17. Dezember 2020, 15:07 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Bewegung ist und bleibt auch in Zeiten des Coronavirus wichtig. Im Lockdown zieht es viele Deutsche zum Joggen nach draußen. Doch seit dem 16. Dezember gelten neue Bestimmungen, die in einigen Regionen auch Ausgangssperren beinhalten. Wo und wann darf man aktuell joggen gehen – und wie hoch ist dabei eigentlich die Ansteckungsgefahr?
Schon seit einiger Zeit sind wegen der Corona-Pandemie der Freizeit- und Amateursportbetrieb eingestellt, Fitnessstudios müssen geschlossen bleiben. Erlaubt blieb der Individualsport – und damit hatten Jogger*innen bisher Deutschlandweit grünes Licht. Doch seit Mittwoch, 16. Dezember, gilt ein bundesweiter Shutdown – der in vielen Bundesländern auch Ausgangssperren beinhaltet. Darf man in diesem strengen Lockdown noch joggen gehen? FITBOOK klärt auf.
Neue Corona-Maßnahmen seit dem 16. Dezember – darf ich noch joggen gehen?
Derzeit sind deutschlandweit Ausgangsbeschränkungen in Kraft. Das bedeutet, man darf das Haus nur verlassen, wenn man einen triftigen Grund hat, beispielsweise Gassi gehen mit dem Hund, ein Einkauf oder Arztbesuch. Auch das Joggen zählt dazu. Man darf trotz Lockdown joggen gehen.
Einige Bundesländer haben zudem nächtliche Ausgangssperren (siehe unten). In diesen Zeiten darf das Haus nur verlassen werden, wenn wirklich gravierende und nicht aufschiebbare Gründe vorliegen – beispielsweise ein medizinischer Notfall, der Weg zur Arbeit oder die Begleitung eines Sterbenden. Joggen oder andere sportliche Betätigungen an der frischen Luft zählen nicht dazu. Wer beispielsweise in Bayern zwischen 21 und 5 Uhr joggen oder spazieren geht, verstößt das gegen die Corona-Richtlinien; Bußgeld könnte die Folge sein.
Das Bundesministerium für Gesundheit gibt außerdem zu bedenken, dass man auch beim Laufen auf den Mindestabstand von 1,5 Metern achten muss. Wer alleine oder mit Mitgliedern des eigenen Haushalts joggen geht und genügend Platz zu anderen Menschen hält, hat ein niedriges Infektionsrisiko beim Sport. Dasselbe gilt auch für das Radfahren.
Wann und wo aktuell Ausgangssperren in Kraft sind
- Baden-Württemberg: von 20 Uhr bis 5 Uhr
- Bayern: von 21 Uhr bis 5 Uhr
- Berlin: keine konkrete Ausgangssperre
- Brandenburg: von 22 Uhr bis 5 Uhr
- Bremen: keine konkrete Ausgangssperre
- Hamburg: keine konkrete Ausgangssperre
- Hessen: in mehreren Hotspot-Städten und -Kreisen von 21 Uhr bis 5 Uhr
- Mecklenburg-Vorpommern: keine konkrete Ausgangssperre
- Niedersachsen: keine konkrete Ausgangssperre
- Nordrhein-Westfalen: in mehreren Hotspot-Städten und -Kreisen von 22 Uhr bis 6 Uhr
- Rheinland-Pfalz: in mehreren Hotspot-Städten und -Kreisen von 21 Uhr bis 5 Uhr
- Saarland: noch keine konkrete Ausgangssperre, aber in Planung
- Sachsen: von 22 Uhr bis 6 Uhr bei landesweit fünf Tagen andauernder Überschreitung des Inzidenzwertes von 200
- Sachsen-Anhalt: keine konkrete Ausgangssperre; nur im Landkreis Wittenberg von 21 Uhr bis 5 Uhr
- Schleswig-Holstein: keine konkrete Ausgangssperre; ggf. bald in Lübeck von 21 Uhr bis 5 Uhr
- Thüringen: von 22 Uhr bis 5 Uhr
Innerhalb der oben genannten Zeiten ist es verboten, das Haus ohne triftigen Grund zu verlassen. Aber auch tagsüber solltet ihr nur in Ausnahmefällen rausgehen. Grundsätzlich ist Joggen aber trotz Ausgangsperre theoretisch noch erlaubt. Ihr solltet besser aber nur alleine oder mit Mitgliedern eures Haushalts joggen gehen und immer mindestens 1,5 Meter Abstand zu anderen Menschen halten!
