1. Januar 2022, 17:47 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Toni Nadal formte seinen Neffen Rafael zu einem der weltbesten Tennisspieler. Hier verrät er seine sieben goldenen Regeln für bessere Ergebnisse. Ebenso, was man nicht trainieren sollte.
Als Rafael Nadal mit vier Jahren seine ersten Schläge übers Tennisnetz donnerte, war dieser Mann stets an seiner Seite: Onkel Toni Nadal formte den Spanier in zahllosen Trainingseinheiten zum Weltstar. „Ich war immer überzeugt, dass aus Rafael ein sehr guter Spieler werden würde – sogar, als er noch sehr jung war“, sagt er. „Aber 20 Grand-Slam-Titel sind für mich unglaublich.“ Heute hilft Toni Nadal anderen, besser im Tennis zu werden. Zusammen mit seinem Neffen eröffnete er 2016 die Rafa Nadal Academy in Manacor auf Mallorca. Auf 45 Tennisplätzen können Jugendliche Jahreskurse mit paralleler Schulausbildung belegen oder auch Erwachsene Kurztrainingslager absolvieren. Der Tennis-Star möchte so weitergeben, wie er selbst zu einem Topspieler wurde: Arbeit an der Technik, den Charakter stärken und die richtigen Werte vermitteln. Hier gibt Academy-Direktor Toni Nadal Tipps für aufstrebende Tennis-Talente und Hobbyspieler und erklärt, was jeder aus der Nadal-Philosophie lernen kann.
Übersicht
Trainieren Sie Ihr Bewegungsspiel!
Viele denken, dass der Schlag beim Tennis entscheidet. Doch Toni Nadal betont: „Als Erstes musst du dich gut bewegen können. Der Erfolg beim Tennis fängt mit der Beinarbeit an, ist nicht nur eine Sache des Armes. Wenn du als Spieler beweglich bist, wird alles andere einfacher. Daher legen wir darauf viel Wert in unserer Akademie.“
Denn nur wer richtig zum Ball steht, kann diesen auch platziert übers Netz befördern. Bei der Ausbildung betont Nadal auch das taktische Verständnis, was dabei hilft, die Schläge des Gegners zu antizipieren. In den vergangenen 15 Jahren ist die Fitness immer wichtiger geworden.
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Spielen Sie die Vorhand einhändig!
Als Kind spielte Rafael Nadal noch Vorhand und Rückhand jeweils beidhändig. „Wenn Kinder sehr früh mit dem Tennis beginnen, haben sie noch nicht so viel Kraft, um die Schläge mit einer Hand zu machen“, erklärt Toni Nadal. „Also spielen sie alles beidhändig. Das machen wir zu Beginn auch bei uns in der Akademie.“ Doch dies sollte man sich abgewöhnen, wenn man älter und kräftiger wird – zumindest auf der Vorhandseite.
„Insgesamt spielen heute im Tennis fast alle die Rückhand beidhändig“, sagt der Trainer. „Doch die Vorhand ist meiner Meinung nach besser mit einer Hand. Sonst verlierst du Reichweite. Du musst mehr laufen, um dich jedes Mal richtig hinzustellen.“ Bei seinem Neffen stellte er das um, als dieser zwölf Jahre alt war. Die einhändige Vorhand wurde zum Paradeschlag des 19-maligen Grand-Slam-Turnier-Siegers.
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Bleiben Sie entspannt im Arm!
Rohe Kraft waltet im Tennis oft sinnlos. „Nadal, Djokovic, Federer – alle sind sehr effektiv bei ihren Schlägen“, sagt der Akademiedirektor. „Was wichtig ist: Du musst locker und entspannt in deinem Arm bleiben.
Wenn du zu steif bist, wird es sehr schwierig, wenn der Ball sehr schnell bei dir ankommt. Wenn du locker bist, kannst du die Schlagbewegung perfekt machen. Im Tennis läufst du normalerweise zum Ball, doch jedes Mal ist die Schlagbewegung etwas anders, weil du unterschiedlich zum Ball stehst. Wenn der Ball aufspringt, musst du dessen Tempo bei deinem Schlag mitnehmen – nicht ihn mit deinem Schläger abbremsen.“
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Setzen Sie sich beim Training unter Druck!
