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Von Profisportlern lernen

Hitzetraining kann die Leistung verbessern

Frau beim Hitzetraining
Hitzetraining ist unter Profisportlern ein bewährtes Mittel zur Leistungssteigerung. Ein Experte erklärt bei FITBOOK, wie auch Hobbysportler davon profitieren können – ohne sich zu gefährden. Foto: Getty Images
Laura Pomer

20. August 2020, 21:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Der Name verrät es: Hitzetraining ist Training bei Hitze. Es steckt aber noch mehr dahinter. Vor allem im Profi- und Hochleistungsbereich nutzen einige Sportler hohe Temperaturen, um dadurch ihre Performance zu verbessern. FITBOOK hat mit einem Experten darüber gesprochen, wie Hitzetraining richtig funktioniert – und worauf man unbedingt achten muss, damit das Ganze nicht gefährlich wird.

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Dr. Paul Schmidt-Hellinger ist Langstreckenläufer und Sportmediziner an der Charité in Berlin. Mit dem Thema Sport bei Hitze, aber auch konkret mit gezieltem Hitzetraining, kennt er sich bestens aus – sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Während es für uns in erster Linie anstrengend klingt, soll Hitzetraining aber offenbar „massive Leistungsvorteile“ bringen können. „Wenn man kontrolliert vorgeht“, betont der Fachmann.

Hitzetraining ist nicht ungefährlich

Vorab wichtig zu betonen: Sport bei sehr hohen Temperaturen stellt eine enorme Belastung für den Körper dar. Das liegt laut Schmidt-Hellinger nicht zuletzt an der Hitzeentwicklung innerhalb der Muskulatur.

„Der Wirkungsgrad der menschlichen Muskulatur liegt bei 20 bis 25 Prozent“, so der Sportmediziner, „was bedeutet, dass 75 bis 80 Prozent unserer Energie in Wärme umgesetzt wird“. Gleichzeitig werde ein gewisser Teil an Energie dafür benötigt, den Körper zu kühlen – durch Schwitzen.

Interessant: Die optimalen Temperaturen für einen Marathon-Weltrekord liegen laut dem Experten bei kalten vier bis sechs Grad Celsius.

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Hitze ist im Verhältnis zu sehen

Dabei seien „hohe Temperaturen“ im Verhältnis zu sehen, so der Mediziner. Im Frühjahr können bereits ca. 20 Grad bei Sonnenschein für den Körper, der eben noch Winterwetter gewohnt war, schon relativ viel sein. Deshalb gebe es beim Frühjahreshalbmarathon immer wieder Hitzeerschöpfungspatienten.

Hitzebedingte Erkrankungen können tödlich enden

Eine Hitzeerschöpfung zeigt sich mit Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit sowie allgemeinen Erschöpfungssymptomen. Geht sie mit einem Hitzekollaps einher, häufig auch mit vorübergehender Bewusstlosigkeit.

Die nächst schwerere Erkrankung nach einer Hitzeerschöpfung (und laut Schmidt-Hellinger häufig die Folge davon) ist der Hitzschlag. Erhöht sich die Körperkerntemperatur auf mehr als 40 Grad, könne sich u.a. die Barriere im Darm auflösen – mit dramatischen Folgen. Gehen Darmbakterien ins Blut über, droht eine Blutvergiftung. Diese kann tödlich enden.

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Wenn sich ein Hitzschlag abzeichnet, müssen man umgehend reagieren – und die Körperkerntemperatur des Betroffenen herunterkühlen. Die international empfohlene Methode in dem Fall: ein Bad in der Eistonne.

Um hitzebedingte Erkrankungen zu verhindern, sei eine schrittweise Akklimatisierung unumgänglich. Der Profi berichtet von Leistungsathleten – also sehr gut trainierten Sportlern –, die zur Vorbereitung auf Wettkämpfe zwei bis drei Wochen früher anreisen, um sich an die Temperaturen am Austragungsort zu gewöhnen.

Gewöhnung an Training bei Hitze

Aber wie genau kann man den Körper behutsam an Anstrengung bei Hitze heranführen? Laut Schmidt-Hellinger sollten es gerade am Anfang kürzere Trainingseinheiten sein, bei niedriger bis moderater Intensität. Die Intensität richte sich dabei nicht nach dem Tempo, so der Experte, sondern nach dem persönlichen Gefühl und der Herzfrequenz. Letztere sollte dem Wert entsprechen, den man beim Training bei Normaltemperaturen erreicht.

