27. März 2020, 4:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Jeder Leistungs- oder Hobby-Sportler kennt es: Früher oder später kommt die Phase, in der ein Training nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Manche setzen das auch bewusst ein. Das Fachwort hierfür: Detraining. Prof. Dr. Stephan Geisler erklärt auf FITBOOK, was genau sich dahinter verbirgt und welche Vor- und Nachteile damit verbunden sind.
Als ich den Begriff Detraining vor einigen Jahren in der englischen Literatur zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich: „Jetzt haben die Amis sogar einen coolen Begriff fürs Faulenzen entwickelt.“ De facto steht Detraining nämlich für ein mehr oder minder beabsichtigtes Nicht-Trainieren. Natürlich kommt das bei jedem (Hobby-)Sportler mal vor, zum Beispiel durch Krankheit, Verletzung, Studioschließung etc. Hier ist mit Detraining aber ein gezielter Prozess gemeint, der entweder eine Trainingspause oder eine Trainingsreduzierung meint.
Wie wirkt sich Detraining auf Sportler aus?
Bei einer eigenen Studie, in der wir junge Footballspieler einem intensiven Krafttraining unterzogen, bauten wir zwischen zwei verschiedenen Trainingsphasen eine dreiwöchige Detrainings-Phase ein. Dies diente in erster Linie aus wissenschaftlicher Sicht einer Auswaschung der bis dato erreichten Effekte. Wir maßen zum Ende der ersten Trainingsphase und zum Anfang der zweiten Trainingsphase jeweils die Muskeldicke und die Maximalkraft. Beides hatte sich erstaunlicherweise nicht signifikant reduziert!
Dies könnte mehrere Ursachen haben. Zunächst muss man sagen, dass es vor allem zwei Dinge sind, die den Muskel entweder auf- oder abbauen:
- die mechanische Spannung, die auf einen Muskel wirkt, wenn er kontrahiert wird
- die metabolische Belastung (hier vor allem die Energiebereitstellung und einige damit verbundene Prozesse), die auf den Muskel wirkt
Wenn man also den Muskel gar nicht mehr bewegen würde, wie zum Beispiel bei Bettruhe, und ihm zu wenig Nährstoffe gibt, hier scheint Eiweiß der wichtigste Baustein zu sein, so wird er wahrscheinlich binnen Tagen schon an Struktur verlieren und abbauen. In unserer Studie lag die Detraining-Zeit aber über Weihnachten und wie wir alle wissen, ist das in der Regel eine Zeit, in der der Körper eher Masse aufbaut.
In unserem Fall haben sich die Footballspieler aber weiter bewegt (Treppensteigen, Basketball, etc.), und dies trug wahrscheinlich dazu bei, dass die Muskelmasse nicht reduziert wurde.
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Detraining kann zu mehr Leistungsfähigkeit führen
Weiterhin ist festzuhalten, dass sich die Spieler mit vier intensiven Einheiten pro Woche und zusätzlichem Footballtraining auf einem sehr hohen Level des Trainings bewegt haben. Und eine sehr verbreitete Theorie in der Trainingslehre besagt, dass gerade bei einem sehr hohen Trainingspensum der Körper nach einer gewissen Pause teilweise noch leistungsfähiger wird.
Dieses Phänomen konnten wir auch bei einer Studie zum Thema Riechsalz und Maximalkraft feststellen. Hier hatten unsere Probanden (zumindest diejenigen mit einem sehr hohen Trainingspensum) ebenfalls nach einer Trainingspause von mehreren Wochen teilweise erst in der dritten Woche des Detrainings ihr maximales Kraftlevel erreicht.
Eine weitere interessante Studie, die der japanische Wissenschaftler Riki Ogasawara und Kollegen im Jahre 2013 im Journal of Applied Physiology veröffentlicht haben, möchte ich auch noch kurz erwähnen: Darin hat man gezielt jeweils am Ende einer Trainingsperiode drei Wochen Pause eingebaut und dies mit einer kontinuierlich trainierenden Gruppe verglichen. Erstaunlicherweise kam man auf ein sehr ähnliches Ergebnis – und das mit sehr viel weniger Trainingsaufwand. Wer mehr über die Studie wissen möchte, kann sich dieses Video anschauen:
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Fazit: Ist Detraining sinnvoll?
Zusammenfassend würde ich festhalten, dass eine gezielte Trainingspause oder eine Trainingsreduktion in einem langfristigen Plan durchaus sinnvoll sein kann. Eine weitere Aussage, wird vor allem diejenigen freuen, die unfreiwillig eine längere Pause machen müssen. Wenn Sie sich weiterhin ausgewogen und eiweißreich ernähren und Ihren Körper mit mechanischen Reizen (und sei es nur ein statisches Anspannen der Muskulatur, neu-deutsch: Posing) konfrontieren, so werden sie auch nach einer zwei- bis dreiwöchigen Pause immer noch stark sein und aussehen!