Rafael Nadal zählt zu den nervenstärksten Spielern der ATP-Tour. Sein Onkel verrät, dass dies allerdings nicht das Resultat von Mentaltraining sei. „Ich werde immer wieder gefragt, was Rafael gemacht hat, um mental so stark geworden zu sein. Er ist so stark, weil er jeden Tag so gearbeitet hat, als wäre es ein Finale. Auch schon, als er noch sehr jung war. Sonst ist es unmöglich, die Leistung abzurufen, wenn du vor einem großen Match stehst. Das ist sein Mentaltraining: Mache jeden Tag das Beste, was du kannst.“
Daher bietet Nadal an seiner Akademie auch keine Arbeit mit einem speziellen Mentalbetreuer an. „Meiner Meinung nach muss der Trainer auch der Mentalcoach sein“, sagt Toni Nadal. „Sonst ist er einfach kein guter Trainer. Da gehört dazu, dass er den Spieler motiviert und das richtige Arbeitsklima schafft. Es gibt ein Zitat von Goethe: ,Es bildet ein Talent sich in der Stille, sich ein Charakter in dem Strom der Welt.‘ Das stimmt genau. Um einen starken Charakter zu haben, musst du stets hart arbeiten. Theoretisch geht da nichts. Durch Meditation wird man da nicht besser.“
Im Training sollte man sich daher ständig unter Druck setzen. „Sport ist nicht nur eine Sache der Muskeln, sondern auch der Emotionen“, sagt Nadal. „Du kannst eine Bewegung immer richtig machen, aber dann steht es plötzlich 40:40 oder 15:40 oder du hast einen Matchball gegen dich. Du bist nervös. Da musst du in der Lage sein, auch eine andere Sache machen zu können. Du musst mehr laufen können. Die beste Schlagtechnik bringt dir nichts, wenn dein Charakter nicht stark ist.“ An der Akademie gibt es daher täglich Einheiten, in denen psychologische Fähigkeiten vermittelt werden.
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Achten Sie auf Abwechslung!
Nur durch Tennistraining allein wird man nicht zwangsläufig besser. Abwechslung ist Trumpf. „Bei uns in der Akademie gibt es daher neben Tennis auch noch Padel-Tennis, Squash, Racquetball, Schwimmen, Basketball und Fußball im Angebot. Das ist wichtig, um den Jugendlichen einen Sportsgeist zu vermitteln. Für Tennisspieler ist es sehr gut, andere Sportarten zu machen. So lernen sie noch viel besser die Koordination ihres Körpers. Denn am Ende brauchst du bei jeder Sportart eine Sache: die Augen. Dort fängt die Koordination an. Du siehst den Ball, musst zum Ball gehen, dich richtig zum Ball hinstellen.“
An der Akademie ist der Leitspruch, dass das moderne Tennis zunächst mit den Augen gespielt wird, dann im Kopf und mit den Beinen und schließlich mit den Händen.
Setzen Sie auf Wiederholungen!
Ständig das Gleiche zu tun, kann ermüdend sein. Doch beim Tennis sei dies laut Nadal unerlässlich und wird auch an der Akademie betont: harte Arbeit, Disziplin, Ehrlichkeit und Einsatz. Er erklärt dies so: „Im Golf ist jeder Schlag sehr wichtig. Im Tennis ist es etwas anders: Der perfekte Schlag sorgt nur dafür, dass du 15:0 führst. Ein Doppelfehler heißt, dass es 0:15 steht. Im Fußball kannst du mit zwei herausragenden Aktionen ein ganzes Spiel entscheiden. Im Tennis bringt es dir wenig, wenn du etwas Unglaubliches machst, aber sonst zu viele Fehler begehst. Um konstant Punkte zu machen, musst du viel arbeiten. Immer wieder Wiederholungen.“
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Analysieren Sie sich!
Videostudium und Eigenanalyse sind zentrale Bestandteile, um besser zu werden. Daher sollten sich Spieler möglichst oft selbst filmen, um die Bewegungen bewusster durchführen zu können. Bei der Akademie gibt es dafür den „RNA 360 ©“, in den alle Daten eingetragen werden, die über einen Spieler gesammelt werden. Zur Analyse nutzt die Akademie die Videoplattform PlaySight und hat auf allen Plätzen Kameras installiert.
Die Rafa Nadal Academy bietet verschiedene Kurse für jugendliche Tennis-Spieler an: jährliche Kurse für Junioren von September bis Juni (eine Kombination aus Sport und Schule), Wochenkurse mit 22 Stunden Tennis und sechs Stunden Fitness, ein Sommercamp für Acht- bis 18-Jährige. Für Erwachsene gibt es unter anderem das Premium-Tennis-Programm über sechs Tage.
Damit auf verschiedenen Belägen trainiert werden kann, gibt es 23 Hartplätze und 22 Sandplätze – drinnen und draußen. Für die Studenten und Gäste sind spezielle Wohnanlagen auf dem Gelände. Im Rafa Nadal Sports Centre gibt es ein Fitnessstudio und Swimmingpools. Zum Trainerteam gehören neben Toni Nadal auch Marc Górriz, Joan Bosch und Gabriel Urpí. Der frühere Weltklassespieler Carlos Moya ist technischer Direktor. Da die Verletzungsprävention eine große Rolle an der Akademie spielt, wird mit den Medizinexperten von Quirónsalud zusammengearbeitet. Eine Ernährungsberatung optimiert die Mahlzeiten der Studenten. Dabei wird der Zustand der Spieler analysiert und dadurch Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme individuell eingestellt. Den Plan entwarf Nadals Ernährungsberaterin Gemma Bes.
Dieser Beitrag von Steven Jörgensen erschien zuerst in WELT.