6. Oktober 2020, 21:12 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Sobald die kalten Monate vor der Tür stehen, verlagert sich das Training ins Studio oder die eigenen vier Wände. Gerade bei Radlern stehen Ergometer dann hoch im Kurs. FITBOOK-Autor Flavio Treppner hat gängige Geräte getestet und mit Profis unter die Lupe genommen.
Sobald man mit dem Gedanken spielt, sein eigenes Homegym durch einen Heimtrainer zu ergänzen, hat man oft die Qual der Wahl. Schier unendlich viele Räder, in verschiedenen Preisklassen können die Suche nach dem perfekten Trainingsgerät trüben. FITBOOK hat unterschiedliche Maschinen getestet – vom Speedbike bis zur Rolle.
Zusätzlich haben wir die deutschen Top-Triathleten Daniela Bleymehl und Sebastian Kienle befragt, welche Geräte sie bei ihrem Heimtraining verwenden und welche Tipps sie fürs Radtraining zu Hause haben. Die gebürtige Essenerin Bleymehl bewältigte ihren ersten Triathlon im Alter von zwölf Jahren. Inzwischen heimste sie Siege bei Deutschen Meisterschaften, der Challenge Roth und der Ironman-Serie ein – u. a. 2019 beim Ironman 70.3 Zell am See-Kaprun.
Nicht weniger erfolgreich ist Sebastian Kienle. Der Baden-Württemberger absolvierte ebenfalls seinen ersten Triathlon mit zwölf Jahren und zählt spätestens seit seinem Sieg bei der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii 2014 zur Weltspitze. Auch 2019 landete er dort hinter Landsmann Jan Frodeno und dem US-Amerikaner Timothy O’Donnel auf dem Podium.
Der FITBOOK-Test: Welcher Heimtrainer passt zu mir?
Das sind die Heimtrainer-Modelle:
Speedbikes
Wie der Name schon sagt, steht beim Speedbike die Geschwindigkeit im Vordergrund. Die erhöhte Sitzposition der Speedbikes soll das Fahren dynamisch gestalten und soll dem Rennrad-Feeling möglichst nahekommen. Der Antrieb unterscheidet sich je nach Preisklasse zwischen Riemen- und Kettenantrieb, wobei der Riemenantrieb meist bei höherpreisigen Produkten vorkommt. Auch die Bremsvorrichtung richtet sich nach der Größe des Portemonnaies. Unterschieden wird zwischen Filz- oder Magnetbremsen. Letzteres funktioniert weitgehend lautlos. Darüber hinaus kann das Rennerlebnis auf dem Speedbike auf den heimischen Fernseher oder das Tablet übertragen. Durch Applikationen wie Zwift, Rouvy oder VirtuGo lässt sich das Wohnzimmer zur virtuellen Rennstrecke umfunktionieren.
Vorteile des Speedbikes
- leise
- Kompatibilität mit Apps wie Zwift
- virtuelle Interaktivität
- gute technische Features (Bluetooth/Radcomputer)
Nachteile des Speedbikes
- schnellerer Verschleiß der magnetischen Komponenten
- Riemenantrieb höherer Verschleiß als Kettenantrieb
- teils sehr kostenintensiv
Preis
- ab ca. 500 bis über 2000 Euro
Für wen ist ein Speedbike geeignet?
