27. Mai 2023, 17:18 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Anfang Februar stand Giancarlo Boone im Mittelpunkt der FITBOOK-Doku „Alltagsathleten“. In unserem neuen Format haben wir den semiprofessionellen Footballer, der inzwischen für die Berlin Thunder spielt, in seinem Alltag zwischen Vollzeitjob, Vollblut-Sport und Familienleben begleitet. Kein einfacher Spagat! Schließlich ist der 1,88-Meter-Hüne zweifacher Papa und Ehemann. Doch ans Karriereende denkt der inzwischen 40-Jährige noch längst nicht. Daran ändert auch seine aktuelle Verletzung nichts.
Seit fast 20 Jahren betreibt Giancarlo Boone voller Liebe und Leidenschaft eine der härtesten Sportarten, die es überhaupt gibt. Beim American Football prallen in höchstem Tempo zum Teil mehr als 100 Kilogramm schwere Körper aufeinander. Schlimme Verletzungen an Knien oder Schulter und Gehirnerschütterungen bzw. Kopfverletzungen sind keine Seltenheit. Nun hat es auch den Linebacker erwischt – mal wieder. Ausgerechnet kurz vor Saisonstart am 3. Juni. FITBOOK sprach mit Giancarlo Boone über seine Knieverletzung, seinen Gemütszustand und die Pläne fürs Comeback. Eines ist sicher: Fertig ist Boone noch lange nicht!
Übersicht
- Eine Verletzung mit Ansage
- Nach nur drei Tagen rauf auf den OP-Tisch
- Null Bewegung zu Beginn, Muskelaufbau im Anschluss
- Giancarlo Boone – trotz Knieverletzung nochmal Glück im Unglück gehabt
- Zwischen Reha-Training und Homeoffice beim Arbeitsamt
- So schuftet Giancarlo Boone fürs Comeback nach Knieverletzung
Eine Verletzung mit Ansage
FITBOOK: Die neue Saison steht vor der Tür. Den Auftakt werden Sie aber leider verpassen. Was genau ist passiert?
Giancarlo Boone: „Vor knapp drei Wochen war das, am 7. Mai. Wir waren zu der Zeit im Trainingscamp in Treptow. Ich habe mit die Quadrizepssehne im rechten Knie gerissen. Die fängt beim Becken an, geht runter zur Kniescheibe und wird dann sozusagen zur Patellasehne. Und die ist oberhalb der Kniescheibe abgerissen.“
FITBOOK: Wie ist das passiert? Haben Sie gleich gemerkt, dass es etwas Ernsthaftes ist?
Boone: „Ich hatte davor schon eine Überlastung am Knie, weil ich es mir mal im Training verknackst habe. War aber nicht weiter schlimm. Ich habe mir dann einen MRT-Termin geben lassen und bin hingegangen. Die Auswertung wäre aber erst in der darauffolgenden Woche, am Dienstag, gekommen. Am Sonntag hatten wir aber schon das Trainingscamp und ich habe natürlich mitgemacht. Davor habe ich mich gedehnt. Es war nicht schmerzhaft, es war nur ein leichtes Stechen. Dann wollte ich einen Richtungswechsel machen und ohne Fremdeinwirkung ist die Sehne dann gerissen. Es hat einfach geknallt, so als wenn die Achillessehne reißt. Dann war die Kraft weg und ich konnte das Bein auch nicht mehr ansteuern. Die Kniescheibe ist auch noch an der Seite raus und dann hing das Bein in der Luft.“
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Nach nur drei Tagen rauf auf den OP-Tisch
FITBOOK: Puh, das hört sich schon beim Zuhören schmerzhaft an. War es das auch?
Boone: „Es war eher unangenehm. Natürlich hat man einen kleinen Schockmoment, wenn es knallt und man merkt: ‚Ok, da ist was‘. Ich wollte aufstehen und konnte einfach das Bein nicht bewegen. Ich habe dann auch gesehen, wie die Kniescheibe so ein bisschen schräg stand. Zum Glück sind aber unsere Physios gleich gekommen und haben dann alles wieder an Platz und Stelle gebracht.“
FITBOOK: Wie ging es dann weiter? Waren Sie noch am selben Tag im Krankenhaus?
Boone: „Ich wurde mit dem Krankenwagen abgeholt und ins Krankenhaus nach Neukölln gebracht. Dort bin ich mit einer Schiene versorgt und geröntgt worden. Und ich habe weitere Schmerzmittel bekommen. Theoretisch hätte ich dann einen Tag später nochmal in die Sprechstunde gemusst. Aber ich bin dann zu unserem Teamarzt Dr. med. Michael Lehnert am Stuttgarter Platz. Drei Tage später, am Mittwoch, wurde ich im Martin-Luther-Krankenhaus operiert. Das Knie wurde von unter der Kniescheibe bis über der Kniescheibe komplett aufgeschnitten. Am Freitag wurde ich entlassen.“
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Null Bewegung zu Beginn, Muskelaufbau im Anschluss
FITBOOK: Die OP ist schon zwei Wochen her. Wie geht es Ihrem Bein inzwischen? Die Krücken haben Sie hoffentlich schon wieder zur Seite legen können.
