12. Mai 2024, 8:12 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten
Nein, in Deutschland gibt es nicht nur Fußball, auch Eishockey erfreut sich hierzulande großer Beliebtheit. Wenn die Nationalmannschaft spielt, fiebern Fans mit, freuen sich über Siege und bedauern Niederlagen. Das beste Eishockey der Welt wird jedoch in den USA und Kanada gespielt, in der NHL. Wie unterscheiden sich die Regeln, welche Positionen gibt es? FITBOOK-Autor Tony Poland macht den Vergleich.
Eishockey gehört grundsätzlich zu den Vollkontaktsportarten und damit zu den härtesten Sportarten überhaupt. Als Mutterland des Eishockeys gilt Kanada, längst ist der rasante Kufensport aber auch in vielen Ländern Europas sehr beliebt. Geschwindigkeit, Action, meist viele Tore, tolle Stimmung auf den Zuschauerrängen – diese Zutaten lockt viele Fans an. erade in Deutschland sind die Hallen voll und die TV-Einschaltquoten hoch. Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse (AWA) schaffte es Eishockey 2023 auf Platz elf der beliebtesten Sportarten in Deutschland.1 Auch wenn es zahlreiche Regeln gibt, die für Laien auf den ersten Blick vielleicht etwas kompliziert sind, ist das Ziel des Spiels für jeden klar. Denn am Ende entscheidet die Anzahl der erzielten Tore über Sieg und Niederlage. Für diejenigen, die es dennoch genauer wissen, beleuchten wir in diesem Artikel die wichtigsten Regeln, Positonen und Eishockey-Begriffe.
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Übersicht
Schwerpunkte: Eislaufen, Technik, Kraft und Ausdauer
Grundvoraussetzung Nummer eins ist Schlittschuhlaufen, das ist die absolute Basis. Und zwar in höchstem Tempo! Vorwärts und rückwärts, „Stop and Go“, im Sprint und gleitend. Nicht umsonst stehen die meisten Profis bereits im Alter von drei bis fünf Jahren erstmals auf Kufen. Auf diesem Fundament aufbauend benötigt es weitere Skills, u. a. Technik im Umgang mit dem Puck, Kraft und Ausdauer, taktisches Verständnis und Körperbeherrschung bzw. Motorik und Athletik. Man kann sich vorstellen, wie viel Zeit ein Eishockeyspieler im Kraftraum verbringen muss.
Wer selber schon mal hobbymäßig auf einer Eisfläche stand, wird festgestellt haben, dass schnelles Schlittschuhfahren super anstrengend ist. Aus diesem Grund sind Profis im Regelfall nur maximal 45 Sekunden aktiv auf dem Eis, ehe sie auf die Auswechselbank fahren. Dann wird kurz durchgeatmet und es geht weiter. Aber wie wird überhaupt gewechselt? Spielerwechsel, Regeln, Mannschaftsstärke in der NHL und in Europa am Beispiel der PENNY DEL und welche Positionen es gibt, erfahren Sie im Folgenden.
Die Eishockey-Regeln in der NHL
Ligasysystem
Insgesamt besteht die NHL aus 32 Teams. Diese teilen sich wieder zu je 16 Mannschaften in der Eastern und Western Conference auf. Beide Conferences sind nochmal in vier Divisions unterteilt. Insgesamt nehmen sieben Teams aus Kanada und 25 aus den USA am Spielbetrieb teil. Jede Mannschaft absolviert zunächst 82 Spiele in der Hauptrunde, in der sog. Regular Season. Danach starten die Playoffs mit den acht besten Teams aus jeder Conference, die um den begehrten Stanley Cup am Ende einer Saison kämpfen. Dieser Pokal gilt als die am schwersten zu gewinnende Trophäe im Sport überhaupt, da die Leistungsdichte in den Playoffs enorm hoch ist!
