
4. Juli 2023, 13:47 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Sind Sie unter den verschiedenen Supplements-Angeboten auch schon mal auf ein ketogenes Sportgetränk gestoßen? Und haben sich gefragt, welchen Vorteil dieser Drink für Ihr Workout haben soll? Genau das wollten nun kanadische Forscher herausfinden. FITBOOK-Redakteurin Melanie, die sich selbst fast zwei Jahre ketogen ernährte, erklärt die Studie.
Ketogene Nahrungsergänzungsmittel, also solche, die dem Körper Ketone zuführen, gibt es in unterschiedlichen Formen, etwa als Kapseln oder Getränke. Durch ihre Einnahme soll man – auch wenn man sich sonst nicht ketogen ernährt – die Ketose herbeiführen und die physikalischen Reaktionen auf Sport verändern können.1 Keto-Drinks und ähnliche Supplements sollen sogar die sportliche Leistung verbessern können.2 Ob sich diese Annahme tatsächlich bestätigen lässt, haben die Wissenschaftler der McMaster University (Kanada) nun mithilfe einer Gruppe Radfahrer untersucht.
Übersicht
Was ist Ketose?
Wer sich gemäß den Regeln der Keto-Diät ernährt, wird den Begriff kennen. Die Ketose ist nämlich genau das, was man mit der Ernährungsform erreichen möchte. Ketose bezeichnet den ketogenen Stoffwechsel, auch „Hungerstoffwechsel“ genannt. Hat man diesen Zustand erreicht, „schaltet“ der Körper sozusagen vom Kohlenhydratstoffwechsel auf Fettstoffwechsel. Das bedeutet, dass er Fette statt Kohlenhydrate nutzt, um Energie zu gewinnen. Diese werden in sogenannte Ketonkörper umgewandelt. Diesen Ketonkörpern bzw. Ketonen im Blut werden einigen Wirkungen nachgesagt: So soll es in der Ketose zu einer erhöhten Fettverbrennung kommen, was das Abnehmen erleichtert. Sie soll außerdem gesund sein, etwa freie Radikale bekämpfen und gut fürs Gehirn sein.
Und auch für Sportler soll die ketogene Ernährung Vorteile haben. Etwa, weil sie nicht permanent Nahrung zuführen müssen, da der Körper zur Energiegewinnung in der Ketose auch auf die Fettreserven zugreifen kann. Darüber hinaus berichten Menschen, die sich in der Ketose befinden, offenbar auch von einer verbesserten Leistung im Sport.3
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Ablauf der Studie
Ob es sich bei solchen Berichten um subjektive Empfindungen handelt oder sich eine Leistungssteigerung aufgrund von Ketonen im Blut wirklich nachweisen lässt, wollten kanadischen Forschern mit ihrer aktuellen Studie überprüfen.
Auswahl der Probanden
Dafür rekrutierten sie 23 Erwachsene Menschen zwischen 18 und 60 Jahren. Kriterien für die Studienteilnahme waren:
- Die Probanden sind gesund
- Sie ernähren sich nicht ketogen (Kohlenhydratkonsum von mehr als 50 Gramm pro Tag)
- Sie sind trainierte Radfahrer (mehr als fünf Stunden Training pro Woche, mehr als drei Tage Training pro Woche)
- Erfahrung als Rad-Leistungssportler oder mit Radfahren in Rennen bzw. auf Zeit
- VO2max: 55 ml/min/kg (Männer) oder 48 ml/min/kg (Frauen) – dieser wurde im Labor durch einen anfänglichen Test der maximalen Sauerstoffaufnahme ermittelt.
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Laborexperiment
Für das Experiment wurden die Teilnehmer per Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt einen Keto-Drink, die andere Gruppe ein Placebo-Getränk. Nach der Einnahme des Getränks gab es für die Probanden eine 30-minütige Ruhephase, in der sie Fragebögen zu ihren Ernährungsgewohnheiten ausfüllten. Am Ende der 30 Minuten entnahm ein Forscher, der sonst nicht mit ihnen agierte, Blutproben und analysierte diese sofort. Nach der Ruhephase absolvierten die Probanden ein selbstbestimmtes 15-minütiges Aufwärmprogramm, gefolgt von einem 20-minütigen Zeitfahren auf einem Ergometer.