Wer an sehr heißen Tagen laufen gehen will, sollte die Einheit unbedingt kürzer halten als sonst. Der Experte warnt insbesondere vor schwülen Wetter: „Bei Schwüle ist die körperliche Kühlfunktion eingeschränkt, die normalerweise durch Verdunsten von Schweiß auf der Haut erfolgt.“

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Intensität langsam steigern

Von Einheit zu Einheit gelte es, die Trainingsdauer und -intensität geringfügig zu steigern. Das trage dann auch recht schnell Früchte. Nach etwa einer Woche schaffe eine generell gut trainierte Person, die normalerweise relativ mühelos eine Stunde laufen kann, auch bei sehr hohen Temperaturen zwischen 45 und 60 Minuten.

Wichtige Sicherheitsmaßnahmen

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Messbare Veränderungen durch Hitzetraining

FITBOOK ist über einen Beitrag der amerikanischen Gesundheitszeitschrift „Health“ auf das Thema gestoßen. Wie es darin heißt, kann Hitzetraining die Leistung bei aeroben Sportarten (z.B. Laufen, Radfahren, Rudern) verbessern. Das hätten verschiedene Studien bestätigt. Grund dafür sei, dass die Wärmeakklimatisierung eine Reihe physiologischer Anpassungen in Gang setze, welche eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit bewirken.

Verbesserte Blutfließeigenschaften und Schwitzfunktion

Schmidt-Hellinger bestätigt die im „Health“-Artikel angeführte Erhöhung des Gesamthämoglobins (Hämoglobin = Blutfarbstoff in den roten Blutkörperchen). Wenngleich sie auch nur im eher „geringen Maße“ stattfinde.

Viel wesentlicher für die Leistungsverbesserung ist aus seiner Sicht die Erhöhung des Blutplasmavolumens, also des flüssigen Teils unseres Bluts. Im Zuge eines erniedrigten sogenannten „Hämatokrits“ sei der Anteil an festen Stoffen im Blut erniedrigt und der Plasmaanteil (relativ betrachtet!) entsprechend höher. Das verbessere die Fließeigenschaften des Blutes.

Noch ein positiver Effekt: Dadurch, dass sich das Gesamtblutvolumen vermehrt („nach etwa sechs Wochen kann man durch Hitzetrainig von bspw. fünf auf sechs Liter Blut kommen“), stehe dem Körper auch mehr „Kühlflüssigkeit“ zur Verfügung. Die Schweißdrüsen ziehen sich nämlich aus dem Plasma heraus das benötigte Wasser, erklärt der Experte.

Auswirkung auf die Herzfrequenz

Wer das Hitzetraining also – unter Einhaltung der genannten Sicherheitsmaßnahmen, versteht sich – kontinuierlich durchführt und unter gleichbleibenden Bedingungen nach und nach steigert, senkt dadurch ganz gemächlich seine Herzfrequenz. Gleichzeitig verringere sich die Körperkerntemperatur.

Zu spüren sei das bei hitzetrainierten Athleten an einer „deutlichen Verminderung der Belastungswahrnehmung“. Und die sei sogar messbar. Früher gab es dafür Rektalsonden, inzwischen arbeite man mit speziellen Kapseln zum Herunterschlucken, die Funksignale senden.

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Was bringt Hitzetraining für Hobbysportler?

Die genannten Leistungssteigerungen sind wohl in erster Linie für Profisportler interessant. Aber auch Amateure können von Hitzetraining profitieren. Alleine schon, weil sie beim Training bei hohen Temperaturen deutlich weniger verletzungsanfällig sind. Anders als im Winter müsse man sich bei hohen Sommertemperaturen weniger aufwärmen.

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Zudem erreicht man beim Hitzetraining eine höhere Intensität als bei Normaltemperaturen. Das dürfte vor allem Läufer (bzw. deren Gelenke und gesamten Bewegungsapparat) freuen, da sich bei kürzeren Läufen bei Hitze der gleiche Trainingseffekt erzielen lasse. „Folglich verringert sich die orthopädische Belastung, die ja meistens beim Laufen oder Rennen das Limitierende ist“, so der erfahrene Langstreckenläufer Schmidt-Hellinger. Die Leistungssteigerung bleibe auch dann erhalten, wenn man wieder bei Normaltemperaturen trainiert/im Wettkampf antritt.

Weniger orthopädische Belastung bei vergleichbarem internistischen Effekt – diese Gleichung mache man sich auch bei der Rehabilitationstherapie von verletzten Sportlern zunutze. Beispielsweise durch gezielte Übungen in der Klimakammer.

Themen Ausdauertraining
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