3. November 2022, 10:45 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
FITBOOK-Redaktionsleiterin Alex nimmt bei „Hyrox“ in Berlin teil – ein Fitness-Rennen, das Ausdauer- und Kraft-Übungen kombiniert. Das Problem: Die spezielle Vorbereitung fiel aus mehreren Gründen aus. Durchziehen will sie es trotzdem.
Mit dem Gedanken, an einem Hyrox-Event teilzunehmen, spiele ich schon länger. Zum einen liebe ich den Wettkampf. Dafür brauche ich nicht unbedingt einen Gegner, ich challenge mich auch gerne selbst, will Zeiten verbessern, Wiederholungen steigern oder Gewichte erhöhen. Zum anderen finde ich es spannend, wenn der Wettkampf nicht nur eine Fähigkeit erfordert, sondern die Fitness in vielen Bereichen auf die Probe gestellt wird. Bei Hyrox, einem Wettkampf für Fitness-Sportler aller Leistungsstufen, ist das der Fall.
Übersicht
Hyrox: So läuft das Fitness-Race ab
Hyrox erfolgt nach einem festgelegten Schema von Übungen, die nacheinander und so schnell wie möglich absolviert werden müssen. Die technischen Anforderungen der einzelnen Übungen sind dabei anders als bspw. beim Crossfit so elementar, dass sie von jedermann geschafft werden können. Man kann alleine, im Double mit einer zweiten Person oder als Team-Staffel teilnehmen und muss folgende Stationen durchlaufen:
- 1 Kilometer laufen
- Ski Erg: Auf dem Ski-Ergometer muss eine Distanz von 1000 Metern zurückgelegt werden.
- 1 Kilometer laufen
- Sled Push: Hier muss man einen Schlitten mit Gewicht (je nach Startkategorie unterschiedlich) über eine Distanz von 2 x 25 Meter schieben.
- 1 Kilometer laufen
- Sled Pull: Der Schlitten mit Gewicht muss über 2 x 25 Meter gezogen werden.
- 1 Kilometer laufen
- Burpee Broad Jump: Die Teilnehmer müssen mit einer Kombination aus Burpees und Weitsprung eine Distanz von 80 Meter zurücklegen.
- 1 Kilometer laufen
- Sandbag-Lunges: Mit einem geschulterten Sandsack muss man Ausfallschritte über eine Distanz von 100 Meter absolvieren.
- 1 Kilometer laufen
- Farmer’s Carry: Zwei Kettlebells müssen über eine Distanz von 200 Meter getragen werden.
- 1 Kilometer laufen
- Rowing: Auf dem Ruderergometer ist eine Distanz von 1000 m zurückzulegen.
- 1 Kilometer laufen
- Wall Balls: Aus dem Squat heraus muss man einen Medizinball 100 Mal über eine bestimmte Höhe an die Wand werfen.
Wer im Double antritt, muss jede Runde gemeinsam laufen, kann sich die Wiederholungen bzw. Meter der einzelnen Kraft-Stationen nach Belieben mit dem Partner/der Partnerin aufteilen. In der Staffel absolviert jedes der vier Staffelmitglieder zwei Laufrunden (also insgesamt 2 Kilometer) und zwei Kraftausdauer-Übungen. Tja, und wer alleine antritt, darf sich durch alles selbst durchquälen.
Fitness auf dem Prüfstand beim PFT
Aber bin ich dafür fit genug? Mein Gefühl sagt: nope! Schließlich bin ich in den vergangenen Monaten fast ausschließlich gelaufen (3-4 Mal pro Woche) und habe ein paar Bodyweight-Workouts gemacht (1-2 Mal pro Woche). Im Gym hat man mich nicht gesehen. Ein paar Health-Issues haben mich außerdem immer wieder aus der Trainingsroutine gekickt.
