23. Juli 2024, 4:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer sich häufiger Fußballspiele ansieht, dem wird aufgefallen sein: Die Spieler spucken sehr oft ungeniert auf den Rasen. Handelt es sich dabei nur um eine schlechte Angewohnheit – oder erfüllt das Spucken einen gesundheitlichen Zweck? FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle sprach zur Klärung der Frage mit dem Diplom-Biologen und Sportmediziner Enrico Zessin.
Dass durch das Laufen und die Anstrengung die Nase anfängt zu laufen und sich die Speichelmenge im Mund ändert, dürfte jeder schon einmal erlebt haben. Doch warum neigen Fußballstars – und auch andere Sportler – dazu, ihren Speichel regelrecht auf das Spielfeld zu rotzen? Experten sind sich einig, dass dieses Verhalten der Fußballer, auf den Rasen zu spucken, zum Teil gesundheitliche Gründe haben kann.
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Übersicht
Anstrengung stellt Nervensystem auf Überlebensmodus um
Studien, weshalb Fußballer oder generell Sportler während des Wettkampfs anfangen zu spucken, existieren nicht. Dennoch meint Diplom-Biologe und Sportmediziner Enrico Zessin, dass es eine medizinische Erklärung für die Spucker gibt.
Sobald die Spieler anfangen, sich über das Feld zu hetzen und versuchen, das Beste aus sich herauszuholen, wird dem Nervensystem Angriff bzw. Flucht signalisiert. Daraufhin schaltet der Körper in den sogenannten Überlebensmodus, der es einem ermöglicht, jegliche Kraftreserven kurzzeitig zu mobilisieren. „Beim Sport ist das autonome Nervensystem sehr aktiv. Der Sympathikus ist besonders bei Aktion aktiv, also beim Laufen und Ball schießen, wohingegen der Parasympathikus den Körper wieder beruhigt, wie in den kleinen Pausen während des Spiels. Der Parasympathikus stimuliert ebenso die Speicheldrüsen und führt zu vermehrter Speichelproduktion“, erklärt Zessin auf FITBOOK-Nachfrage.
Nasenatmung steigt auf Mundatmung um
Auch die Atmung verändere sich laut dem Experten beim Sport: „Da durch den erhöhten Gasaustausch (Atmung) beim Sport die meisten Menschen auf Mundatmung zurückgreifen, kommt es zu einer vermehrten Speichelproduktion, um die Mundschleimhaut feucht zu halten und Trockenheit zu verhindern.“ Außerdem könne das Durstgefühl reduziert werden, wenngleich der Körper aufgrund des Schwitzens tatsächlich Flüssigkeit benötigt.
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Erhöhte Speichelmenge, störende Schweißperlen
Aber warum spucken die Fußballer aufs Feld, wenn der Speichel die Atmung erleichtert? Zum einen kann die Speichelmenge – je nach Anstrengung – so viel werden, dass es unangenehm oder störend ist. Zum anderen könnten sich die Spieler auch von in den Mund gelaufenen Schweißperlen entledigen wollen.
Auch möglich: Die Mundatmung ist so ausgeprägt, dass die Schleimhaut trotz der Bemühungen des Körpers austrocknet. Der restliche Speichel wird zähflüssiger und klebt oft unangenehm am Gaumen. Fußballer, Läufer und andere Sportler neigen deshalb dazu, diese – jetzt wird’s etwas eklig, Achtung – „Brocken“ auszuspucken.
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Gesundheitliche Notwendigkeit oder doch eher schlechte Angewohnheit?
Gesundheitlich notwendig ist das Spucken also nur bedingt. Aufgrund der Unannehmlichkeit ist es aber nachvollziehbar, dass man überflüssigen Speichel, oder solchen, der am Gaumen klebt, loswerden möchte. Allerdings muss man das Ganze auch mit einem Augenzwinkern betrachten: Gerade zu Anfang des Spiels wird sich der Speichelfluss noch nicht verändert haben. Wenn also in den ersten Minuten schon herumgerotzt wird, kann man höchstwahrscheinlich davon ausgehen, dass es sich einfach um die Macht der Gewohnheit handelt – oder aber das Ganze hat einen psychologischen Grund.
Psychologische Faktoren
Es gibt nämlich noch einen anderen Grund für dieses Verhalten: Beobachtet man Fußballer beim Spucken, kann man oft feststellen, dass das Verhalten mit Frust oder Wut einhergeht. Ist dem Spieler etwa eine wichtige Spielaktion misslungen, hilft das Spucken, die negativen Gedanken loszuwerden. Nicht zuletzt, weil das Spucken seit Jahrzehnten von vielen Stars auf dem Rasen vorgelebt wird, adaptieren jüngere Spieler das Verhalten – Stichwort: Vorbildfunktion.
Des Weiteren symbolisiert das Spucken auf den Rasen laut einem Bericht des „Spiegel“ – ähnlich wie im Tierreich – das Markieren des Reviers.