Wie auch in der NBA (US-amerikanische Basketball-Liga), wird im „Best-of-Seven“-Modus gespielt. Heißt: Um die nächste Runde zu erreichen, sind vier Siege notwendig. Einen Absteiger gibt’s in der NHL nicht. Rekord-Titelträger sind die Montreal Canadiens mit 24 Stanley-Cup-Triumphen.
Mannschaftsstärke
Zu Spielbeginn müssen ein Torwart und fünf Feldspieler pro Team auf dem Eis stehen. Zwei Verteidiger und drei Stürmer bilden eine Reihe, meistens wird mit vier Reihen gespielt. Die Spieler selbst können während eines Spiels beliebig oft durchwechseln, auch wenn eine Partie nicht unterbrochen ist. Im Normalfall wird die komplette Reihe fortlaufend getauscht. So besteht ein NHL-Team für gewöhnlich aus 23 Spielern.
Die Spielfläche
Die Eisfläche in der NHL ist kleiner als in Europa bzw. in Deutschland. NHL-Eis ist rund 61 Meter lang und 26 Meter breit.2 Außerdem gibt es verschiedene
Linien. Eine rote Linie kennzeichnet die Mittellinie, sie teilt das Spielfeld also in zwei Hälften. Zwei weitere rote Linien kennzeichnen die Torlinie auf beiden Seiten der Eisfläche. Zwei blaue Linien teilen die Fläche in (je nach Sicht) Angriffszone, neutrale Zone und Verteidigungszone. Umrundet ist das gesamte Spielfeld von Plexiglasbanden.
Fouls
Damit das Geschehen auf dem Eis durch die harte Spielweise nicht eskaliert, ist ein festes Regelwerk wichtig. So gibt es eine ganze Menge an Vergehen, die von den zwei Hauptschiedsrichtern geahndet werden (müssen). Dazu gehören Fouls mit dem Eishockeyschläger (etwa Haken, Beinstellen, Stockcheck, hoher Stock) oder Fouls mit dem Körper (z.B. Behinderung, Bandencheck, Check von hinten). Es gilt: Jeder Spieler ist für seinen Schläger selber verantwortlich.
In Nordamerika sind zudem Faustkämpfe zwischen Spielern, etwa als taktisches Mittel, an der Tagesordnung. Wie eingangs erwähnt: Eishockey ist extrem physisch, es kann oft sehr hitzig auf dem Eis werden.
Zeitstrafen
Jedes von den Schiedsrichtern gepfiffene Foul zieht eine Zeitstrafe nach sich. Heißt: Derjenige Spieler, der ein Foul begangen hat, muss für zwei Minuten auf die Strafbank. Die andere Mannschaft darf also mit einem Mann mehr auf dem Eis spielen, bis die Strafe abgelaufen ist. Erzielt die angreifende Mannschaft dabei ein Tor, erlischt die Strafe und der „Strafbanksünder“ darf wieder am Spiel teilnehmen. Bei besonders schweren Vergehen drohen auch Strafen von fünf Minuten oder sogar ein Spielausschluss.
Abseits und Icing
Reihenweise Spielunterbrechungen entstehen durch Abseits und Icing. Abseits liegt dann vor, wenn ein Spieler der angreifenden Mannschaft bereits mit beiden Schlittschuhen die eigene Angriffszone überquert hat, bevor der Puck in eben dieser Zone ist. Icing (unerlaubter Weitschuss) wird dann gepfiffen, wenn der Puck aus der eigenen Hälfe über die gegnerische Torlinie geht, ohne dass ihn ein Spieler des eigenen Teams zuvor berührt.3
Spielzeit
Die Spielzeit beträgt insgesamt 60 Minuten, die sich auf drei Drittel zu jeweils 20 Minuten aufteilen. Dazwischen sind 15 Minuten Pause. Zudem darf jede Mannschaft pro Spiel eine Auszeit von 30 Sekunden nehmen. Aufgrund der zahlreichen Unterbrechungen während einer Partie, während denen die Uhr angehalten wird, dauert ein Eishockeyspiel aber viel länger.
