29. Februar 2024, 4:07 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Ballett klingt nach etwas, was man seit Kindertagen leistet. Jedoch gibt es auch einige Anfängerkurse für Erwachsene – die schon immer neugierig auf diese Tanzart waren. So wie FITBOOK-Autorin Desireé Oostland, die sich nach 30 Jahren an die Ballettstange getraut hat – und es nicht bereut.
Woran denken Sie, wenn Sie an Ballett denken? An rosafarbene Kinderschuhe? An junge Mädchen, die ihre Eltern im Publikum stolz machen, wenn sie leichtfüßig ihre erprobte Kunst des Tanzens vorführen, mit einem Dutt auf dem Kopf und einem breiten soften Grinsen auf dem Gesicht? Das alles verbinde ich ebenfalls mit dem Wort Ballett. Was ich bislang weniger damit in Verbindung brachte: Anfängerkurse für Erwachsene – bis jetzt.
Meine Mama war eine Balletttänzerin. Sie zeigte mir immer wieder, wie hinreißend gerade sie auf der wirklich vordersten Spitze ihrer Zehnspitzen für geraume Zeit ausharren konnte – mit gestrecktem Rücken und gehobenem Kinn. Als Kind schmiss sie sich in ein Tutu und verliebte sich in die Tanzrichtung. Als junges Mädchen dachte ich noch, dass ich das auch könnte. Dann begann die Pubertät und mit ihr die Selbstzweifel und ich stellte entschieden fest, weder schlank noch grazil genug für Ballett zu sein. Ich identifizierte mich eher als tollpatschig und kurvig und schloss analog zu diesen Gedanken auch mit einer womöglichen Ballett-Laufbahn ab. Jetzt, ungefähr 20 Jahr später, habe ich mich aber wieder herangetraut.
Es begann alles mit: Barre
Es fing alles mit einer Stunde Barre an. Im Rahmen meiner Pilates- und Yoga-Kurse bin ich vor einigen Monaten auf einen Barre-Kurs gestoßen. Barre verbindet eine ausbalancierte Mischung aus Yoga, Pilates und Ballett. Keine Tanzerfahrung notwendig stand in Großbuchstaben in der Kursbeschreibung. Das überzeugte mich, ich buchte einen Kurs, den ich auch schon am nächsten Tag mit Stoppersocken im Gepäck besuchen sollte.
Ich betrat einen gedimmten Raum, der ringsum mit einer durchlaufenden Ballettstange und Spiegeln bestückt war. Auf dem Boden lagen Matten, ein Softball (auch Balanceball oder Pilates-Ball genannt) und kleine Gewichte. Die Trainerin, selbst Tänzerin, erklärte uns, wie Barre funktioniere, und dass wir alles richtig machen, wenn wir zwischendrin zittern. Dann arbeitet eben die Tiefenmuskulatur. Und da wollen wir mit diesem Training nun mal heran.
Es folgten verschiedene Pilates-Übungen für Bauch, Beine und Rumpf und wir ergänzten diese zwischendurch mit Ballettübungen an der Stange, die besonders viel Kraft und Dehnung abverlangten, aber ebenso viel Freude machten. Als ich den Raum mit zitternden Beinen und gutem Willen verließ, gab ich in meine Google-Suchleiste folgende Worte ein: Ballett für Erwachsene, Anfänger.
Meine erste Stunde Ballett für Erwachsene
Denn ich kam auf den Ballett-Geschmack. Mich begeisterten die sanften und gleichzeitig sehr anspruchsvollen Bewegungen, die noblen Handbewegungen, die stolzen Haltungen. Also informierte ich mich, mit meiner mittlerweile eher nonchalanten Einstellung zu neuen Sportarten, nach umliegenden Ballettschulen für Erwachsene mit Anfängerkursen.
Tatsächlich fand ich eine Schule, die auch Kurse für die Zielgruppe „Erwachsene Anfänger 0“, anbot. Dabei stand deutlich in der Beschreibung, dass man zur Teilnahme keinerlei Berührungspunkte mit der Tanzrichtung bräuchte. Ich buchte eine Stunde, bestellte mit Ballettschuhe im Internet und spazierte nur fünf Tage später in die hübsche Tanzschule.
