23. Juli 2023, 17:11 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Immer wieder tauchen neue Fitnesstrends auf und verschwinden alsbald in Vergessenheit – auch bei HILIT? Die Abkürzung steht für „High Intensity Low Impact Training“. Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied zum bekannten HIIT. Fitnessexperte Jörn Giersberg sieht HILIT jedoch kritisch.
Nur wenige Fitnesstrends setzen sich in der breiten Masse durch und werden zu etablierten Trainingsarten – wie bspw. HIIT. Das beliebte hochintensive Intervalltraining ist mittlerweile den meisten Fitnesstreibenden bekannt. Denn dank intensiver Trainingsintervalle, die nur von kurzen Pausen unterbrochen werden, kommt der Körper richtig auf Touren. Dabei regt man nicht nur den Stoffwechsel während des Trainings an, sondern profitiert auch noch Stunden später vom sogenannten Nachbrenneffekt. Zudem ist das Training zeitsparend. Nun schwappt ein neuer Trend aus den USA nach Deutschland mit der Bezeichnung HILIT. Dahinter versteckt sich das „High Intensity Low Impact Training“. Der Sportwissenschaftler und Personaltrainer Jörn Giersberg gibt uns dazu seine kritische Einschätzung.
Übersicht
Was ist der Unterschied zwischen HIIT und HILIT?
Beim bekannten HIIT handelt es sich um ein sogenanntes hochintensives Intervalltraining. Dabei wird eine Übung beispielsweise 30 bis 60 Sekunden lang intensiv ausgeführt, gefolgt von einer deutlich kürzeren 10- bis 30-sekündigen Pause. So kann man mit zum Beispiel nur fünf Übungen von jeweils weniger als einer Minute Dauer vier Durchgänge absolvieren. Das HIIT-Training dauert dann lediglich 20 Minuten. Ideal zum Zeitsparen.
Beim HILIT hingegen folgt nach der High-Intensity-Phase die Low-Impact-Phase. Bei Low Impact handelt es sich um eine Art aktive Erholung. Das heißt, es werden weniger belastende Übungen ausgeführt. Diese stammen meist aus dem Yoga- oder Pilates-Bereich. So powert man sich zunächst bei einer High-Intensity-Übung aus und erholt sich anschließend bei der darauffolgenden Low-Impact-Übung. Anstrengende und leichte Übungen wechseln sich beim HILIT ab.
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Welche Vorteile hat das „High Intensity Low Impact Training“?
Der Vorteil von HILIT gegenüber HIIT liegt in der geringeren Trainingsbelastung. Anders ausgedrückt: Der Körper wird nicht so stark belastet wie beim HIIT. Damit eignet sich HILIT besonders gut für Einsteiger oder zum Regenerieren. Denn die „sanften“ Übungen ermöglichen eine längere Erholung nach den Belastungsintervallen. Und weil es sich dabei meist um Yoga- und Pilates-Übungen handelt, gibt es auch noch weitere Vorteile:
- „Low Impact“-Übungen dehnen die Muskeln und steigern so die Flexibilität und Mobilität
- Ausrüstung wird nicht benötigt, lediglich eine Fitness- oder Yoga-Matte ist von Vorteil
- Workout lässt sich auch zu Hause durchführen
- HILIT ist schonender für Herzkreislauf, Muskeln und Gelenke als HIIT
- Workout für alle geeignet – auch für Fitness-Einsteiger
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Wie ist ein HILIT-Workout aufgebaut?
Für ein HILIT-Workout reichen schon ein paar Grundübungen aus. Diese führt man nacheinander (also in Intervallen) aus und wiederholt sie in mehreren Durchgängen. Normalerweise sollte ein HILIT-Workout nicht länger als 20 bis 30 Minuten dauern. Das Gute daran: Man kann die Intervall-Länge dem Fitnesslevel anpassen – Fortgeschrittene können sich etwas länger auspowern, Anfänger fangen mit kürzeren Belastungsphasen an. Und bei der Auswahl der Übungen kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen.
Wichtig ist: Die Übungen müssen sauber ausgeführt werden, um den Körper nicht zu schädigen und die Muskeln richtig zu beanspruchen.
Und so könnte ein HILIT-Workout aussehen
- 1. Burpees (60 Sekunden lang): Diese anstrengende und komplexe Übung kombiniert Liegestütze mit Kniebeugen und einem Strecksprung in einer fließenden Bewegung. Dabei geht man zunächst tief in eine Kniebeuge und positioniert die Handflächen auf dem Boden. Nun springt man mit den Beinen nach hinten in eine Plank-Position und führt einen Liegestütz aus. Dann springt man wieder zurück in die Ausgangsposition. Und von hier aus führt man einen Strecksprung mit den Armen nach oben aus.