Steht es nach 60 Minuten Unentschieden, gibt es fünf Minuten Verlängerung. Dabei reduziert sich die Spieleranzahl auf drei Spieler pro Team. Fällt dort kein Tor, steht ein Penaltyschießen an.
In der Playoffs fällt das Penaltyschießen komplett weg. Steht es nach 60 Minuten Remis, wird mit fünf gegen fünf weitere 20 Minuten gespielt – bis ein Tor fällt („Sudden Death“).
Die Positionen in der PENNY DEL
Torhüter
Klare Sache: Der Torhüter steht im Tor (1,22 Meter hoch und 1,83 Meter breit) und muss mit Reaktionsschnelligkeit und Stellungsspiel die Pucks stoppen. Und da die schwarze Hartgummischeibe sehr schnell wird und verdammt weh tut, muss der Torwart vor Verletzungen entsprechend geschützt sein. Der Puck ist dabei überall auf der Welt 7,62 Zentimeter groß und 2,54 Zentimeter breit. Gewicht: Zwischen 156 und 170 Gramm.4
Zu der Ausrüstung des Torhüters gehören u. a. Maske, Fanghand, Stockhand, Beinschoner, Knieschutz, Brustpanzer und Tiefschutz. Das komplette Arsenal wiegt um die 20 Kilogramm, eigentlich unfassbar. Deshalb schwitzen die meisten Goalies auch extrem und müssen während eines Spiels viel trinken, um den Flüssigkeitsverlust von etwa fünf Kilogramm pro Spiel aufzufangen.
Verteidiger
Die zwei Verteidiger teilen sich auf der rechten und linken Seite der Eisfläche auf. Die Aufgaben bestehen in erster Linie darin, den Gegner vom Tor wegzuhalten und den Puck zu erobern. Viele Abwehrspieler sind außerdem wichtig für das Angriffsspiel ihrer Mannschaft. Sie bauen aus der eigenen Zone mit vielen Pässen das Spiel auf und schießen zudem häufig aus der Distanz aufs Tor.
Center bzw. Mittelstürmer
Der Center ist der Mittelstürmer einer jeden Reihe und zumeist der kreativste Spieler eines Teams. Mit seinem Spielverständnis und seiner Spielübersicht setzt er seine Reihenpartner entsprechend ein, außerdem hält er sich zentral vor dem gegnerischen Tor auf. Ganz wichtig außerdem: Er spielt die Bullys („Face-offs“).
Flügelstürmer
Die zwei Flügelstürmer, einer rechts und einer links, müssen vor allem schnell sein und besonders gut skaten können. Sie agieren zumeist außen an den jeweiligen Bandenseite und ziehen von dort zum Tor, um zum Torerfolg zu kommen.
Die Eishockey-Regeln in Europa am Beispiel der PENNY DEL
Ligasystem
In Europa wird ohne Conferences und Divisions gespielt. In Deutschland spielen 14 Teams in der PENNY DEL, der höchsten Spielklasse hierzulande. Für jedes Team stehen in der Hauptrunde 52 Duelle an, die besten acht Mannschaften qualifizieren sich für die Playoffs. Auch in diesen drei K.o.-Runden werden einschließlich Finale „Best-of-Seven“-Serien ausgetragen. Nach maximal sieben Spielen steht also der Sieger fest. Der Letztplatzierte nach der Hauptrunde ist der sportliche Absteiger in die 2. Liga.
Mannschaftsstärke
Auch in Europa stehen ein Torhüter, zwei Verteidiger und drei Stürmer gleichzeitig auf dem Eis. Die Kader bestehen im Normalfall also ebenfalls aus etwa 20 bis 23 Spielern.
Eisfläche
Der größte Unterschied im Vergleich zum nordamerikanischen Eishockey besteht in der Größe der Eisfläche. Denn der glatte Untergrund in Europa misst 60 mal 30 Meter. Vor allem die vier Meter breitere Eisfläche verändert das Spielgeschehen enorm. In Deutschland haben die Spieler viel mehr Zeit, um Entscheidungen auf dem Eis zu treffen. Außerdem gibt es weniger Zweikämpfe.
