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FITBOOK-Redakteur über seine Surf-Premiere

„Es war so, als gehörte ich nicht auf das Board“

Nuno Alves vor seinem ersten Mal Surfen
Bevor es für die ersten Surfversuche ins kalte Wasser des portugiesischen Atlantiks ging, strahlte Nuno Alves noch zuversichtlich Foto: FITBOOK/Nuno Alves
Nuno Alves
Chefredakteur

3. Dezember 2023, 17:36 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Strand, Brett unter dem Arm und ab ins Meer und eine Welle nach der anderen reiten – für die einen der Höhepunkt eines jeden Urlaubs, für viele andere ein Traum, den sie sich mal erfüllen möchten. So auch für FITBOOK-Redakteur Nuno Alves, der im vergangenen Sommer mit Ende 40 das Surfen lernen wollte und sich erstmals für einen Kurs anmeldete. Nach drei Tagen im eiskalten Wasser von Ofir im Norden Portugals blickt er angesichts seines Talents ernüchternd auf die Erfahrungen zurück – und voller Ehrgeiz in die nächsten Wellen.

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Oh, wie habe ich mir mein erstes Mal Surfen anders vorgestellt. In den Neoprenanzug schlüpfen, vom Instructor das Surfbrett und ein paar Basics bekommen – und dann ab ins Wasser. Ich sah mich elegant, mit kräftigen Armbewegungen ins offene Meer hinaus paddelnd, mit verwegenem Surferblick den Ozean lesend, in Erwartung des perfekten Moments. Und dann, paddel, paddel, paddel, den Oberkörper aufrichtend, flüssig in den Stand und die Welle reiten. Tja, es kam natürlich anders. Den ersten Rückschlag gab es bereits beim Neoprenanzug, in den ich zunächst nicht reinkam, um dann, als es endlich klappte, festzustellen, dass ich ihn falsch herum angezogen hatte. Oh, wie peinlich. Es blieb nicht bei diesem Misserfolg.

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Und dann hatte ich das größte Brett von allen unter dem Arm …

Seit Jahren, oder besser: Jahrzehnten, spiele ich mit dem Gedanken, endlich mal mit dem Surfen anzufangen. Insofern buchstäblich naheliegend, als ich ohnehin immer im Norden von Portugal bei meiner Familie bin, unweit der Atlantikküste. Im vergangenen Sommer ist aus dem Plan dann endlich ein Kurs geworden, gerade noch rechtzeitig vor dem 50. Geburtstag. Und um das Ganze nicht ganz so offensichtlich als „Mann in der Midlife-Crisis will sich nochmals jung und cool fühlen“ wirken zu lassen, habe ich die ganze Familie zum Kurs angemeldet, also Gattin und die beiden Töchter (13 und 15). Zumindest hätte man so auch denken können, dass die Eltern den größten Wunsch ihrer Kinder erfüllen und sie dabei begleiten. In Wahrheit war’s eher umgekehrt. So groß war die Begeisterung beim familiären Anhang im Vorfeld dann doch nicht. Aber auch das sollte sich umkehren …

Nachdem ich also den Neopren-Fauxpas hinter mir hatte – immerhin erging es anderen Kursteilnehmern ähnlich –, ging es an die Wahl des Bretts. Die Kursleiterin: „Schon mal gesurft, gesnowboardet, geskatet?“ Letzteres habe ich zwar mal, aber mit bescheidenem Talent. Entsprechend sagte ich: „Nein.“ Und so drückte man mir mit meinen 1,71 Metern das größte und dickste Board von allen unter den Arm, und nicht eines dieser kurzen, wendigen, wie man sie bei den coolen Mädels und Jungs sieht. Mit diesem klobigen Ding ging’s an den Treffpunkt etwa 100 Meter weiter am Strand. Die Surfbretter meiner Frau und meiner Töchter waren übrigens erheblich kleiner. Die aller anderen Teilnehmer auch. Was hatte ich da nur für einen Eindruck gemacht?