Das mit der gefühlten Fitness ist aber immer so eine Sache. Ich brauche messbare Ergebnisse, schwarz auf weiß. Deswegen stellte ich mich vor ein paar Wochen dem PFT, kurz für „Physical Fitness Test“, im „Gold’s Gym“ Berlin. Veranstalter Hyrox organisiert diese Tests regelmäßig in Partnerfitness-Studios in vielen deutschen Städten. Dabei wird eine Art Mini-Version des eigentlichen Fitness-Races auf Zeit absolviert:
- 1000-Meter-Lauf
- 50 Burpee Broad Jumps
- 100 Lunges
- 1000 Meter Rudern
- 30 Push-ups mit Hände vom Boden lösen
- 100 Wallballs mit 6 (Männer) bzw. 4 (Frauen) Kilogramm Gewicht
Man erhält also einen Überblick über seine Kondition und in welche Leistungs-Kategorie man sich beim Wettkampf einordnen sollte – Pro oder Open, Double oder doch lieber Staffel. Je nach erreichter Zeit bekommt man außerdem ein Abzeichen in Gold, Silber oder Bronze. Wie damals in der Schule die Aufnäher für Badeanzug und -hose beim Schwimmabzeichen. Ich lasse mich durch sowas ja immer auf lächerliche Weise motivieren.
So lief der PFT in Berlin
Im Gym angekommen war ich allerdings erstmal eingeschüchtert: überall super-austrainierte Athletinnen und Athleten, teils oberkörperfrei und die meisten mit Six- bis Eightpacks. Die schienen diesen Sport (semi-)professionell zu betreiben. Und ich mittendrin – was habe ich mir da wieder eingebrockt! Aber: Ganz allein war ich dann doch nicht, zu den anderen „Normalos“ zählte u. a. eine Familie, die sich auf die Staffel-Teilnahme vorbereitete. Außerdem muss ich wirklich sagen: Es gab keine schiefen Blicke von den Super-Fitten nach dem Motto „Was wollen die denn hier?“ Ganz im Gegenteil! Sobald es an die Startlinie ging, wurden alle angefeuert und die unfassbare Stimmung trieb jeden – unabhängig vom Leistungsniveau – zu persönlichen Bestleistungen an. Auch mich! Zwar war ich nach der zweiten Übung (Burpee Broad Jumps!) schon fix und alle, aber der Sound, die Anfeuerungen, die leidenden Gesichter um mich herum, trieben mich weiter. Zumindest bis zu den Wall Balls – die sind wirklich der Killer!
Während meine Performance an diesem Tag nur für Bronze gereicht hat, war es trotzdem ein geiles Gefühl, sich mit Top-Athleten vergleichen zu können. Als Judge durfte ich einen anderen Sportler durch den PFT begleiten: Elte aus Holland. Der ist einfach nur so durchgebrettert, dass ich beim Zählen der Burpees und Lunges fast nicht mehr hinterhergekommen bin. Irre beeindruckend! Am Ende war er mit einer 16:06 Minuten nah dran am PFT-Weltrekord, den an diesem Tag Lukas Storath (Hyrox-Weltmeister 2019) verbesserte: auf 14:57 Minuten. Fast doppelt so schnell wie ich! Aber, hey: Die trainieren ja auch!
Mit meiner Zeit kann ich laut Empfehlung in der Kategorie „Hyrox Open“ starten. Und auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie ich die ca. zwei Stunden lange Belastung, die auf mich zukommen wird, durchstehen soll, werde ich es am 5. November in Berlin versuchen. Einfach, weil:
- es bestimmt eine tolle Erfahrung wird
- die Stimmung beim PFT mit 80 Teilnehmern schon super war (beim Event werden es 1000 sein)
- es kein Zeitlimit gibt und man so lange brauchen kann, wie man eben braucht
- das Gefühl des Muskelversagens auch etwas Erfüllendes haben kann!
Cardio meets Functional Fitness Was steckt hinter dem Fitness-Event HYROX?