Wer kein Fahrrad besitzt oder dieses auf einer Rolle nicht zusätzlich strapazieren möchte und dennoch auf Geschwindigkeit steht, sollte in Erwägung ziehen, sich ein Speedbike zuzulegen. Darüberhinaus kann man durch den spielerischen Charakter der Simulations-Apps auf seine Kosten kommen. Profi Sebastian Kienle ergänzt: „Speedbikes sind leicht umstellbar. Folglich können mehrere Familienmitglieder darauf trainieren, und sie sind verhältnismäßig leise. Ein Nachteil ist, dass sie sich nicht so leicht verstauen lassen, wenn man sie gerade nicht braucht.“
Meine Meinung zum Speedbike
Ausdauertraining mit spielerischer Untermalung. Für mich als Cardio-Muffel, der zwar gerne Rad fährt, aber monotones Strampeln auf der Stelle langweilig findet, waren Ergometer schon immer ein Alptraum. Durch die Kompatibilität der Apps, die einen gegen andere Fahrer antreten lassen, wurde bei mir der Spieltrieb geweckt. Der Ansporn gegen die virtuellen Gegner zu gewinnen, lässt die Trainingseinheiten wie im Flug vergehen und hält einen bei der Stange. Lediglich der Preis könnte das Erlebnis etwas trüben. Gut ausgestattete Modelle sind erst ab ca. 1000 Euro erhältlich.
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Airbikes
Das Airbike verdient seinen Namen durch die Luft, die während der Benutzung erzeugt wird. Grund dafür ist ein Rotor, der die Luft verdrängt und gleichzeitig für den Widerstand beim Training sorgt. Das Airbike ist eine Kombination aus Crosstrainer und Ergometer. Durch die zusätzlichen Armhebel ist dieses Rad auf das Ganzkörpertraining ausgelegt. In vielen Gyms ist das Airbike schon angekommen und das nicht ohne Grund. Die kurzen aber intensiven Trainingseinheiten verbrennen nämlich ordentlich Kalorien.
Vorteile des Airbikes
- Beanspruchung des gesamten Körpers
- Intensive, kurze Einheiten möglich
- schnelle Kalorienverbrennung
Nachteile des Airbikes
- sehr lautstark
- einfache Verarbeitung des Rotors
- kostenintensiv
Preis
- ab ca. 400 bis 1200 Euro
Für wen ist ein Airbike geeignet?
Wer schnell Kalorien verbrennen und den ganzen Körper in das Cardio-Workout miteinbeziehen möchte, kann zum Airbike greifen. Das Training auf dem Airbike eignet sich daher besonders für HIIT (High Intensity Intervall Training), und man muss nicht mehr Zeit auf dem Rad verbringen als nötig. Aber Achtung: Die Nutzung des Airbikes ist mit einer gewissen Geräuschkulisse verbunden, die auf Unmut der Mitbewohner oder der Nachbarn stoßen kann.
Meine Meinung zum Airbike
Trotz des Krachs macht das Airbike Laune. In kürzester Zeit kommt der Kreislauf in Gang und das Schwitzen beginnt. Durch die Einbindung der Arme ist das Airbike eine Abwechslung zum üblichen Ergometer und eine super Ergänzung – als Warm-up oder Cool-down zum üblichen Krafttraining. Jedoch gibt es auch Abzüge in der Verarbeitung. Der Rotor des Airbikes ist lediglich eine Fahrradfelge. Der Luftwiderstand wird durch Plastikstreifen generiert, die zwischen die Speichen geklemmt werden.
Der klassische Heimtrainer
Nicht erst seit der Coronapandemie findet dieses Ergometer Einzug in die Homegyms. Denn der klassische Heimtrainer ist der Allrounder unter den Fitnessgeräten und vereint Funktionalität mit einer schonenden Haltung. Günstige Modell sind schon für unter 100 Euro zu erstehen.
Vorteile des Heimtrainers
- Rückenschonend
- gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Nachteile des Heimtrainers
- Bei günstigen Produkten kaum technische Features
- hoher Plastikanteil
Preis
- ab 100 Euro
Für wen ist ein Heimtrainer geeignet?
Wer zu Hause etwas in die Pedale treten möchte und dabei auf jeglichen Schnickschnack verzichten kann, ist mit dem Klassiker gut beraten. Durch den geringen Anschaffungspreis ist das Ergometer für den schmalen Geldbeutel geeignet. Für das dickere Portemonnaie sind auch gibt es auch zusätzliche Features, wie LCD-Bildschirme und Pulsmesser. Der Unterschied zum Speedbike liegt in der Körperhaltung. Beim herkömmlichen Ergometer ist der Oberkörper aufrechter und der Rücken wird nicht so stark belastet.
