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Bei Experten nachgefragt

Ist Kraftsport für Diabetiker schädlich?

Diabetes Krafttraining: Ein Mann nimmt zwei Hanteln
Diabetiker sollten beim Kraftsport ein paar Dinge zur Sicherheit beachten. Foto: Getty Images
Flavio Treppner

26. November 2021, 20:49 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Regelmäßiges Training steigert die Leistungsfähigkeit und mentale Gesundheit. Doch gilt das auch für Diabetiker und jede Art von Workout? Oder kann gerade Kraftsport mit dieser Vorerkrankung sogar schädlich sein? FITBOOK fragte bei Ernährungsmedizinerin Dr. Anne Fleck und Sportwissenschaftler Jörn Giersberg nach.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Enrico Zessin
Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Die Diabetes-Neuerkrankungen sind in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Das geht aus einem aktuellen Bericht der WHO hervor. Die Zuckerkrankheit begünstigt u. a. das Entstehen von Demenz und kann zu Erblindung und Herz-Kreislauf-Problemen führen. Doch Krafttraining kann laut Experten dabei helfen, den Alltag mit Diabetes zu erleichtern. Diabetiker brauchen sich keine Sorgen machen, dass ihnen der Sport schadet – wenn sie ein paar Dinge beachten.

Diabetes ist nicht gleich Diabetes

Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich meist um eine Autoimmunkrankheit. Die Abwehrzellen im Körper greifen die Zellen in der Bauchspeicheldrüse an. Dadurch kann die Insulinproduktion stark vermindert werden oder sogar ausfallen. Der Typ-2-Diabetes kommt hingegen durch eine Insulinresistenz zustande. Das Insulin kann den Zucker nicht mehr in die Zellen transportieren. Hier sind starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels möglich, was zu bedrohlichen Zuständen führen kann. Wie Sportwissenschaftler Jörn Giersberg betont, lässt sich jedoch Lebensqualität mit regelmäßigem Training zurückerlangen.

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Kraftsport stabilisiert den Blutzuckerspiegel

Regelmäßiges Krafttraining hilft beim Aufbau und Erhalt der Muskulatur. Je mehr Muskeln ein Sportler besitzt, desto besser kann der Körper Zucker in den Zellen aufnehmen. Hierbei ist wohl nicht unbedingt die Muskelmasse relevant, sondern eher die Steigerung des Glukosetransports durch die Zellmembran in die Muskelzelle. Bei Diabetikern ist die körpereigene Insulinproduktion jedoch gestört und damit der Zuckertransport in die Zellen.

Giersberg rät Menschen mit Diabetes deshalb, unbedingt Krafttraining zu machen: „Durch den Kraftsport kann der Körper den Zucker aus dem Blut besser in die Muskelzellen transportieren, jene Aufgabe, die eigentlich das Insulin erledigt.“ Der Sport stabilisiere den Blutzuckerspiegel und verbessere die Insulinsensibilität.

Wichtig zu wissen ist, dass ein hoher Anteil von Viszeralfett eine zentrale Rolle bei der Entwicklung einer Insulinresistenz spielt. Die Reduktion des Fettdepots durch Krafttraining wirkt ihr entsprechend entgegen. Studien zeigten, dass Krafttraining effektiver ist als ein anaerobes Ausdauertraining. Das Training sollte alle großen Muskelgruppen involvieren und mit moderater bis hoher Intensität durchgeführt werden. Zudem sollte das Krafttraining immer mit einem Ausdauertraining kombiniert werden, sofern keine medizinischen Gründe dagegen sprechen. Cardio-Einheiten wirken vor allem weiteren Komplikationen des Diabetes, etwa wie Herz-Kreislauf- sowie neurologischen Erkrankungen etc. entgegen.

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Wie oft sollten Diabetiker trainieren?

Diabetiker sollten alle zwei Tage die Gewichte stemmen. Die Absenkung des Blutzuckerspiegels durch Sport hält ca. 48 Stunden an. Dann kann die nächste Trainingseinheit erfolgen. „Zu Beginn des Trainings sollte man den Diabetologen mit ins Boot holen“, erklärt Ernährungsmedizinerin Dr. Fleck. „Da der Blutzuckerspiegel abgesenkt wird, ist die Medikation anzupassen.“ Zusätzlich sollten Sportler mit Diabetes dem Körper nach dem Krafttraining auch ausreichend Erholungspausen einräumen. Andernfalls kommt es zum Übertraining.

Besonders bei Menschen, die (wieder) ins Training einsteigen, sollte engmaschig ein Diabetologe involviert sein. Gerade im Bereich des Leistungssportes konnte gezeigt werden, dass jeder Athlet sehr unterschiedlich auf die Aktivität und Blutzuckerspiegelregulation reagiert. Jeder Sportler muss daher seinen eigenen Weg finden. Eine individuelle Betreuung bei Sportlern, auch Freizeitsportlern, ist daher sehr wichtig.

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Worauf sollten Diabetiker beim Sport achten?

Was im Alltag gilt, gilt auch beim Sport. Diabetiker sollten immer den Blutzuckerspiegel im Auge behalten. Laut Dr. Fleck sollte der Blutzuckerwert vor Beginn des Trainings unter 250 mg/dl (13,9 mmol/l) liegen. Empfehlenswert ist ein Blutzuckerwert von 126 bis 180 md/dl (7,0 bis 10,0 mmol/l). Bei Blutzuckerwerten unter 90 mg/dl und über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) und Ketonnachweis in Blut oder Urin sollte man besser auf Sport verzichten. Hier droht Unterzuckerung!

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Giersberg trainiert selbst mit Diabetikern und ergänzt: „Gerade Typ-1-Diabetiker müssen immer etwas Zucker beim Training zur Hand haben. Eine Unterzuckerung kann sonst lebensbedrohlich sein.“ Bei den Typ-2-Diabetikern entwarnt der Sportwissenschaftler. Das Risiko durch eine Unterzuckerung ins Koma zu fallen, sei weitaus geringer. Der Tipp des Profis: Diabetiker (Typ 2) sollten beim Training einfach eine Apfelschorle dabeihaben.

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Fazit

Krafttraining ist für Diabetiker nicht schädlich, im Gegenteil. Mehr noch: Trotz der Vorerkrankung können Sportler mit Diabetes beeindruckende Leistungen erbringen. Ein gutes Beispiel dafür ist Matthias Steiner, Olympiasieger im Gewichtheben, der seit seiner Kindheit mit der Typ-1-Diabetes lebt.

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