1. November 2024, 16:04 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Vor allem in der kälteren Jahreszeit zieht es viele Menschen in die Schwimmbäder. Die Bewegung im Wasser macht nicht nur Spaß, sondern ist außerdem auch ein hervorragender Fettverbrenner. Doch wie lange sollte man überhaupt schwimmen können, um als fit zu gelten? Und welche Distanz sollte Männer und Frauen schaffen? Das erklärte Sportwissenschaftler Prof. Dr. Billy Sperlich FITBOOK-Autor Tony Poland.
Muskelaufbau, Fettverbrennung, Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems: Schwimmen ist ein echter Alleskönner und dazu überaus gelenkschonend. Gleichzeitig ist es mit seinen verschiedenen Stilen (u.a. Brustschwimmen, Kraulen oder Rückenschwimmen) auch noch ein effektives Cardiotraining, welches die Ausdauer verbessert. Je nach Körpergröße, Schwimmstil und Intensität lassen sich im Schnitt etwa 400 bis 700 Kalorien verbrennen, ohne sich körperlich komplett zu verausgaben. Denn am besten schmilzt das Körperfett bei einer mittleren Intensität von 60 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz. Doch welche Zeit und welche Distanz gibt einem eigentlich einen Richtwert für die eigene Grundfitness? Wie lange und weit sollten Männer und Frauen schwimmen können? Darüber klärt ein Fitnessexperte Prof. Dr. Billy Sperlich auf.
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Übersicht
- Schwimmen vs. Grundfitness: Warum die richtige Technik so wichtig ist
- Ausführung: So schwimmt und atmet man richtig
- Länge und Zeitdauer: Diese Strecke sollte man schaffen
- Wie der Schwimm-Einstieg für ein verbessertes Fitnesslevel gelingt
- Warum die Pulsfrequenz eine untergeordnete Rolle spielt
- Welche Vorteile die Bewegung im Wasser hat
Schwimmen vs. Grundfitness: Warum die richtige Technik so wichtig ist
Zunächst mal gilt: Ein grundfitter Mensch, der gut Laufen oder Radfahren kann, muss nicht zwangsweise gut schwimmen können. „Denn Schwimmen ist von allen Ausdauersportarten diejenige, die primär am meisten Technik erfordert“, sagt Billy Sperlich. „Wer also mit einer guten Grundfitness ins Wasser springt, kann noch lange nicht automatisch 100 oder 200 Meter am Stück schwimmen, wenn er die Technik nicht beherrscht!“ Zwar sei die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch, allerdings vermutlich auch die körperliche Erschöpfung im Ziel.
Besonders am Anfang rät der Fachmann zum Brustschwimmen, da hierbei die Atmung am einfachsten sei. „Aber Schwimmen muss von der Technik her von der Pike auf erlernt werden. Weil Anfänger dazu neigen, alle Muskelfasern völlig unkoordiniert anzuspannen. Und das kostet einfach viel Energie“, weiß Sperlich. Nur über die Zeit lernt die Muskulatur nämlich, ökonomischer zu arbeiten. Und mit entsprechender Technik würden sich dann auch Ausdauersportler aus anderen Disziplinen leichter tun.
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Ausführung: So schwimmt und atmet man richtig
Die Frage nach der Technik ist die eine, die nach der richtigen Umsetzung die andere. Denn Schwimmen ist komplex, neben der korrekten Bewegung ist vor allem die Atmung bei speziellen Schwimmstilen ganz entscheidend. Tipp von Billy Sperlich: „Jemand von außen sollte sich zunächst mal die Technik des Einzelnen anschauen, weil sich einfach viele Fehler einschleifen können.“ Gerade beim Brustschwimmen sei es oft der Fall, dass der Beinschlag nicht symmetrisch ist. „Dann entsteht eine Schere, die orthopädisch ungünstig ist.“ Wer also lange schwimmen möchte, sollte unbedingt auf die richtige Technik achten.
Beim Kraulen komme es zudem stark darauf an, Arme und Beine miteinander entsprechend zu koordinieren. Und bei dieser Art der Bewegung durch das Wasser müsse der Fokus zusätzlich ganz besonders auf der Atmung liegen! „Denn die ist hierbei gekoppelt an der Armbewegung. Wahrscheinlich wird man zu Beginn alle zwei Armbewegungen atmen, der Profi alle drei. Und dass man bei allen Schwimmstilen, außer beim Rückenschwimmen, ins Wasser ausatmet, muss man erstmal lernen. Das können viele gar nicht“, so der Professor der Uni Würzburg.