Meine Meinung zum Heimtrainer
Ein gutes Workout muss nicht teuer sein. Selbst günstigere Modelle bieten alles, was ein effizientes Ausdauertraining benötigt. Wem es jedoch nach einer sportlichere Sitzposition und mehr Renndynamik verlangt, kommt mit günstigeren Modellen oft nicht weit.
Das Liegeergometer
Noch etwas rückenschonender ist das Liegeergometer. Durch die komfortable Sitzposition ist dieses Rad gerade bei älteren Sportlern sehr beliebt und ist aus den Fitnessstudios und Hobbykellern nicht mehr wegzudenken.
Vorteile des Liegeergometers
- rückenschonende Haltung
- gelenkschonend
Nachteile des Liegeergometers
- platzraubend
- sehr schwer
Preis
- ab 200 Euro
Für wen ist ein Liegeergometer geeignet?
Der Profi-Triathlet Sebastian Kienle fasst die Zielgruppe so zusammen: „Bei einem Liegeergometer ist der Nutzerkreis recht einfach einzuschränken. Denn die Geräte richten sich eher an Leute mit Hüft- oder Bandscheibenproblemen und werden hauptsächlich im Rehasport und bei Senioren eingesetzt.“
Meine Meinung zum Liegeergometer
Für mich ist das Liegeergometer etwas zu gemütlich. Das Gefühl, wirklich Sport zu treiben, bleibt auf der Strecke. Zumal die Sitzposition eher dazu einlädt, nebenher ein Buch zu lesen oder einen Film zu schauen.
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Profis fahren auf der „Rolle“
Wer auf sein richtiges Rennrad auch beim Heimtraining nicht verzichten möchte, greift zum Rollentrainer. Dabei wird der Straßenrenner am Antriebsrad aufgebockt. Man fährt somit auf der Stelle. Rollentrainer sind schon ab 40 Euro zu erstehen. Jedoch ist bei den günstigen Varianten oft keine Stützapparatur vorhanden, sodass es für ungeübte Fahrer ein wackeliger Aufstieg und Ritt werden könnte. Teurere Rollentrainer bieten meist zusätzliche Stützen für das Hinterrad oder sogar das Vorderrad an. Teilweise werden die Laufräder komplett entfernt, und nur der Rahmen fixiert. Dafür werden dann jedoch mehrere hundert Euro fällig.
Vorteile des Rollentrainers
- Nutzung des eigenen Rennrads
- benötigt geringen Stauraum
- smartes Training (nicht bei allen Modellen)
Nachteile des Rollentrainers
- eingeschränkte Interaktivität
- Verschleiß des eigenen Fahrrads
- Handhabung für fortgeschrittene Fahrer
Preis
- 40 Euro bis 1200 Euro
Für wen ist ein Rollentrainer geeignet?
Triathletin Daniela Bleymehl schwört auf das Rollentraining: „Ich fahre viel auf der Rolle mit meinem normalen Wettkampfrad. Somit kann ich auch außerhalb der Wettkampfsaison sicherstellen, dass ich mich an die Zeitfahrposition gewöhne. Darüber hinaus sind Rollentrainer sehr effektiv. Zumal sich Intervall- und Techniktraining (z. B. einbeiniges Fahren, Frequenztraining, verschiedene Trettechniken) gut einbauen lassen.“
Meine Meinung zum Rollentrainer
Als Sparfuchs habe ich zur kostengünstigsten Variante gegriffen und daher auch auf jegliche Stützen verzichtet. Dadurch war der Auf- und Abstieg auf den Rollentrainer für mich alles andere als sicher. Nach einigen Anläufen konnte ich zwar das Gleichgewicht halten, wirklich sicher habe ich mich dabei aber nicht gefühlt.