2. Hirnsport
Selbst wenn Kiten nichts für Sie sein sollte, wird sich Ihr Hirn zweifelsohne über die Challenge freuen. Beim Kiten muss man sich konzentrieren und lernt die Welt aus einer völlig neuen Perspektive kennen. Das sorgt für neuen Schwung.
3. Urlaubsgefühl
Beim Kitesurfen kommt man herum: Ohne Meer oder See geht es nicht, weshalb der Versuch, Kiten zu lernen, immer mit einem schönen Ausflug verbunden ist – Urlaubsfeeling inklusive.
4. Booster für das Selbstbewusstsein
Neue Dinge zu lernen, ist der ultimative Selbstbewusstseins-Booster. Okay, das gilt vor allem für Dinge, die man am Ende kann, und nicht für die, an denen man scheitert. Trotzdem tut neuer Input immer gut, und falls Sie Kitesurfen wie mich bei meinem Selbstversuch überfordert, hilft es, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen.
5. Challenge
Sich regelmäßig neuen Herausforderungen zu stellen, bringt einen weiter: das Triumphgefühl, wenn man etwas Neues gelernt hat. Oder, wie in meinem Fall, auch das befreiende Gefühl, „Nein“ zu sagen. Nicht jeder Sport muss etwas für jeden sein, und nein, man muss auch nicht jede Leidenschaft mit anderen Menschen teilen. Um das festzustellen, musst man es aber wenigstens einmal probiert haben.
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Kitesurfen ist gar nicht so einfach, wie es aussieht. Der Wassersport fordert Koordination, Kondition und Konzentrationsfähigkeit in hohem Maße. Das ist nicht für jeden etwas. Dennoch lohnt es sich, einen Sport, der das Potenzial hat, zu deiner Leidenschaft zu werden, auszuprobieren.