Sieben bis 14 Tage später (Variation aufgrund von Terminkonflikten) durchliefen die Probanden dasselbe Laborexperiment ein zweites Mal. Nur, dass dieses Mal die Personen, die zuvor den Keto-Drink erhalten hatten, das Placebo einnahmen und umgekehrt. Die Teilnehmer waren zudem zuvor angehalten worden, in der Pause zwischen den beiden Terminen ihre alltäglichen Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten beizubehalten. Bei den Studienteilnehmerinnen achtete man zudem darauf, beide Experimente in der gleichen hormonellen Zyklusphase durchzuführen.
Allen Probanden war zu Beginn der Studie ein Blutzuckermessgerät am Arm angebracht worden, das auch erst nach Durchführung aller Laborbesuche wieder entfernt wurde.
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Wirkung des Keto-Drinks auf die sportliche Leistung
Für Athleten, die Fans von exogenen Ketonen sind, ist das Ergebnis der Studie eher ernüchternd. Denn es zeigte sich nicht nur, dass der Keto-Drink die sportliche Leistung nicht verbesserte. Es gab sogar eher Hinweise für das Gegenteil – also einen Leistungsabfall. So sank bei den Personen, die das Keton-Präparat erhielten, im Vergleich zu den Placebo-Probanden die in Kilowatt gemessene Leistung um durchschnittlich 2,4 Prozent.
Ähnliches spiegelte auch die subjektive Wahrnehmung der Studienteilnehmer wider. So bewerteten elf Teilnehmer auf einer numerischen Skala die wahrgenommene Anstrengung nach der Einnahme von Ketonen im Vergleich zur Einnahme von Placebo höher. Sieben Probanden bewerteten die wahrgenommene Anstrengung unter beiden Bedingungen gleich. Und vier nahmen die Anstrengung nach dem Konsum des Keto-Drinks im Vergleich zur Einnahme des Placebos als geringer ein.
Einordnung der Studie
Die Aussagekraft der Studie steckt im Design. Im Labor konnten die Wissenschaftler alle Details genau kontrollieren und messen sowie Störfaktoren ausschließen. Die Schwäche liegt in der geringen Anzahl von Probanden. Inwieweit sich die Ergebnisse daher auf alle Sportler, also auch außerhalb des Radsports oder etwa auf weniger gut trainierte Menschen, übertragen lassen, ist daher fraglich.
Fazit
Ob die gemessenen negativen Auswirkung auf die Leistung so bedeutsam ist, dass man Sportlern von exogenen Ketonen abraten sollte, müssen nun weitere Forschungen zeigen. Allerdings ist es durchaus bemerkenswert, dass es keinerlei Hinweise dafür gab, dass Keto-Drinks die sportliche Leistung verbessern. Wer also speziell aus diesem Grund zu diesen Getränken gegriffen hat, kann sie nach aktuellem Wissensstand getrost wieder von der Einkaufsliste streichen.

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Quellen
- 1. Evans, M., Cogan, K.E., Egan, B. (2016). Metabolism of ketone bodies during exercise and training: Physiological basis for exogenous supplementation. The Journal of Physiology.
- 2. Evans, M., McClure, T.S., Koutnik, A.P. & Egan, B. (2022). Exogenous ketone supplements in athletic contexts: Past, present, and future. Sports Medicine.
- 3. Academy of Sports. Keto-Diät und Sport – funktioniert das? (aufgerufen am 4.7.2023)
- 4. Devin G. McCarthy, D.G, Bone, J., Fong, M. et al. (2023). Acute Ketone Monoester Supplementation Impairs 20-min Time-Trial Performance in Trained Cyclists: A Randomized, Crossover Trial. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism.