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Kraft vs. Ausdauer

Forscher finden Botenstoff, der schnelle Muskelfasern stärkt

Mann beim Krafttraining
Beim Krafttraining werden spezifische Programme im Muskel aktiviert, die die Bildung schneller Muskelfasern begünstigen Foto: Getty Images
Anna Echtermeyer
Redakteurin

1. August 2019, 15:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Ist Joggen Ihr Steckenpferd? Oder blühen Sie eher in der Muckibude auf? Bei beiden Trainingsarten werden unterschiedliche Programme im Muskel aktiviert. Forscher haben nun einen Faktor gefunden, mit dem mehr schnelle Muskelfasern gebildet werden – also die, die in Sachen Krafttraining den Ton angeben. Bis jetzt allerdings nur bei Mäusen.

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Wenn wir trainieren oder uns bewegen, geben die Muskeln hormonähnliche Botenstoffe ins Blut ab. Diese sogenannten Myokine (abgeleitet von den griechischen Wörtern „mys“ für Muskel und „kinema“ für Bewegung) stoßen im Körper eine Art Unterhaltung an: mit dem Fettgewebe, dem Gehirn, der Leber, dem Herzen usw. Es gibt Myokine, die entzündungshemmend wirken. Andere unterstützen die Bildung neuer Muskelmasse oder senken das Risiko für Diabetes.

Warum produzieren Muskeln BDNF?

Prof. Christoph Handschin – Zellbiologe am Biozentrum der Universität Basel – und sein Team interessierten sich jüngst für das Myokin BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor): Ein Wachstumsfaktor, der über Synapsen auf Nervenzellen wirkt und zuerst im Gehirn gefunden wurde. Dort spielt er für die Denkleistung eine wichtige Rolle: Beispielsweise werden Erinnerungsprobleme bis hin zu Alzheimer, aber auch Depressionen in Zusammenhang mit einem niedrigen BDNF-Spiegel gesehen.

Inzwischen weiß man, dass BDNF nicht nur im Hirn, sondern auch woanders vorkommt. Beispielsweise in der Muskulatur. „Bisher wussten wir aber nicht: Wozu?“, erklärt Prof. Handschin gegenüber FITBOOK den Grund seiner Untersuchungen. „Uns hat die Verbindung zwischen Nerv und Muskel interessiert.“

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Mäuse ohne BDNF hatten mehr Ausdauer-Muskelfasern

Warum produzieren Muskeln BDNF? Um das Rätsel zu lösen, schaltete Prof. Handschin das BDNF in den Muskeln von Mäusen aus. Das funktioniert, indem ein Stück des Gens herausgeschnitten wird, auf dem diese Information liegt. Das Ergebnis überraschte den Zellbiologen: „In den Muskeln dieser Mäuse wurde ein spezifisches System ausgelöst, welches die Art der Muskelfasern beeinflusste“, erklärt Handschin gegenüber FITBOOK. Die Mäuse ohne BDNF hatten mehr langsame Muskelfasern als ihre Artgenossen! Damit gemeint sind jene Muskelfasern, die überwiegend bei Ausdauersport gebildet werden. Also bei lang anhaltenden Workouts bei niedriger Intensität.

Im zweiten Schritt erhöhte Handschin bei einer Gruppe Mäusen den Botenstoff. Und siehe da: Diese Tiere hatten weniger langsame, stattdessen aber mehr schnelle Muskelfasern. Diese schaffen die Voraussetzung dafür, dass Muskeln möglichst stark wachsen. Gebildet werden sie beim Krafttraining. Damit konnten die Forscher zeigen, dass BDNF Muskelfasern umformt. „Wir haben einen Faktor gefunden, der zu mehr schneller Muskelfaser führt“, erklärt Handschin. „Das war für uns schon erstaunlich!“

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Denkbar: Muskelschwund bei Senioren verhindern

Bedeutet das nun, dass Mäuse mit viel BDNF auch dickere Muckis bilden? „Dazu müsste man eine Möglichkeit finden, mit ihnen Krafttraining zu machen. Und die haben wir bisher nicht.“ Der nächste Schritt sei demnach zu schauen, ob der Botenstoff auch in der menschlichen Muskulatur ähnlich wirke. Und irgendwann vielleicht die Antwort auf die Frage: Kann ein Bodybuilder mehr Muskelmasse aufbauen, wenn er den Botenstoff in seiner Muskulatur erhöht?

Auch in die andere Richtung (langsame Muskulatur) könnte es spannend werden: Lässt sich – beispielsweise bei Senioren – dem Muskelschwund vorbeugen, indem man BDNF ausknipst? Handschin: „Vorstellbar ist das. Aber von der Umsetzung sind wir noch weit entfernt.“ Auch wisse man nicht, welche äußeren (und inneren) Reize zur vermehrten oder verminderten Bildung von Muskel-BDNF führen.

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Lässt sich daraus eine Trainingsempfehlung ableiten?

Klare Antwort: Nein. Es gilt, was schon lange klar ist: Kraft- und Ausdauertraining setzen unterschiedliche Reize im Muskel. Eine Faser bildet sich entweder zur langsamen Faser aus (Ausdauer) oder wird zur schnellen Faser (Krafttraining). Entsprechend will ein Marathonläufer nicht Muskelmasse mitschleppen, die ihm nichts bringt – eine Unterscheidung beim Training ist nur im Spitzensport sinnvoll. Für die meisten Menschen lautet die Empfehlung nach wie vor: Trainieren Sie beides!

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