Boone: „Bei so einer Operation wird ja die Sehne wieder runter an die Kniescheibe gezogen und dort befestigt. Also darf man diesen Muskel erst mal gar nicht bewegen. Man bekommt eine Null-Grad-Schiene, die vom Oberschenkel fast runter bis zum Knöchel geht. Das Bein muss sechs Wochen komplett steif bleiben. Die ersten drei, vier Tage war ich dann auf Krücken unterwegs.“
FITBOOK: Das ist schon eine lange Zeit für Sie als Vollblut-Sportler, wo Sie ihr Bein nicht bewegen dürfen.
Boone: „Mittlerweile bewege ich mich ganz normal mit der Schiene und humpele zum Physio. Ich fahre auch wieder mit dem Bus und mit der Bahn. Die Schiene muss im Alltag dran bleiben. Zu Hause habe ich ein Gerät, wo ich mein Bein reinpacke. So wird das Knie angewinkelt – auf maximal 60 Grad. Das macht die Maschine für mich, ohne Einfluss meines Muskels. Nach vier Wochen darf ich auf 90 Grad gehen. Nach sechs Wochen kann die Schiene ab und dann muss ich die Muskulatur natürlich wieder aufbauen. Also habe ich noch etwa vier Wochen vor mir.“
Giancarlo Boone – trotz Knieverletzung nochmal Glück im Unglück gehabt
FITBOOK: Dann haben Sie ja ein konkretes Zeitfenster bereits vor Augen. Die Pläne für das Aufbautraining stehen mit Sicherheit längst?
Boone: „Genau. Fahrradfahren, rennen, sprinten. Und natürlich Muskelaufbau im Oberschenkel.“
FITBOOK: Also insgesamt hört sich die Verletzung zum Glück dann doch nicht ganz so schlimm an. Und weit weg von einem möglichen Karriereende…
Boone: „Nein, um Gottes Willen. Die Ärzte haben auch gesagt, dass es eigentlich eine positive Verletzung ist. Klar ist es schei*** mit dieser Schiene für sechs Wochen. Aber zum Glück habe ich nichts direkt am Knie. Also weder Kreuzband noch Meniskus. Mein Knie ist tip-top. Es war wirklich nur ein Sehnenabriss, den man einfach wieder fixieren muss.“
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Zwischen Reha-Training und Homeoffice beim Arbeitsamt
FITBOOK: Und wann kehrt Giancarlo Boone als Linebacker und Leader wieder aufs Spielfeld zurück?
Boone: „Otto Normalverbraucher brauchen laut Plan etwa zwölf Wochen. Aber ich bin bei den Physios am Ku’damm, die mit den ganzen Profifußballern und Basketballern von Alba Berlin arbeiten. Von daher gehe ich davon aus, dass es etwas schneller gehen wird. In zehn Wochen werde ich wieder rennen können und diese Saison auf jeden Fall noch spielen!“
FITBOOK: Also feiern Sie voraussichtlich im Juli Ihr Comeback auf dem grünen Rasen. Und ab wann sind Sie wieder an Ihrem Arbeitsplatz im Berliner Arbeitsamt erreichbar?
Boone: „Ich bin diese Woche noch krankgeschrieben und werde nächste Woche Dienstag im Homeoffice wieder anfangen zu arbeiten. Ich habe gerade noch 16 Klammern im Knie drin. Diese Alu-Tacker werden am Mittwoch rausgeholt. Bis dahin musste ich mein Bein noch etwas hochlagern.“
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So schuftet Giancarlo Boone fürs Comeback nach Knieverletzung
FITBOOK: In solch schwierigen Momenten geben Ihnen Ihre Ehefrau und Ihre beiden Töchter sicherlich auch Kraft und Halt. Besonders auf moralischer Ebene.
Boone: „Ja, das auf jeden Fall. Wir haben auch eine Teampsychologin, die hat auch schon mit mir gesprochen. Aber ich mache das ja schon knapp 19 Jahre. Ich habe mir vor zehn Jahren die rechte Schulter rausgehauen, letztes Jahr im Oktober die linke Schulter. Ich weiß schon gut, damit umzugehen. Ich bin da super hinterher und war sogar gestern und heute Morgen schon im Gym.“ (lacht)
FITBOOK: Sie machen tatsächlich einen sehr zuversichtlichen Eindruck und wirken alles anderes als down.
Boone: „Nein, überhaupt nicht. Es sind Steine, die dir in den Weg geworfen werden, aber es macht dich nur härter. Durch die Reha werde ich noch stärker zurückkommen und das Bein auf jeden Fall noch besser aufbauen. Auch bei der Schulter war ich wieder bei 110 Prozent. Auch da sprachen die Ärzte von einem halben Jahr, aber nach viereinhalb Monaten war ich schon wieder topfit.“