Die Schwenninger Wild Wings aus der PENNY DEL sind der einzige Proficlub bei uns, der ebenfalls auf nordamerikanischen Maßen spielt.
Fouls
Siehe NHL, in Bezug auf Foulspiele gibt es im Vergleich zwischen Europa und Nordamerika keine gravierenden Unterschiede.
Zeitstrafen
Auch die Zeitstrafen sind im weitesten Sinne identisch zur NHL. Es gibt kleine Strafen (zwei Minuten), größere Strafen (fünf Minuten) und große Strafen (Spielausschluss bzw. im Extremfall sogar eine Spielsperre).
Abseits und Icing
Abseits liegt auch in Deutschland dann vor, wenn ein Spieler der angreifenden Mannschaft die blaue Linie des Angriffsdrittels bereits vor dem Puck überschreitet. Faustregel: Erst muss der Puck ins Angriffsdrittel, danach der Spieler.
Auch die Icing-Regel fällt bis auf Feinheiten, die nur für Fachleute wichtig sind, im Grunde aus wie in der NHL. Heißt: Ein unerlaubter Weitschuss wird angezeigt, wenn der Puck aus der eigenen Zone über die gegnerische Torlinie gespielt wird, ohne dass ein Spieler den Puck berührt.
Spielzeit
Egal, wo auf der Welt: Gespielt wird drei Drittel zu 20 Minuten. Ein Time-Out ist erlaubt (30 Sekunden). Steht es nach 60 Spielminuten Remis, wird fünf Minuten Drei gegen Drei gespielt. Fällt dort kein Tor, steht ein Penaltyschießen an.
Nur in den Playoffs wird diese Regel auch bei uns angepasst. Das Penalty-Schießen fällt weg, stattdessen geht es mit 20 Minuten Overtime bei Fünf gegen Fünf weiter. Fällt ein Tor, ist das Spiel sofort vorbei.
Die Positionen in Europa
Kurz und knapp: Torhüter, zwei Verteidiger, ein Mittelstürmer, zwei Flügelstürmer. Die Positionen sind dieselben wie in der NHL.
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Die wichtigsten Eishockey-Begriffe
Bully bzw. „Face-off“
In diesen Situationen, die während einer Begegnung sehr häufig auftreten, wirft der Schiedsrichter den Puck nach einer Unterbrechung ein. Die beiden Mittelstürmer stehen sich dabei gegenüber und versuchen, den Puck für ihre Mannschaft zu gewinnen.
Shutout
Kassiert ein Torhüter kein Gegentor in 60 Minuten Netto-Spielzeit, spricht man von einem Shutout.
Schlagschuss
Holt ein Spieler mit dem Schläger weit aus und schießt ihn mit voller Kraft aufs Tor, ist das ein Schlagschuss. Manche Profis schaffen es, den Puck mit 170 Kilometern pro Stunde und mehr zu schießen.
Bodycheck
Beim Bodycheck treffen im besten und „saubersten“ Fall die Schultern von zwei Spielern aufeinander. So ergibt sich eine gute Möglichkeit, den Gegner vom Puck zu trennen.
Powerplay
Spielt ein Team aufgrund einer Strafzeit für den Gegner mit mindestens einem Mann mehr auf dem Eis, ergibt sich eine Powerplay-Situation. Auch doppelte Überzahlspiele (Fünf gegen Drei) sind möglich. In dieser Zeit gibt es besonders gute Gelegenheiten, ein Tor zu erzielen.
Rebound
Wird der Puck vom Torhüter abgewehrt, entstehen Rebounds. Der Puck ist dann meist in Nähe des Tores wieder frei, so entsteht Torgefahr.
Penalty
Dabei läuft ein Spieler von der Mittellinie alleine auf den gegnerischen Torhüter und versucht, einen Treffer zu erzielen. Anders als etwa beim Elfmeterschießen im Fußball, ist der Torwart hierbei oft im Vorteil. Durch gutes Stellungsspiel kann er das Tor noch kleiner machen und die Winkel verkürzen.