25. Mai 2021, 11:35 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Je größer und dicker die Muskulatur, desto stärker der Mensch, der sie besitzt? Diese Frage haben wir einem Experten gestellt – und seine Antwort ist ein klares – „jein“. FITBOOK erklärt, was der Muskelumfang tatsächlich über die Kraft aussagt.
„Je größer der physiologische Querschnitt des Skelettmuskels, desto mehr Kraft ist theoretisch erzeugbar.“ Diese Aussage entspricht dem klassischen Lehrbuchwissen, wie uns (Fitness-)Professor Dr. Stephan Geisler berichtet (mehr zur Person unten im Text). In der Praxis kann es dann aber doch etwas anders aussehen, Volumen ist in puncto Kraft nämlich offenbar nicht alles. „Vor allem die neuronale Ansteuerung des Muskels ist ein entscheidender Faktor“, sagt er uns. Was genau ist damit gemeint?
Übersicht
Muskeln und Kraft – Faktor intermuskuläre Koordination
Inter- und intramuskuläre Koordination. Diese Begriffe fallen laut Prof. Geisler im Zusammenhang mit der tatsächlichen Kraft häufig. „Unter intermuskulär versteht man das Zusammenspiel verschiedener Muskeln, die an einer Bewegung beteiligt sind.“ Ein Beispiel: Beim Bankdrücken ist nicht nur der Pectoralis (Brustmuskel) an der Bewegung beteiligt, sondern auch der Trizeps und die Schultermuskulatur. „Je besser die einzelnen Muskeln zusammenarbeiten, desto besser ist die intermuskuläre Koordination – und desto stärker ist man“, weiß der Experte.
Faktor intramuskuläre Koordination
Mit der intramuskulären Koordination ist das gemeint, was innerhalb eines bestimmten Muskels passiert. Hierzu noch eine Hintergrundinfo. „Es ist so, dass man nie wirklich alle Muskelfasern eines Muskels anspricht“, erklärt uns der Experte – das nennt sich ‚autonom geschützte Reserve‘.“ Bei Anfänger*innen würden beim ersten Mal an der Brustpresse etwa 60, 65 Prozent ihrer Muskelfasern zum Einsatz kommen. Wer hingegen regelmäßig trainiere, setze bei einer Kontraktion bis zu 80 Prozent seiner Muskelfasern ein.
Faktor Relativkraft
Zusammengefasst: Die Inter- und intramuskuläre Koordination beeinflusst also, wie viel und wie effektiv jemand Kraft aufwenden kann; die sogenannte Relativkraft. Was das bedeutet, kann man an einigen (gut trainierten) Menschen erkennen, die optisch fast schon „schmächtig“ daherkommen, aber beeindruckende Gewichte stemmen können; „ganz besonders bei Kraftsportarten wie dem Gewichtheben“, erklärt der Fiitnessprof FITBOOK.
Vergrößerung des Muskels – sarkoplasmatische Hypertrophie
Und bevor er die Frage endgültig beantwortet, führt er noch einen Sonderfall an, dem man womöglich in der Anabolika-Szene vermehrt begegnen dürfte: bekannt als sarkoplasmatische Hypertrophie. „Soll heißen: Es gibt auch Muskeln, die tatsächlich bisschen aufgepumpt, sprich, voll mit Flüssigkeit, sind.“ In diesem Fall wäre die Relativkraft im Zweifelsfall eher gering.
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Bedeuten dicke Muskeln mehr Kraft?
„Ein dicker Muskel ist in der Regel schon stark, aber vielleicht nicht sooo stark wie er aussieht.“ So würde Professor Geisler es formulieren. Wir einigen uns deshalb auf Folgendes: Beim Thema Muskeln kommt es nicht (nur) auf die Größe, sondern vielmehr auf die Technik an. Besonders gut also, wenn beides passt.