Da sich die Fallzahlen stetig verändern, kann es sein, dass sich auch an den Regelungen der Bundesländer oder einzelner Städte etwas ändert. Wer nachts joggen gehen möchte, dem sei daher ein kurzer Check auf der Webseite seiner Gemeinde empfohlen.
Sollte man wegen Corona aktuell besser auf Sport verzichten?
Bloß nicht. Tatsächlich ist Laufen und Co. im Freien absolut empfohlen – „und auf dem Land sowieso“, sagt uns Internist Dr. med. Matthias Riedl. „Gerade jetzt ist Sport wichtig zur Stabilisierung des Immunsystems, zur Stärkung der Abwehrkräfte und zum Stressabbau.“
Dr. Paul Schmidt-Hellinger sieht es genauso. Der Langstreckenläufer, der in der sportmedizinischen Abteilung der Berliner Charité tätig ist, nennt uns einen weiteren wichtigen Grund, warum insbesondere sehr aktive Menschen gerade einen großen Fehler machen würden, wenn sie das Training ad hoc sein ließen. „Wenn jemand sehr viel Sport treibt, ist er ähnlich fit wie ein Bundeskader-Athlet“, erklärt er uns. „Hört er plötzlich damit auf, droht ein Belastungsentzugssyndrom.“
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Draußen sein ist viel besser als drin
Schmidt-Hellinger erinnert uns daran, was Prof. Christian Drosten, Chefvirologe der Charité, zu dem Thema gesagt hat: „Draußen zu sein und sich zu bewegen ist das Beste, was man im Moment machen kann!“ Und zwar nicht nur, weil man dadurch (seiner eigenen Gesundheit zuliebe) den öffentlichen Nahverkehr meidet und gleichzeitig (auch anderen Menschen zuliebe) entlastet. Joggen in Zeiten von Corona ist also durchaus zu empfehlen.
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Tröpfcheninfektion: drinnen wahrscheinlicher als draußen
Schmidt-Hellinger schildert uns den klassischen Weg einer Infektion: Man bekommt Tröpfchen ab, beispielsweise ins Gesicht. Früher oder später berührt man das Gesicht, fasst sich mit den Fingern an den Mund, leckt sich irgendwann die Lippen – und schon kann es passiert sein.
Im Freien fallen etwaige Tröpfchen, die zu einer Infektion führen könnten, schnell zu Boden würden dadurch inaktiv. Anders in geschlossenen Räumen, genauer gesagt an Oberflächen, auf denen Erreger lange überleben kann und infektiös bleibt. Auf Plastik etwa (wie z.B. auf einigen Geräten im Fitnessstudio) liege die Halbwertszeit von Coronaviren bei rund neun Stunden. Dass Fitnessstudios schließen, ist seiner Ansicht nach also vernünftig. Beim Joggen draußen ist eine Ansteckung mit Corona weniger wahrscheinlich als in einem geschlossenen Raum.
Kann man sich beim Joggen mit Corona anstecken?
Natürlich kann man sich aber theoretisch auch im Freien anstecken. Etwa wenn eine an Corona erkrankte Person sich noch in der Inkubationszeit befindet – also noch keine Symptome bemerkt hat, aber bereits ansteckend sein kann – und an einem vorbeiläuft oder -joggt. Wie Sportmediziner Schmidt-Hellinger betont, muss man gerade beim Sport, wenn man anfängt zu schwitzen und die Atmung schwerer wird, eher husten.
Facharzt Riedl würde daher gar nicht erst empfehlen, am Wochenende z.B. an der überfüllten Alster durch die Menschenmassen zu joggen. „Hustet einer, dann läuft man durch die Virenwolke“, sagt er.
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Worauf Sie beim Joggen trotz Ausgangssperre achten sollten
Besser ist es folglich im Wald oder irgendwo auf dem Land. Wer nicht die Möglichkeit hat, jenseits des urbanen Umfelds Sport zu treiben, sollte laut Schmidt-Hellinger zumindest einen Ort aufsuchen, an dem ein Abstand von etwa 15 Metern zu anderen Joggern einzuhalten ist. Sollte jemand vor Ihnen husten oder niesen, sind die Tröpfchen schon auf dem Boden gelandet, wenn Sie an der entsprechenden Stelle angekommen sind. So schützen Sie sich und andere beim Joggen in Zeiten von Corona.
In Gruppen laufen oder trainieren zu gehen, sich dabei zu unterhalten und ggf. gegenseitig anzuhusten, hält er logischerweise für ungünstig.