Beim Instructor konnte ich aber zumindest etwas wettmachen. Vielleicht lag’s an meinem einstudierten Verwegen-Surfer-Blick oder daran, dass ich für mein Alter dann noch nicht ganz so unsportlich aussehe. Der Instructor schien jedenfalls Potenzial in mir zu sehen. Als ich dann auch noch scheinbar viel wissend die Bewegung vom Bauch liegend in den Stand mit einem Burpee verglich, signalisierte er mir mit einem lang gezogenen „ganz genaaauu“ auf Portugiesisch, dass ich verstanden hatte. Grinser hin, Grinser zurück, danach noch ein paar Dehn- und Trockenübungen und es ging ab ins Meer.

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Es schien, als gehörte ich schlichtweg nicht aufs Board

Es fing gar nicht mal so schlecht an. Das 9‘0-Brett blieb stabil, ich konnte paddeln, mich aufsetzen und ein Gefühl für die kleinen Wellen von Ofir bekommen. Erster Eindruck nach 10 Minuten: vorsichtig optimistisch, dass ich vielleicht einmal stehend Richtung Strand reiten würde. Aber zunächst einmal war ich froh, dass der Neoprenanzug angesichts von 16 Grad Wassertemperatur im Hochsommer seinen Zweck erfüllte, während ich meine unzähligen Versuche unternahm, am Beach Break endlich mal in Gänze die Bewegung auszuführen: paddeln wie ein Irrer, mit dem Oberkörper abdrücken, mein rechtes Bein in die hintere Position bringen, das linke nach vorn ziehen und mit gebeugten Knien das Gleichgewicht finden – und vor allem: halten.

Die Realität sah eher so aus: Ich paddelte wie ein Irrer und verpasste dennoch die Welle. Oder: Ich schaffte dank eines Schubsers des Instructors zwar die Welle, setzte aber die Hände völlig falsch auf, verfiel in Schräglage und plumpste ins Wasser. Oder: Ich nahm die Welle, setzte die Hände richtig – Yeah! –, und vollzog mit so viel Eifer einen Burpee, dass das Surfbrett angesichts meiner plumpen Landung unter mir erschütterte und mich einfach abwarf wie ein Pferd den Reiter beim Rodeo. Es war so, als gehörte ich schlichtweg nicht auf das Board.

Es fühlte sich wie ein einziges Scheitern an. Daran änderte auch nichts, dass ich es immerhin ein paar Mal schaffte, zu stehen. Zu zittrig waren dabei meine Beine, zu versteift der Rest des Körpers – zu unwürdig meine ganze Haltung für einen so eleganten Sport. Statt nach einem grazilen Kelly Slater in der Tube sah es eher nach Balzverhalten eines Gorillas in kniehoher Gischt aus. Immerhin schien ich damit nicht sonderlich aufzufallen, denn die Strandbesucher ignorierten mich gnädig. Ich war nur ein weiterer Möchtegern-Surf-Papa Ende 40 unter vielen. Who cares.

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„So frustrierend mein Scheitern auch war – es fühlte sich gut an“

War’s das nun mit meinen Surf-Ambitionen? Einfach verbuchen unter: „Dafür bin ich zu alt“ oder „Ich hätte früher damit anfangen sollen“? Nope. So ungeschickt ich mich auch anstellte, so frustrierend mein Scheitern auch war – es fühlte sich gut an. Ich war danach erschöpft, hatte Muskelkater, habe an meiner Motorik gearbeitet und zumindest ein Ziel klar erreicht: Es einmal wenigstens versucht zu haben.

Wer einen neuen Sport erlernt, neigt mitunter dazu, sich den Fantasien über formvollendete Bewegungen hinzugeben, unterschätzt mitunter aber die Relevanz der vielen Niederlagen auf dem Weg dorthin. Sie steigern unsere Resilienz und lehren uns Demut. Das erfuhr im Übrigen auch FITBOOK-Autorin Nina Ponath, die sich, ähnlich wie ich, an einen für sie neuen Sport heranwagte: das Kitesurfen.

Für erfolglose Surfer wie mich kann auch das immerwährende Fallen, Aufstehen und Zurückpaddeln wie ein Flow sein, der mit etwas Ehrgeiz vielleicht doch irgendwann in den wahren Flow eines Wellenritts mündet. Nicht formvollendet, aber in guter Form vollendet. Zumindest kann ich sagen: Ich werde es wieder versuchen. Ebenso meine jüngste Tochter, die weitaus mehr Erfolg hatte und nun ständig fragt: Wann machen wir den nächsten Kurs, Papa?

Themen Outdoor-Sport
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