- 2. Herabschauender Hund (60 Sekunden lang): Hierbei handelt es sich um eine Yoga-Übung. Aus der Stehposition heraus positioniert man seine Hände auf dem Boden etwa einen Meter vor den Füßen. Das Gesäß wird nach oben gedrückt, sodass man idealerweise ein Dreieck bildet.
- 3. Seilspringen (60 Sekunden lang): Beim Seilspringen bringt man den Kreislauf wieder auf Trab.
- 4. Unterarmstütz: Beim Planking (auch Unterarmstütz genannt) geht man in die Liegestützposition, wobei man sich vorne am Boden auf den Unterarmen abstützt. Der gesamte Körper wird angespannt, insbesondere der Bauch und das Gesäß.
- 5. Jumping Jacks (60 Sekunden lang): Hierbei handelt es sich zu Deutsch um die Übung Hampelmänner. Das heißt, man springt mit den Beinen auseinander und streckt dabei parallel die Arme zur Seite aus.
- 6. Katze-Kuh (60 Sekunden lang): Auch diese Übung stammt aus dem Yoga. Dabei geht man auf alle viere und stützt sich mit den Handflächen am Boden ab. Nun drückt man den Rücken und Schulterbereich durch und bildet anschließend einen Buckel wie eine Katze. Der Bewegungsablauf ist langsam und fließend. Eine ideale Übung bei Verspannungen im oberen Rücken- und Schulterbereich.
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Das sagt der Fitnessexperte zu HILIT
Obwohl sich HILIT zunächst vielversprechend anhört, hat der Sportwissenschaftler und Personaltrainer Jörn Giersberg eine kritische Haltung dazu: „Hierbei handelt es sich eigentlich um nichts Neues. Man muss sich das wie einen riesigen Baukasten vorstellen. Und es gibt clevere Menschen, die die einzelnen bekannten Sport-Elemente neu zu einer lukrativen Geschäftsidee kombinieren, die sie dann als etwas Neues verkaufen“, sagt der Fitnessexperte. Allein die Bezeichnung „High Intensity Low Impact Training“ sei irreführend. Denn eine hohe Intensität, aber eine niedrige Belastung widersprechen sich. Die Bezeichnung meint wahrscheinlich, dass sich Intervalle mit hoher Intensität und Intervalle der niedrigen Belastung abwechseln.
„HILIT ist weder besonders gut für Menschen geeignet, die effizient ihre Figur in Form bringen möchten, noch für jene, die ihre Kraft steigern möchten“, lautet die Einschätzung des Sportwissenschaftlers. Dafür gebe es deutlich bessere Ansätze. Jedoch könne diese Art des Trainings einen sanften Einstieg für Untrainierte ermöglichen oder Personen nach einer Verletzung die Rehabilitation erleichtern. Und auch, um aus der Trainingsroutine mal auszubrechen, sei HILIT eine Option. Für effizientes Muskelwachstum fehlten hier aber wesentliche Grundprinzipien wie die permanente Steigerung von Training zu Training, erklärt der Experte.
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Zum Aufbau des Trainings rät Jörn Giersberg: „Ich würde am besten Grundübungen einbauen. Bei den Kraftübungen zum Beispiel Kniebeugen, Ausfallschritte, Liegestütze in schweren und leichten Varianten sowie Crunches für den Bauch und so weiter“. Nach jeder dieser Übungen folgt dann eine leichte Yoga- oder Pilates-Übung.
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Fazit
Das „High Intensity Low Impact Training“ ist gut für Fitnessanfänger oder für Menschen, die nach einer Verletzung wieder ins Training einsteigen, geeignet – also jene, die sich mit relativ wenig Aufwand und Belastung fit halten möchten. Denn HILIT kombiniert anstrengende Kraftausdauerübungen mit sanften und dehnenden Übungen aus dem Yoga und Pilates. So kurbelt man einerseits den Kreislauf in den hochintensiven Phasen an und erholt sich (meistens jedenfalls) in der Dehnung des Körpers. Fitnessexperte Jörn Giersberg hält es jedoch für einen kurzlebigen Trend, denn laut ihm gebe es bessere Methoden, um Muskelwachstum sowie Kraftzuwächse zu erzielen. Man müsse nicht immer das Rad neu erfinden, sondern sich konsequent für einen Trainingsweg (wie z. B. klassisches Krafttraining oder Crossfit) entscheiden und mit viel Disziplin – und wenn möglich einem Coach – diesen Weg gehen. Dann erzielt man die besten Ergebnisse.