Fitbook-Interview Hyrox-Profi Gordon Bieling verrät seine Tipps für Einsteiger
Hunter McIntyre Weltklasse-Athlet: »Für einen sichtbaren Sixpack braucht es keine Bauchübungen
Wie sollte man sich auf einen Hyrox-Wettkampf vorbereiten?
Wer sich gezielt auf ein Hyrox-Event vorbereiten will – in diesem Jahr finden neben Berlin noch Rennen in Essen, Hamburg und Frankfurt statt, 2023 dann Stuttgart, München und Hannover – kann das zu Hause, draußen oder im Fitnessstudio machen. Vor der ersten Teilnahme empfiehlt es sich, ein strukturiertes Training von mindestens acht Wochen durchzuziehen. Auf der Website von Hyrox findet man dafür beispielhafte Trainingspläne (4 oder 8 Wochen/ Pro- oder Open-Kategorie). Oder man macht bei Hyrox-Kursen mit, die in einigen Fitnessstudios angeboten werden.
Da ich den Zeitpunkt verpasst habe, mich rechtzeitig gezielt vorzubereiten, habe ich bei Lukas Storath (41) nach Last-Minute-Tipps gefragt. Der gebürtige Nürnberger gewann 2019 die erste Hyrox-Weltmeisterschaft und will auch 2023 im Mai in Manchester wieder angreifen. Außerdem organisiert Storath „Athtletic Camps“ auf Zypern, bei denen er gemeinsam mit einem Trainerteam Sportlerinnen und Sportler aller Niveaus auf Hyrox vorbereitet.
Er würde empfehlen, ein paar Einheiten pro Woche zu absolvieren, bei denen man die Hauptanforderung trainiert: Schwere Beine in Abwechslung mit Laufen! „Man kann zum Beispiel 4×2000 Meter zügig laufen und dazwischen bspw. 50 Lunges, Kniebeugen oder Burpees einstreuen“, erklärt Storath. Außerdem sollte man sich auf die Dauer der Belastung vorbereiten. Denn während die Top-Athletinnen und -Athleten Zeiten von unter einer Stunde erreichen, sind die meisten Solo-Teilnehmer länger als 1,5 Stunden unterwegs. „Da ist es nicht schlecht, wenn man in diesem Zeitfenster auch mal trainiert hat. Zum Beispiel mit Cardio-Einheiten als Kombination aus jeweils 20 Minuten Laufen, Radfahren, Rudern, Ski Ergometer – was eben zur Verfügung steht“, so Storath. So würde auch vermieden, dass sich Anfänger zu einseitig belasten und überlasten und sich ggf. verletzen.
Die Sache mit dem Gewicht-Schlitten…
Und wie kann man die Übung mit dem Gewicht-Schlitten imitieren, wenn man so ein Gerät nicht zur Verfügung hat? „Diese Frage bekomme ich häufig gestellt. Das ist nicht so einfach. Am ehesten noch, in dem man einen sehr steilen Berg hinauf läuft. Und dann oben auch nicht aufhören, wenn die Beine blau sind, sondern weiterlaufen. Das kommt der Hyrox-Belastung ziemlich nahe.“ Er selbst mache das in den Weinbergen rund um seine Heimat Würzburg.
In puncto Gewicht-Schlitten hat Storath auch noch einen Tipp für den Wettkampf: „Bei dieser Übung lieber etwas Geschwindigkeit rausnehmen und es ruhiger angehen lassen! Es ist die heftigste Übung im Wettbewerb, kommt aber schon ziemlich am Anfang dran, an zweiter Stelle. Wer hier überdreht und mit ordentlich Laktat in den Beinen den Restwettkampf bestreiten muss, wird keinen Spaß haben!“
Okay, ich werde es versuchen und nach dem Fitness-Race in Berlin von meinem persönlichen Laktat-Inferno berichten!