Der Grund dafür ist einfach. Denn wenn der Kopf über Wasser ist, hat man viel mehr Zeit für die Einatmung. „Es würde zeitlich gar nicht hinhauen, über Wasser auszuatmen und erst dann wieder einzuatmen. Denn gegen den Wasserwiderstand anzupusten, ist für einen Anfänger tatsächlich sehr schwierig“, sagt der Sportwissenschaftler.
Länge und Zeitdauer: Diese Strecke sollte man schaffen
Und wie lange und weit sollten Männer und Frauen, die bereits eine Grundtechnik mitbringen, nun am Stück schwimmen können, um von einer Grundfitness zu sprechen? „Mit ein bisschen Training sollte man in einer Dreiviertelstunde schon auf 2.000 Meter kommen, wenn man grundfit sein möchte. Später auf 2.500 Meter“, schätzt Sperlich ein. Überhaupt seien 30 bis 45 Minuten ein guter Richtwert, auch eine Zeitdauer von 60 Minuten Brustschwimmen am Stück sei für Geübte machbar. Ähnlich wie beim Radfahren gebe es auch hier keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. „Wer tatsächlich 30 bis 40 Minuten durchschwimmt, der wird schon so auf seine 1.500 bis 2.000 Meter kommen. Das ist absolut realistisch“, meint der Experte.
Wie der Schwimm-Einstieg für ein verbessertes Fitnesslevel gelingt
Doch um an diese Distanzen und Zeiten heranzukommen, ist ggf. etwas Übung erforderlich. Und hierfür gibt es ein Zauberwort. „Schwimmen ist die Paradesportart für Intervalltraining als Mittel der Wahl. Ein guter Einstieg wäre es zum Beispiel 25 Meter zu kraulen, eine kurze Pause einzulegen, und wieder 25 Meter zu kraulen“, zählt Billy Sperlich eine mögliche Variante auf. Überhaupt würden auch Profis im Training ihre Gesamtstrecke meist in kurzen Distanzen zu 50 oder 100 Metern etwas schneller zurücklegen, um im Wettkampf die Strecke (bis 400 Meter) dann am Stück zu schwimmen.
Und nach diesem Rhythmus bzw. diesen kurzen Intervallen könnten sich auch Anfänger Stück für Stück hocharbeiten. „Das geht dann auch flott, dass man vielleicht erst zehnmal 50 Meter schwimmt, dann zehnmal 100 Meter und dann zum Beispiel achtmal 200 Meter. So schaukelt man sich von der Gesamtdistanz im Training immer weiter hoch“, empfiehlt der Fachmann.
Warum die Pulsfrequenz eine untergeordnete Rolle spielt
Anders als bei den meisten anderen Ausdauersportarten ist die Pulsfrequenz beim Schwimmen weniger entscheidend. Erstens sei es für Herz-Kreislauf-System durch die Lage im Wasser viel einfacher. Denn die Pumpe müsse das Blut quasi nicht aus den Zehen nach oben transportieren. Billy Sperlich: „Nummer zwei: Durch den Wasserdruck drückt das Wasser von außen auf die Gefäße. Dadurch tut man sich nochmal etwas leichter.“ Überhaupt würde jeder Mensch auf diesen Druck ein wenig anders reagieren. „Deshalb kann man die Pulsfrequenzen, die man aus dem Laufen oder Radfahren kennt, nicht ohne Weiteres ins Wasser übertragen. Im Schwimmen geht man für die eigentliche Stellgröße immer über Zeiten, darüber wird im Normalfall gesteuert. 140 Herzschläge an Land und im Wasser können für das Herz eine ganz unterschiedliche Belastung sein.“
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Welche Vorteile die Bewegung im Wasser hat
Natürlich ist Schwimmen durch die Gelenkschonung im Wasser ganz besonders für Menschen geeignet, die mit Rheuma, Arthrose oder Übergewicht bis hin zu Adipositas zu kämpfen haben. „Die ganzen exzentrischen Belastungen beim Landen, also wie etwa beim Laufen, sind gänzlich weg. Das ist ein Vorteil“, beginnt der Fitness-Experte seine Aufzählung. „Zudem hat man eher den Oberkörper, also Bauch und Rücken dabei, was bei anderen Ausdauersportarten eigentlich nie der Fall ist.“ Bei einer gewissen Grundfitness können man darüber hinaus die Intensitäten ziemlich gut steuern.