29. April 2022, 10:46 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Es gibt Rekorde, die kann man kaum glauben. So zählt für die meisten Menschen ein einzelner Marathonlauf zu den größten körperlichen Herausforderungen überhaupt. Die Läuferin Jacky Hunt-Broersma (46) hat als erste Frau 102 Marathons in 102 Tagen geschafft. Und das trotz eines amputierten Beins. Eine Geschichte, die anspornt und motiviert.
„Nichts ist unmöglich“, lautete mal der berühmte und eingängige Werbeslogan eines japanischen Autobauers. Und ja, es trifft tatsächlich auf das wahre Leben zu, wie nun eine weitere Geschichte beweist. Denn die südafrikanische Läuferin Jacky Hunt-Broersma hat 102 Marathons in 102 Tagen absolviert. Das allein ist schon eine unglaubliche Leistung. Hinzu kommt aber noch, dass Jacky Hunt-Broersma nur ein Bein hat. Denn wegen einer Krebserkrankung wurde ihr vor mehreren Jahren der Unterschenkel amputiert. Es ist eine Geschichte, die nicht nur staunen lässt, sondern auch zeigt, wozu man fähig ist, wenn man es wirklich will.
Übersicht
Im Alter von 26 wurde das Bein amputiert
2001 wurde bei der damals 26-jährigen Jacky Hunt-Broersma eine seltene Krebserkrankung diagnostiziert. Das sogenannte „Ewing-Sarkom“ ist ein bösartiger Tumor, der meist Knochen von Kindern befällt. Doch auch bei Erwachsenen kann diese Krebsart auftreten. Schon wenige Wochen nach der Diagnose musste ihr Unterschenkel amputiert werden.
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„Die größte Herausforderung bestand darin, zu akzeptieren, dass ein Teil meines Körpers weg war“, sagte Jacky Hunt-Broersma der Nachrichtenagentur AP. Doch offenbar hat sie den Verlust im Laufe der Jahre nicht nur akzeptiert, sondern daraus auch eine unglaubliche Kraft geschöpft.
Erst vor fünf Jahren mit dem Laufen angefangen
Man könnte meinen, dass Jacky Hunt-Broersma, die mittlerweile in den USA lebt, schon vor ihrer Beinamputation eine ambitionierte Läuferin war. Dem ist nicht so. Erst vor fünf Jahren, im Alter von 40 entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Laufen. „Das Laufen hat wirklich mein Leben verändert“, erklärte sie im Gespräch mit „AP“. Es half ihr, sich als amputierte Person zu akzeptieren. „Es gab mir ein Gefühl der Freiheit. Und ich verliebte mich in den Prozess, meinen Körper immer weiter voranzutreiben, nur um zu sehen, was ich erreichen kann“, sagt die mittlerweile passionierte Läuferin.
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Marathon, Ultramarathon und nun 102 Marathons
Bald reichte schon ein Marathon (42,195 Kilometer) nicht mehr aus, um an ihre Leistungsgrenze zu gehen. Und so absolvierte sie auch einen Ultramarathon mit einer Länge von 160 Kilometern. Laut der Nachrichtenagentur „AP“ erfuhr sie im Jahr 2020 von der Läuferin Alyssa Amos Clark, die damals 95 Marathons in ebenso vielen Tagen schaffte. Dadurch kam sie auf die Idee, 100 Marathons in 100 Tagen zu laufen – trotz ihres amputierten Beines.
Dabei hilft ihr eine spezielle Carbon-Beinprothese, die in den USA die Patienten selbst bezahlen müssen. Die Kosten dafür betragen rund 10.000 US-Dollar. Um auch anderen Menschen solch eine Prothese zu ermöglichen, startete sie auf der Unterstützerplattform Gofundme.com einen Spendenaufruf. Mittlerweile sind so über 20.000 US-Dollar zusammengekommen.
Der Rekordversuch begann am 17. Januar 2022. Doch ausgerechnet vor wenigen Wochen, am 10. April 2020, stellte die Britin Kate Jayden den Rekord von 101 Marathons in 101 Tagen auf. Das entmutigte Jacky Hunt-Broersma ganz und gar nicht. Stattdessen setzte sie sich ein neues Ziel: mindestens 102 Marathons!
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Wie erreicht man so eine Leistung?
Die Leistung von Jacky Hunt-Broersma ist nicht nur bewundernswert, sondern auch ein Beispiel dafür, dass wir zu deutlich mehr imstande sind, als wir annehmen. Und selbst unter schwierigsten Bedingungen, wie einem amputierten Bein, hat sie etwas geschafft, was keine andere Frau vor ihr konnte. Wie so oft liegt das Erfolgsgeheimnis in mentaler Stärke und einem enormen Willen. Denn die 102 Marathonläufe, die sie entweder draußen an der frischen Luft oder auf einem Laufband in durchschnittlich fünf Stunden absolvierte, waren auch ein harter Kampf.
Bei einem der letzten Läufe ging bei Kilometer 24 gar nichts mehr. Sie hatte einen Zusammenbruch und fing an zu weinen. Plötzlich schien der ganze Plan unmöglich. „Ich hatte einen totalen emotionalen Zusammenbruch. Ich dachte: ‚Ich kann das einfach nicht. Was habe ich mir dabei gedacht?‘“, berichtet sie der „AP“.
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Doch die erfahrene Läuferin hat einen Trick parat, um solche Situation zu überwinden: Sie unterteilt das ganz große Ziel in viele kleine Zwischenziele. Und so lief sie einfach weiter, nur mit dem Ziel, einen weiteren Kilometer zu schaffen. Von einem Kilometer bis zum nächsten, bis sie schließlich das Ziel erreichte. Ihre Motivation sind dabei nicht nur ihr Mann und die beiden Kinder gewesen, sondern auch viele Menschen, die sie in sozialen Medien anfeuerten und unterstützten. Eine wirklich beeindruckende Leistung!