Dort angekommen flitzte erst einmal ein Schwall kleiner Mädchen und Jungs an mir vorbei, die einen fortgeschrittenen Kurs in der Stunde zuvor besuchten. Allmählich trafen gleichaltrige Frauen ein. Zuerst begannen wir mit Aufwärmübungen auf einer Matte und ebenso an der Stange. Dann hieß es: „Jetzt wird getanzt.“ Alle Frauen schienen plötzlich nervös einen Platz zu suchen. Wir stellten uns entlang der Stangen auf und schauten der Trainerin gebannt bei ihren anmutigen Bewegungen zu. Sie zeigte uns dabei die Grundschritte, die wir langsam nachahmen sollten. Zu meiner Beruhigung waren anfangs alle etwas unkoordiniert, aber nach einigen Wiederholungen saßen die Schritte und es machte einfach nur Spaß. Besonders viel Freude verspürt man als Anfänger, wenn man die jeweiligen Bezeichnungen der Schritte versteht:
Diese Ballet-Schritte lerne ich
Plié bedeutet „beugen“ und ist eine der essenziellen Bewegungen im Ballett. Es beinhaltet das Beugen und Strecken der Knie. Dieser Schritt sorgt dafür, dass der Körper aufgewärmt und die Flexibilität verbessert wird.
Relevé beinhaltet das Anheben auf die Fußballen aus einer halben Plié-Position, eine ebenfalls grundlegende Bewegung, um die Wadenmuskulatur zu stärken und um das Gleichgewicht zu trainieren.
Tendu bedeutet „strecken“ und beschreibt die Ausdehnung des Beins entlang des Bodens. Dabei, sagt die Trainerin, solle man sich vorstellen, dass unter dem Ballen des Fußes ein Stück Papier hält und dabei das Bein ausstrecken. Die Ausdehnung erfolgt mit geradem Bein und hoher Ferse – die Zehen gespitzt.
Das ist nur ein Teil der Schritte, die für uns Anfänger wichtig sind.
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Ballett für Erwachsene: Der Mut hat sich (wie so oft) gelohnt
Zugegeben: Ich war vor meiner ersten Ballettstunde ziemlich nervös. Etwas Neues ausprobieren, von dem man sein ganzes Leben überzeugt war, nicht hineinzupassen, bedarf schon eine hohe Überwindung. Aber wie so oft im Leben ist man mit diesen Zweifeln nicht allein. Ich habe in meinen ersten Stunden so viele Frauen (bislang nur Frauen) kennengelernt, die alle von den gleichen Zweifeln berichteten und nun völlig verrückt nach der Sportart sind. Es auszuprobieren, war definitiv die richtige Entscheidung. Ich verfolge gar kein sportliches und disziplinarisches Ziel mit den wöchentlichen Ballettstunden. Das Einzige, was ich mit dem späten Ballett-Beginn erziele, ist Spaß beim Sport.
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Was macht Ballett für Erwachsene mit dem Körper?
Schwanensee werde ich also nicht mehr tanzen. Aber darum soll es auch nicht gehen, sondern um eine weitere Fitnessart, die besonders viel Spaß macht. Und Ballett stellt zudem auch einiges mit dem Körper an.
Beim Ballett wird so ungefähr jeder Muskel des Körpers beansprucht. Denn der Tanz steht zwar für Eleganz und Leichtigkeit – hat aber in der Umsetzung wenig mit Leichtigkeit zu tun. Dahinter steckt eine Körperspannung und Beherrschung, die absolute Kontrolle über jeden Punkt im Körper. Alle Partien arbeiten beim Ballett. Das heißt: Es ist ordentlich Muskelarbeit gefragt! Von den Fußspitzen bis zu den Fingerspitzen wird alles gestreckt, gedehnt und gekräftigt. Vor allem die Waden, Oberschenkel, Po- und die Bauchmuskeln werden beansprucht.
Auch die Ausdauer wird unterstützt, denn die schnell wechselnden Haltungen bringen den Kreislauf ordentlich in Schwung. Beim Ballettunterricht wird zudem die Koordination geübt, denn Finger, Hände, Arme, Beine, Füße – alles muss alleinig bewegt und in unterschiedliche Position gebracht werden. Und auch von den intensiven Dehnungen profitiert der Körper.
Wenn Sie also schon mal darüber nachgedacht haben, Ballett auszuprobieren und gleichzeitig der Meinung waren, das wäre nichts für Sie, aus welchem Grund auch immer, dann ist das hier ein Zeichen, um endlich damit loszulegen. Das Leben ist doch bekanntlich zu kurz, um auf Spaß, Bewegung und Neugierde zu verzichten.